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Himbeerkrankheit leichter heilbar

Medizin.- Frambösie, Buba, Yaws oder Himbeerkrankheit: Viele Namen stehen für eine Tropenkrankheit, die himbeerähnliche Pusteln auf der Haut erzeugt und unbehandelt zu schweren Behinderungen führen kann. Nun haben Forscher in Papua-Neuguinea nachgewiesen, dass die Erkrankung mit einer einzigen Pille zu heilen ist.

Von Martin Winkelheide | 17.01.2012
    Die Frambösie ist keine tödliche Krankheit, sagt der Infektionsmediziner David Maybe von der London School für Hygiene und Tropenmedizin. Aber unbehandelt führt sie zu Entstellungen und schweren Behinderungen.

    "Wenn die Krankheit fortschreitet, bilden sich große Hautgeschwüre auch im Gesicht. Die Gelenke können zerstört werden. Oder die Knochen verformen sich - zum Beispiel in den Beinen. Die Menschen sind dann gehbehindert."

    Verursacht wird die Frambösie von einem Bakterium, das sehr eng verwandt ist mit dem Syphilis-Erreger Treponema pallidum. Allerdings wird das Bakterium nicht durch Geschlechtsverkehr übertragen.

    "Mit der Frambösie stecken sich Kinder in der Regel durch Haut-zu-Haut-Kontakt an. Sie kommt nur in warmen, feuchten Regionen vor, denn das Bakterium ist empfindlich. Es trocknet schnell aus. Es braucht das feuchte Tropenklima, um von Kind zu Kind zu gelangen."

    Schon einmal, in den 50er- und 60er-Jahren, hat die Weltgesundheitsorganisation WHO versucht, die Frambösie zum Verschwinden zu bringen. Mit großem Aufwand – und zunächst auch mit Erfolg: Über 50 Millionen Menschen wurden damals getestet. Infizierte und alle Familienmitglieder bekamen eine Dosis Penicillin gespritzt. Zuweilen wurden ganze Dörfer kollektiv behandelt. Doch inzwischen ist die Frambösie zurückgekehrt - zumindest in Westafrika und in Süd-Ost-Asien.

    "Wir wissen sicher, dass es sie wieder gibt im westafrikanischen Ghana zum Beispiel oder auch in Papua-Neuguinea. Aber in den meisten Ländern achtet niemand auf die Frambösie. Deshalb wissen wir nicht, wie viele Menschen wirklich betroffen sind."

    Seit 50 Jahren hat sich die Behandlung der Frambösie nicht geändert. Eine kleine Studie in Papua-Neuguinea zeigt jetzt aber, dass die Bekämpfung der Kinderkrankheit sich deutlich vereinfachen lässt. Das wichtigste Ergebnis: Eine einzige Tablette des Antibiotikums Azithromycin wirkt so gut wie eine Penicillin-Spritze.

    "Die Mediziner hatten 250 Kinder mit Frambösie im Alter von 6 Monaten bis 15 Jahren im Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Die einen bekamen als Standardbehandlung Penicillin in einen Muskel gespritzt. Die anderen Kinder mussten einmalig eine hohe Dosis Azithromycin schlucken. Durch das Penicillin wurden 105 von 113 Patienten geheilt; durch Azithromycin 106 von 110 Patienten."

    Eine Penicillin-Spritzentherapie birgt einige Risiken im Vergleich zu einer Tablettenbehandlung, sagt David Maybe. Zum einen können durch unsaubere Spritzen Krankheitserreger – etwa Hepatitis-C-Viren im Umlauf gebracht werden. Ein weiteres Problem: Nicht alle Menschen vertragen Penicillin.

    "Sehr selten, etwa bei einem von 50.000 Menschen, kommt es zu einer lebensbedrohlichen allergischen Reaktion. Sie brauchen also geschultes medizinisches Personal, das genau weiß, was es zu tun hat im Falle eines solchen anaphylaktischen Schocks."

    Eine Tablettentherapie braucht kein speziell geschultes Personal – ist also deutlich kostengünstiger. Aber wie lange wird Azithromycin gegen die Frambösie helfen? Das Medikament gehört zur Gruppe der Makrolid-Antibiotika, die auch zur Behandlung der Syphilis eingesetzt werden. Hier kam es sehr schnell zur Ausbreitung von resistenten Bakterienstämmen. David Maybe schätzt, dass das Risiko der Resistenzbildung bei der Frambösie eher gering ist.

    "Die Frambösie ist eine Krankheit der armen Landbevölkerung. Hier kann sich normalerweise niemand Makrolid-Antibiotika leisten. Das ist eine vollkommen andere Situation als in reichen Ländern wie den USA oder Schwellenländern wie China, wo Makrolide sehr häufig genutzt werden."

    Die Weltgesundheitsorganisation WHO scheint die Einschätzung Maybes zu teilen und hat jetzt für Anfang März nach Genf eingeladen. Sie will gemeinsam mit Experten, Geldgebern und Hilfsorganisationen einen neuen Anlauf planen, die Frambösie endgültig zum Verschwinden zu bringen.