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Hitzewelle
Die Wirtschaft und das Wetter

Wer das Wetter kennt, der spart Geld. Beispielsweise sollten Handelshäuser wissen, ob Kunden bei Regen oder Sonnen kommen, sagte Hans-Joachim Koppert vom Deutschen Wetterdienst im Dlf - und daran ihre Mitarbeiterplanung orientieren. Durch die Daten der Bundesbehörde spare die Industrie Millionen.

Hans-Joachim Koppert im Gespräch mit Sandra Pfister | 02.08.2018
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    Wenn es heiß ist, gehen die Menschen eher ins Schwimmbad als einkaufen ( unsplash | Joe Pizzio )
    Sandra Pfister: Die Hitzewelle – ökonomisch betrachtet. Dazu ein paar Stichworte: Die Pommes werden knapp, und sie werden kürzer. Viele Kraftwerke, auch Kernkraftwerke, drosseln den Betrieb, und die Modeläden bleiben auf der Herbstware sitzen. Dafür machen die Speiseeisproduzenten und Eisdielen das Geschäft ihres Lebens. Vier von fünf Unternehmen, sagt der Deutsche Wetterdienst, sind vom Wetter abhängig. Hans-Joachim Koppert, Vorstand beim Deutschen Wetterdienst, sagt, ohne genaue Wetterprognosen gebe es viele Produkte und Dienstleistungen überhaupt nicht.
    Hans-Joachim Koppert: Das ist einmal die ganze Verkehrsinfrastruktur, mit der wir es zu tun haben. Die Fliegerei, da werden die Flugstrecken geplant nach unseren Windvorhersagen, und was der Luftfahrt recht ist, ist der Schifffahrt billig, das heißt, die Routenberatung, wie komme ich am besten, am schnellsten und am sichersten von Hamburg nach New York, ist auch ein wesentliches Thema, um Kosten einzusparen und sicher unterwegs zu sein. Und wenn man in die Zukunft denkt, autonomes Fahren wird ohne eine belastbare Wetteranalyse und -vorhersage auch nicht möglich sein.
    Pfister: Warum?
    Koppert: Ja, wenn Sie aus einem Waldstück rausfahren und werden vom Nebel überrascht, dann muss das System sehr schnell reagieren, und das sollte vorher dieses Risiko kennen.
    Einkaufen oder Schwimmbad?
    Pfister: Unterm Strich bedeutet das, Firmen sparen viel Geld, weil es Sie als meteorologischen Dienst gibt. Erstaunlich finde ich, dass das auch Handelsunternehmen sind. Was hat denn ein Handelskonzern davon, wenn er das Wetter kennt?
    Koppert: Wenn Sie zum Beispiel als ein großes Unternehmen oder als der, der Handelshäuser betreibt, planen müssen, wie viel Mitarbeiter Sie vorhalten, dann sollten Sie wissen, wann die Kunden denn kommen. Kommen die, wenn die Sonne scheint und es heiß ist, oder bleiben sie dann lieber im Schwimmbad? Kommen die, wenn's draußen regnet – ist vielleicht auch nicht so gut, wenn sie etwas zu transportieren haben. Also da gibt es so ein Optimum im Temperatur- und im Wetterbereich, und auf dieses Optimum kann man sich einstellen.
    Pfister: Das heißt, bei 18 bis 20 Grad sagt Ikea, okay, jetzt besetzen wir die Kassen dick, und wenn es so heiß ist wie jetzt, kommt keiner.
    Koppert: Genau. Es gibt auch noch ein anderes Beispiel: Ein Süßwarenkonzern, der kann seine Süßwaren nur dann transportieren, wenn es draußen nicht zu heiß ist, sonst verderben die oder schmelzen oder verlieren die Fassung.
    Pfister: Also haben wir jetzt bald Schokoladenmangel.
    Koppert: Ja, für bestimmte Produkte, die es eben nur in der Wintersaison gibt, und sagen wir mal, der Beginn dieser Wintersaison, der hängt eben maßgeblich davon ab, wie die Temperatur ausschaut.
    Pfister: Das heißt, es könnte sein, dass die Weihnachtsmänner dieses Jahr ein bisschen später in die Regale kommen und nicht schon Mitte September.
    Koppert: Genau so.
    Wetterdaten gibt es umsonst
    Pfister: Gibt es irgendwelche Branchen, bei denen Sie nicht auf Anhieb drauf gekommen wären, dass die vom Wetter abhängig sind?
    Koppert: Wir geben unsere Daten ja mittlerweile seit einer Gesetzesänderung entgeltfrei ab, das heißt, wir haben nicht in jedem Fall eine Kontrolle oder ein Wissen darüber, wer unsere Daten wie benutzt.
    Pfister: Das heißt, die Firmen müssen nicht dafür bezahlen, aber Ihre Daten haben ja einen konkreten volkswirtschaftlichen Nutzen. Lässt sich der irgendwie beziffern?
    Koppert: Das Verkehrsministerium hat eine Studie in Auftrag gegeben, die ist jetzt noch in der Finalisierung, wo man auch sagen kann, dass unsere Spezialdienstleistungen durchaus mehrere Hundert Millionen Euro im Jahr sparen können.
    Flugbranche ist auf Wetterdaten angewiesen
    Pfister: Wie ist das in der Flugwirtschaft, da wird ja wahrscheinlich auch viel Geld im Spiel sein, je nachdem, ob die Flugzeuge Rückenwind haben oder nicht, die sparen ja erheblich Geld.
    Koppert: Ja, die sparen sehr viel Geld. Heute ist kein Flug mehr vorstellbar, ohne dass eine Trajektorie oder respektive dieser Flugplan berechnet wird, und das können Unterschiede von mehreren Tonnen Sprit sein, die man da mitnehmen muss oder eben auch zu Hause lassen kann.
    Pfister: Sie sagen, für die meisten Unternehmen ist das Wetter einfach elementar.
    Koppert: Das ist in jedem Fall richtig, ja.
    "Hitzewelle dauert wohl noch länger an"
    Pfister: Die Aussagekraft vieler Wettervorhersagen, über die jammern ja immer wieder viele Leute, die gilt als beschränkt. Bringt es dann wirklich so viel, was Sie mitteilen?
    Koppert: Doch, die Vorhersagbarkeit von bestimmten Wetterphänomenen ist einfach unterschiedlich. Wenn wir mal schauen die typischen Winterstürme: Wir hatten im letzten Winter vier, und vielleicht erinnert sich der eine auch noch an den Kyrill 2007, das war ein Wintersturm, den konnten wir schon fünf bis sechs Tage im Voraus vorhersagen. Also so was haben wir sehr, sehr gut im Griff, es ist allerdingnd Diskussionen nicht zu eigen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.