Heuer: Es gibt aber Arbeitsmarktexperten, die dafür nicht in erster Linie die Steuererhöhungen verantwortlich machen, sondern die nach wie vor schlechte Konjunktur in Deutschland.
Göhner: Es gibt zahlreiche Gründe für die Arbeitsmarktentwicklung. Aus meiner Sicht ist der wichtigste Grund, warum wir eine negative Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt haben, anhaltend haben werden, die Verriesterung des Arbeitsrechtes. Wir haben vor allem für den Mittelstand die Einstellung von Menschen erschwert durch weitere Komplizierung und Aufblähung des Arbeitsrechtes. Für den Mittelständler ist es heute ein Risiko, weiteres Personal einzustellen. Er kann das Arbeitsrecht nicht mehr überblicken, und wir haben in den letzen zwei Jahren eine solche Vielfalt neuer bürokratischer Regelungen des Arbeitsrechtes bekommen, dass kein Beteiligter auf dem Arbeitsmarkt ohne Hilfe eines fachkundigen Juristen, eines Fachanwaltes, da noch durchblickt. Das ist das Haupthemmnis auf dem Arbeitsmarkt.
Heuer: Das hätten Sie auch von der CDU ja in Zusammenarbeit mit der Regierung versuchen können zu ändern, als das Hartz-Konzept in den vergangenen Wochen debattiert und zum Teil beschlossen wurde.
Göhner: Wir haben einige Bereiche ändern können, aber nur in dem Bereich, der zur Debatte mit diesem Gesetz stand. Wir haben den Bereich von Niedriglohn und Teilzeit neu regeln können durch die Ausweitung der 325-Euro-Jobs auf 400 Euro, durch die Einführung eines neuen Bereiches zwischen 400 und 800 Euro, in dem der Arbeitnehmer weniger belastet ist, damit sich diese Arbeit für den Arbeitnehmer wieder lohnt, er netto mehr in der Tasche hat. Das wird auch in diesem Segment des Arbeitsmarktes helfen und ab dem 1. April in Kraft treten. Aber der übrige Bereich der Komplizierung des Arbeitsrechtes befindet sich im eigentlichen Arbeitsrecht. Das stand mit dem Hartz-Gesetz leider nicht zur Debatte, weil die Bundesregierung darum einen großen Bogen macht, und das ist einer der entscheidenden Fehler. Ich will nur ein Beispiel nennen: Wenn wir weiterhin die betrieblichen Bündnisse Arbeit in einer rechtlichen Grauzone belassen, dann erschweren wir Betriebsräten und Arbeitnehmern die Möglichkeit zu beschäftigungssichernden Maßnahmen in ihren Betrieben.
Heuer: Bündnis für Arbeit ist auch ein Stichwort, das nicht nur in den Betrieben fällt, sondern auch auf Bundesebene. Der Bundeskanzler möchte dieses Bündnis für Arbeit wiederbeleben. Was bringen solche Gesprächsrunden eigentlich?
Göhner: Das muss man abwarten. Im letzten Jahr hat es leider gar nichts gebracht, weil Regierung und Gewerkschaften das Bündnis boykottiert haben. Man kann natürlich nicht die Tarifpolitik aus einer solchen Gesprächsrunde ausblenden. Das ist im letzten Jahr geschehen. Die Tarifrunde ist eine Belastung für die Konjunktur, die wir jetzt durch so hohe Abschlüsse haben. Ich denke, dass grundsätzlich solche Runden eine sinnvolle Einrichtung sind. Was jetzt bei einer Neuauflage dabei herauskommt, wird von den Beteiligten abhängen, aber da sollte man zunächst einmal wirklich abwarten, ob hier irgendwas Neues zustande kommt, was den bisherigen Misserfolg, jedenfalls des letzten Jahres, in Zukunft abwendet.
Heuer: Im Moment spricht ja wenig dafür, dass sich eine von beiden Seiten bewegen würde. Ver.di zum Beispiel, um zu den Tarifverhandlungen zu kommen, die gerade laufen, will in den Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes hart bleiben und hat heute nochmals eine ganz harte Linie angekündigt. Es müsse, sagt die Dienstleistungsgewerkschaft, eine Drei vor dem Komma stehen. Das ist doch eigentlich keine wirklich unbescheidene Forderung.
Göhner: Ich halte das für völlig deplaziert angesichts des Zustandes der öffentlichen Arbeitgeber, der öffentlichen Haushalte und der Konjunktur. Die Tarifabschlüsse in der gewerblichen Wirtschaft im vergangenen Jahr waren bereits für die Konjunktur eine schwere Belastung. Das würde jetzt noch einmal für die öffentlichen Arbeitgeber erfolgen. Ich halte so etwas für nicht darstellbar.
Heuer: Es stehen Landtagswahlen an; in Niedersachsen und in Hessen schon am 2. Februar - das ist nicht mehr viel mehr als 30 Tage. Nun hat der Unions-Innenexperte im Bundestag, Norbert Geiß, angekündigt, eventuell mit einer Unterschriftenaktion den Deutschen zu kommen, wenn die Bundesregierung das Zuwanderungsgesetz im Januar unverändert in den Bundestag einbringt. Das hatten wir schon mal in Hessen; es war erfolgreich, hat Roland Koch dort aber auch den Vorwurf eingebracht, er betreibe Populismus und spiele mit der Ausländerfeindlichkeit der Deutschen. Befürchten Sie so etwas für Ihre Partei nicht wieder?
Göhner: Nein. Ich gehe davon aus, dass es spätestens im Vermittlungsausschuss, möglichst aber früher, schon im Bundestag Konsensgespräche der Parteien und Fraktionen gibt. Die Bundesregierung ist darauf angewiesen, dass es eine Zustimmung auch im Bundesrat gibt, und das ist auch gut so, denn das Zuwanderungsgesetz bedarf erheblicher Korrekturen, um eine Zuwanderung in unsere Sozialsysteme durch illegale Zuwanderung und durch neue Erweiterung, die jetzt legal geschaffen werden sollen, abzuwenden und gleichzeitig eine begrenzte und gezielte Zuwanderung auf dem Arbeitsmarkt für Experten zu ermöglichen dort, wo ein nachgewiesener Arbeitskräftebedarf besteht, der auf unserem Arbeitsmarkt nicht gedeckt werden kann. Ich halte einen solchen Kompromiss für möglich, allerdings nicht allein auf der Basis des jetzigen Regierungsentwurfes. Der weist eklatante Fehler auf, neue Schleusen, die zur Folge haben werden, dass wir eine Zuwanderung in die Sozialsysteme bekommen. Das hilft den Menschen nicht, und das belastet unsere Sozialsysteme, Arbeitnehmer und Arbeitgeber in gleicher Weise. Deshalb sind Korrekturen erforderlich, und ich glaube, dass darüber auch eine öffentliche, politische Auseinandersetzung geführt werden kann. Ich halte nichts davon, irgendein politisches Thema für eine Wahlkampfzeit zu tabuisieren. Das, was die Menschen interessiert, wonach sie fragen, das muss von der Politik beantwortet werden. Wir haben gerade einen Wahlkampf erlebt, in dem Rot-Grün versucht hat, den Menschen etwas vorzugaukeln. Das sollten Parteien unterlassen. Und wenn es jetzt um einen neuen Kompromiss zur Zuwanderung geht, dann muss darüber diskutiert werden. Die Union legt Vorschläge vor, wie sie das Zuwanderungsgesetz korrigieren will, und darüber muss auch diskutiert werden.
Heuer: Vielen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio