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"Höchstmaß an Freiheit"

Der nordrhein-westfälische Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart sieht mit dem geplanten Kunsthochschulgesetz des Landes die Balance zwischen künstlerischer Freiheit und staatlicher Anbindung gesichert. "Wir ziehen uns als Staat sehr weitgehend aus der Qualitätssicherung zurück, um den Hochschulen ein Höchstmaß an Freiheit zu geben", sagte der FDP-Politiker.

Moderation: Armin Himmelrath |
    Armin Himmelrath: Für die 4500 Studierenden an den Kunst- und Musikhochschulen in Nordrhein-Westfalen brechen im April 2008 ganz neue Zeiten an. Dann soll das erste eigens geschriebene Kunsthochschulgesetz in Deutschland in Kraft treten, das die NRW-Landesregierung heute vorgestellt hat. Andreas Pinkwart, der Wissenschaftsminister des Landes, hatte das Gesetz zusammen mit den Rektoren der betroffenen sieben Hochschulen entworfen. Ich habe ihn kurz vor der Sendung gefragt, warum die Kunst- und Musikhochschulen überhaupt ein eigenes Gesetz brauchen.

    Andreas Pinkwart: Wir wollen hiermit den Kunst- und Musikhochschulen ihrer Besonderheit entsprechend auch ein eigenes Rechtskleid geben, das wirklich zu ihnen passt und ihnen die Chance eröffnet, sich auch auf dem hohen Qualitätsniveau, das sie haben, und auf der Grundlage ihrer internationalen Reputation erfolgreich weiterentwickeln können. Wir haben deshalb mit Einführung des Hochschulfreiheitsgesetzes in Nordrhein-Westfalen gesagt, dass wir für sie ein Spezialgesetz entwickeln wollen, mit ihnen gemeinsam auch erarbeiten wollen, was uns, glaube ich, auch gut gelungen ist. Und wir geben hier ein Höchstmaß an Autonomie in allen Fragen der Kunst, in den Bereichen der inneren Organisation wie auch des Studiums und des Personals auf der einen Seite als auch das Mindestmaß an öffentlich-rechtlicher Anbindung, was sie dann auch brauchen, wenn sie ihre künstlerische Freiheit ansonsten voll zur Entfaltung bringen wollen.

    Himmelrath: Vielleicht kann man sich mal ein oder zwei Punkte da herausnehmen, die so besonders sind bei diesem neuen Gesetz, zum Beispiel die Tatsache, dass die Kunst- und Musikhochschulen sich gar nicht unbedingt und zwangsweise auf Bachelor und Master umstellen müssen.

    Pinkwart: Ja, wir haben den Grundsatz drin nach dem Bologna-Prozess, dass unsere Kunst- und Musikhochschulen auch gestufte Studiengänge einführen, aber es gibt eben auch die Möglichkeit, Ausnahmen zuzulassen etwa für unsere Kunstakademien, die ja den Meisterbrief kennen, der auch international hohe Anerkennung genießt. Und das Gesetz, wenn es so vom Landtag verabschiedet wird, würde diesen Hochschulen eben die Möglichkeit erlauben, ihre Spezialitäten, die sie herausgebildet haben, auch in Zukunft anbieten zu können.

    Himmelrath: Jetzt gibt es auch einen neuen landesweiten Kunsthochschulbeirat. Welche Funktion hat der?

    Pinkwart: Hier geht es darum, dass wir auch eine entsprechende Begleitung durch international renommierte Experten für unsere Kunsthochschulen erreichen wollen. Wir ziehen uns ja als Staat sehr weitgehend aus der Qualitätssicherung zurück, um den Hochschulen ein Höchstmaß an Freiheit zu geben. Insoweit tritt der Kunsthochschulbeirat auch in diese Rolle des Staates mit ein, wo er dazu beitragen hilft, dass wir den Hochschulen den Anschluss nicht nur, sondern auch die Vorrangstellung im internationalen Kontext auch in Zukunft sichern können. Ich denke, das ist ganz wichtig, um hier auch zu einer entsprechenden Qualitätssicherung und Entwicklung für unsere Hochschulen zu kommen.

    Himmelrath: Hat dieser Kunsthochschulbeirat so eine ähnliche Funktion wie für die normalen Hochschulen der Hochschulrat?

    Pinkwart: Zum Teil. Er hat eben nicht die Rolle eines Aufsichtsgremiums, er hat nicht die Rolle, etwa das Präsidium oder Rektorat zu wählen und die Finanzierung, den Haushaltsplan und dergleichen entsprechend zu begleiten, sondern hier geht es wirklich um die künstlerische fachliche Beratung der Kunst- und Musikhochschulen. Die anderen Fragen der Führung der Hochschulen, der inneren Angelegenheiten und auch der Finanzverantwortung liegt bei den Hochschulen selbst, die, soweit es dafür einer Kontrolle bedarf, dann angebunden sind an das Ministerium.

    Himmelrath: Sie haben den Hochschulen, den Kunst- und Musikhochschulen auch die Möglichkeit erleichtert oder werden es ihnen erleichtern, sich mit ihrem Vermögen, mit ihrem Körperschaftsvermögen zum Beispiel, an Unternehmen zu beteiligen oder Partnerschaften mit Sponsoren einzugehen. Warum diese Auflösung?

    Pinkwart: Ja, auch hier wollen wir, dass die Hochschulen ein Höchstmaß an Flexibilität auch bekommen, um zusätzliche Fördermittel auch gewinnen zu können im Interesse der Qualitätssteigerung der Hochschulen. Und hier ist natürlich im Rahmen des Körperschaftsvermögens natürlich auch eine Begrenzung sicherlich auch dieserlei wirtschaftlicher Aktivität gegeben, denn sie bleiben ja auch staatlich angebunden und staatlich finanziert. Deswegen wollen wir ihnen bezogen auf dieses Maß hin eben aber auch die Möglichkeiten eröffnen, die es erlauben, privates Engagement - es ist ja Gott sei Dank gerade in Deutschland im Bereich Kunst und Kultur sehr ausgeprägt - auch nutzen zu können, um ihren Studierenden beste Möglichkeiten anzubieten.

    Himmelrath: Andreas Pinkwart, der nordrhein-westfälische Wissenschaftsminister zum neuen Kunsthochschulgesetz an Rhein und Ruhr, das im kommenden Frühjahr in Kraft treten soll.