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Hörkissen für Klanggenießer

Kopfhörer können unbequem sein, besonders im Liegen. Die Bremerin Sabine Puschmann hat eine Alternative entwickelt: das Hörkissen. Außen kuschelig weich, innen steckt ein Lautsprecher - so lassen sich Radio, Musik, Hörbücher ganz bequem auch in der Horizontale hören.

Von Franziska Rattei | 27.03.2013
    Sabine Puschmann sitzt vor einer Nähmaschine. Sie hat das Souterrain ihres Einfamilienhauses in eine Hörkissen-Werkstatt verwandelt. Genäht hat sie schon immer gern, sagt sie. Die 51-Jährige wuchs in der DDR auf und verließ Leipzig kurz vor dem Mauerfall mit einer Ausreisegenehmigung. Damals nähte sie noch ganz andere Sachen als heute.

    "Das sind damals Sachen gewesen, wo man selber Stoff gefärbt hat und daraus Klamotten genäht hat und die dann verkauft hat - das war eine echte Marktlücke."

    Für Marktlücken hat Sabine Puschmann ganz offensichtlich ein Gespür. Die Hörkissen sind so gefragt, dass sie inzwischen eine Näherin engagiert hat. Ihr Partner und ihr Sohn helfen beim Vertrieb. Sie selbst sitzt nur noch selten an der Maschine, sondern kümmert sich vor allem um Entwurf und Zuschnitt. Die Geschäftsidee begann mit einem Zufall. Sabine Puschmann, die eigentlich Malerin ist, hatte eine Installation mit einem klingenden Kissen angefertigt. Als Kunstobjekt hatte es bald ausgedient, doch die Familie benutzte es zu Hause weiter. Dort entdeckten es Bekannte und waren begeistert, erzählt Sabine Puschmann:

    "Dann haben wir uns hingesetzt und geguckt, ob man so was machen kann. Dann sind die Ideen gesprudelt, wir haben Prototypen gebaut ohne Ende. Probiert, probiert, probiert, und dann war die Idee geboren."

    Inzwischen ist diese Idee zum Konzept geworden. 2.000 Kissen sind bereits verkauft. Während Sabine Puschmann ein paar Bezüge bügelt, beschäftigt sich ihr Lebens- und Geschäftspartner mit dem Innenleben der Hörkissen. Frank Borowski ist studierter Ökonom. Aber er interessiert sich schon seit seiner Jugend für guten Klang und Lautsprecher:

    "Wir bekommen die Lautsprecher geliefert in großen Mengen. Das sind einfach nur Lautsprecher. Da wird ein Gitter drauf montiert, da werden Kabel angelötet und Stecker ran gelötet, und es wird sozusagen der Kern des ganzen Hörkissens in allen Einzelteilen gekauft, dann zusammengebaut und in das Kissen integriert."

    Wie genau die Lautsprecher im Kissen gepolstert werden, das will Frank Borowski nicht verraten. Durch das Kissen sind die handtellergroßen Geräte jedenfalls nicht spürbar, und sie verrutschen auch nicht:

    "Natürlich kann man irgendeinen Lautsprecher in irgendein Kissen stecken. Aber diese Qualität kann man so nicht erreichen. Das ist schon bisschen aufwendiger. Das ist wie eine geheime Rezeptur, denn das haben wir sehr mühselig ausgetüftelt, und diesen Klang und diese Qualität, die gibt's nicht noch mal."

    Sabine Puschmann testet ein fertiges Hörkissen und steckt einen kleinen MP3-Player an das Kabel, das aus dem Kissen kommt. Nachdem Sie "Play" gedrückt hat, tönt ein Vorleser durch die Kissenfüllung und den Bezug - in diesem Fall ein weicher, bunt karierter Stoff mit einer Elchapplikation. "Durchs Dickicht" heißt das Modell aus Wolle und Alpaka, das übrigens Sabine Puschmanns Lieblingsentwurf ist. Für rund 100 Euro kann man die Bremer Hörkissen im Internet bestellen und auch in einigen kleinen Läden kaufen. Die Palette reicht von farbenfrohen Baumwollbezügen über gedeckte Farben bis hin zu Einzelanfertigungen. Sabine Puschmann hat schon Krabben, Eulen und pinke Bremer Stadtmusikanten appliziert und ganz nebenbei das Hörbuchhören für sich entdeckt. Ohne Geschichte schläft sie nur noch selten ein.