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Hofbräuhaus
Im Münchner Bierhimmel

Das Münchner Hofbräuhaus ist eine Pilgerstätte für Biertrinker aus aller Welt. Bis zu 30.000 Besucher lassen sich an Spitzentagen vor einer frisch gezapften Maß nieder. Die Idee zu diesem besonderen Ort hatte Herzog Wilhelm V. von Bayern heute vor 425 Jahren – weil er sich für das Münchner Bier schämte.

Von Uli Zwack | 27.09.2014
    Blick in die traditionellen Räume des Hofbräuhauses in München.
    Blick in die traditionellen Räume des Hofbräuhauses in München. (picture alliance / dpa / Peter Kneffel)
    Dem Münchner, das ist mehr als nur ein Klischee, geht der Biergenuss über alles. Deshalb hat er ihm sogar regelrechte Paläste errichtet. Der berühmteste davon ist zweifellos das Hofbräuhaus; ein Etablissement, um das der Einheimische allerdings gerade wegen des Weltruhms meist einen weiten Bogen machen. Dazu der Isarathener und Bierkundige Dr. Alexander Jean-Jacques:
    "Der Münchner geht heutzutage kaum noch ins Hofbräuhaus, weil's eigentlich mehr 'ne Touristenattraktion is. Es sei denn er hat amal Besuch und muss dem natürlich dann auch das Hofbräuhaus zeigen. Dann geht er auch ins Hofbräuhaus. Meistens ist er positiv überrascht, trotz der vielen Touristen, dass ma da ganz gut essen kann. Grad im Sommer im Innenhof is es gar net so schlecht. Also an sich tät's ihm scho gfalln."
    Indes war das Hofbräuhaus nicht von Anfang an eine von einer Handvoll Münchner sowie einem unüberschaubaren Touristenheer heimgesuchte Stätte höchster Bierseligkeit. Sein Beginn war vielmehr recht bescheiden. Als der Bau des Hofbräuhauses am 27. September 1589 in Auftrag gegeben wurde, geschah das in erster Linie aus schierer Not:
    "Herzog Wilhelm V. wollte seinen Gästen die seiner Meinung nach schlechten Münchner Biere nicht zumuten und hat deshalb aus Einbeck, was damals als eine der besten Brauereien galt, Bier importieren lassen. Das Einbecker Bier ließ sich besonders gut transportieren, weil es relativ stark war. Aber auf Dauer sind ihm dann die Transportkosten doch zu hoch geworden und so hat er beschlossen, ein eigenes Hofbräuhaus zu gründen und dort selber zu brauen."
    Ursprünglich lag das Münchner Hofbräuhaus direkt neben dem Alten Hof, der damaligen bayerischen Herzogsresidenz. An der schlechten Münchner Bierqualität änderte die neue Braustätte allerdings zunächst gar nichts. Erst als man 1614 einen Einbecker Braumeister abwarb und dank seiner nun auch im Hofbräuhaus Bier nach "Ainpöckisch" Manier zu brauen verstand, ging es mit dem Münchner Gerstensaft langsam aufwärts.
    Wo die "Räterepublik Bayern" und später die NSDAP gegründet wurde
    Der Volksmund verkürzte den Begriff "Ainpöckisch Bier" schließlich zu "Bockbier" – einer bis heute gebräuchlichen Bezeichnung. Neben dem Starkbier braute man im Hofbräuhaus bald aber auch noch ein Braunbier mit niedrigerem Alkoholgehalt.
    Für Krethi und Plethi war das erst herzoglich, dann kurfürstlich und schließlich königlich bayerische Bier selbstverständlich nicht gedacht. Zwar zog das Hofbräuhaus bereits 1607 ans "Platzl" um, aber seine Tore standen weiterhin nur Hofbediensteten und illustren München-Besuchern offen.
    Zum Bierdorado fürs gemeine Volk wurde das Hofbräuhaus erst im Jahre 1828, als König Ludwig I. endlich die Bewirtung für jedermann gestattete. Und als der König 1844 auch noch den Bierpreis senkte, um "dem Militär und der arbeitenden Klasse einen gesunden und wohlfeilen Trunk zu bieten", kannte die Begeisterung der dankbaren Gäste kaum noch Grenzen:
    "Seit wohl das königliche Hofbräuhaus besteht, ist in seinen Räumen kein größerer Jubel gehört worden. Schnell waren alle Krüge der zahlreich anwesenden Gäste mit Wachskerzchen geschmückt. Das Bild des Königs wurde herbeygeholt und mit Kränzen geziert. Toaste auf Toaste folgten auf das Wohl des Königs. Es war ein Volksfest eigener Art - weder verabredet noch vorbereitet und hatte daher einen ebenso originellen als nationalen Anstrich."
    Einen nationalen Anstrich erhielt auch der große Umbau des Hofbräuhauses in den Jahren 1896/1897. Er erfolgte nämlich im sogenannten "deutschen Renaissancestil" - den etwa der zeitgenössische Kunst- und Architekturpapst Friedrich Pecht für Bierpaläste geradezu wie geschaffen hielt:
    "Denn das ist ja das Charakteristische dieses Stils, daß er die sonnige aber kühle Heiterkeit der italienischen Renaissance in weniger vornehmen als tief gemütlichen Humor verwandelt."
    Der Humor der Gäste hielt freilich nicht immer mit dem Humor der Architektur und der Innenausstattung des Hofbräuhauses Schritt. So dachte in der Schwemme Lenin gern über die Weltrevolution nach oder wurde im großen Festsaal im April 1919 die "Räterepublik Bayern" ausgerufen, ehe – kein Jahr später – am selben Ort Hitler die NSDAP gründete und eigenmündig deren barbarisches Programm verkündete.