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Hohe Hacken oder Ackerbau

Pumps oder Gummistiefel - Maria Mundry steht vor einer wichtigen Entscheidung. Die 27-Jährige wird demnächst ihr Master-Studium Agrarwissenschaften an der Humboldt-Uni Berlin beenden. Ob sie lieber in der Verwaltung arbeiten will oder direkt auf einem Hof, das weiß sie noch nicht genau.

Von Claudia van Laak | 18.01.2010
    "Das ist eine Lebensentscheidung. Und das ist für mich im Moment ein Problem. Wirklich zu sagen, ja, Du machst das. Denn wenn man das sagt, dann ist das wirklich für immer."

    Maria Mundry hätte gute Voraussetzungen für die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs. Die gebürtige Brandenburgerin ist auf dem Dorf aufgewachsen, ihr Onkel betreibt einen Milchviehbetrieb im Havelland. Sie hat eine landwirtschaftliche Lehre gemacht, dann ein Studium an der Humboldt-Uni Berlin angeschlossen. Pumps oder Gummistiefel?

    "Es hängt zum Teil auch von den Angeboten ab. Und ein bisschen auch von der Bezahlung, die man so bekommt, weil es direkt auf den Betrieben zum Teil sehr schwierig ist.""

    Am liebsten sähen es die großen landwirtschaftlichen Betriebe in den neuen Ländern, wenn die Absolventen Geld mitbrächten - um dem bisherigen Geschäftsführer seine Unternehmensanteile abkaufen zu können. Maria Mundry wäre dazu bereit.

    ""Also, man muss natürlich für sich selber wissen, wie viel möchte man investieren von seinem eigenen Kapital, aber, ich denke, das ist kein Problem. Also mit dem Betrieb, mit dem ich geredet habe, da wäre es auch jetzt schon kein Problem, ein oder zwei Anteile zu kaufen."


    Nicht "Bauer sucht Frau", "Bauer sucht Nachfolger". Ein Generationswechsel steht an, sagt Andreas Heym, im Bundeslandwirtschaftsministerium für den Bereich Berufsbildung zuständig. Er geht davon aus, dass wir als Folge des demografischen Wandels besonders in den neuen Ländern damit rechnen müssen, dass in den nächsten Jahren ein erheblicher Anteil derer, die jetzt in den Führungspositionen sitzen, in Rente geht.


    Es gibt Unternehmen, die die Nachfolgefrage aktiv angehen, so Andreas Heym.

    "Wir haben aber auch eine ganze Reihe von Unternehmen, wo dieses Problem verdrängt wurde. Entweder vom Alltagsgeschäft oder vor dem Hintergrund, dass man sich damit auseinandersetzen wollte, dass man älter wurde und zu einem bestimmten Zeitpunkt die Zügel aus der Hand geben muss."

    Deshalb hat das Landwirtschaftsministerium ein Bundesmodellprojekt finanziert. Ein Traineeprogramm für Akademiker, mit dem sie auf eine spätere Führungstätigkeit in einem landwirtschaftlichen Betrieb vorbereitet und an Unternehmen vermittelt wurden, in denen ein Generationswechsel anstand. Sylvia Großkopf hat dieses Modellprojekt geleitet - sie sieht eine Menge Defizite bei den Hochschulabsolventen.

    "Wir haben festgestellt, alles, was mit dem Thema Personalführung zusammenhängt, das ist total unterbelichtet. Aber auch die wirtschaftlichen Kennzahlen, Betriebswirtschaft, Buchführung, Jahresabschlussanalyse, da haben wir bei der Gruppe, die wir vor Ort hatten, enorme Defizite festgestellt."

    Defizite sieht die Leiterin der brandenburgischen Landwirtschaftsakademie allerdings auch bei den Unternehmen. Sie machen es Absolventen, die von außen kommen und keinen Stallgeruch mitbringen, oft sehr schwer.

    "Das ist wie im wahren Leben, was man hat, weiß man, was man bekommt, weiß man nicht. Deshalb gab es ja über dieses Modellvorhaben ein Jahr die Möglichkeit zu gucken, ob die Chemie stimmt. Ob derjenige geeignet ist. Aber nicht alle haben dieses Wagnis für sich als Weg angenommen."

    Sylvia Großkopf sagt: Wer sich nicht wirklich sicher ist, Unternehmer sein zu wollen, der sollte die Finger vom Management eines landwirtschaftlichen Großbetriebes lassen. Die Studentin Maria Mundry traut es sich zu, ihre Kommilitonin Carmen Anja Sobczyk eher nicht:

    "Ich gehöre nicht zu diesen Leuten. Ich bin mehr so ein Arbeiter, der gerne die Pflanzen blühen sieht, der die Pflanzen mehren möchte, der zum Betriebserfolg beträgt, aber eine Führungsebene, da passe ich nicht ganz rein. Ich bin mehr ein Mitarbeiter als ein Leitwolf."


    www.bildungsserveragrar.de
    www.vdl.de (Berufsverband Agrar, Ernährung, Umwelt)
    Rinder der Rasse "Deutsche Holsteiner" stehen in der Tierhalle auf der Grünen Woche in Berlin
    Oder doch lieber Handfestes? (AP)