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Hohenzollern-Streit
Kultursenator Lederer: „Das klingt mir eher wie eine Drohung“

Seit anderthalb Jahren wird der Streit um die Rückgabe von Kunst und Immobilien im Wert von Millionen in der Öffentlichkeit ausgetragen. Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer findet im Kulturausschuss deutliche Worte zum möglichen Abzug von Kunstwerken der Hohenzollern aus Museen in Berlin und Brandenburg.

Von Sebastian Engelbrecht | 15.02.2021
Prinz Georg Friedrich von Preußen steht am 16.08.2017 auf der Burg Hohenzollern bei Hechingen (Baden-Württemberg).
Prinz Georg Friedrich von Preußen steht am 16.08.2017 auf der Burg Hohenzollern bei Hechingen (Baden-Württemberg). (picture alliance/Patrick Seeger/dpa)
Im Schloss Charlottenburg in Berlin ist eine goldene "Kronkarkasse" ausgestellt, das goldene Gestell einer Königskrone. Einst war es mit Juwelen besetzt, heute fehlen die Edelsteine. Die Karkasse gehört zum Eigentum des Hauses Hohenzollern, wie auch die Offiziersgalerie im Schloss Königs Wusterhausen, mit 49 Porträts preußischer Offiziere. Die Stiftung preußischer Schlösser und Gärten stellt in ihren Museen fast 100 solcher Gegenstände aus. Sie sind Eigentum der Hohenzollern, die sie der Stiftung als Dauerleihgaben zur Verfügung stellten. Jederzeit könnte das Oberhaupt des preußischen Königshauses, Georg Friedrich Prinz von Preußen, die Objekte zurückfordern und anderswo ausstellen, bestätigte ein Sprecher der Stiftung.

Umgang mit Kunstwerken

Genau das stellen die Hohenzollern jetzt im Streit um Rückgaben und Entschädigungen mit den Ländern Berlin und Brandenburg und dem Bund in Aussicht. In dem Streit geht es um tausende Objekte und auch um Immobilien. In zwei wortgleichen Briefen an die Brandenburgischen Ministerien für Finanzen und für Wissenschaft schrieb der Unterhändler des Hauses Hohenzollern, Jürgen Aretz, am 29. Januar, die Geschichte Preußens erstrecke sich "nicht nur auf die Grenzen der heutigen Länder Brandenburg und Berlin". So zitiert der "Spiegel" das Schreiben des Unterhändlers der früheren kaiserlichen Familie. Die Leihgaben könnten "ebenso außerhalb dieser Länder in angemessenem Rahmen ausgestellt werden", schreibt Aretz weiter. Er verbindet dies mit einem Angebot, die Verhandlungen mit den Bundesländern und dem Bund wieder aufzunehmen, die seit 2019 unterbrochen sind.
Schloss Cecilienhof. Über dem Eingang die Fahnen der Teilnehmerstaaten an der Potsdamer Konferenz in der Landeshauptstadt Potsdam, Juni 2020.
Warum die Hohenzollern Entschädigung fordern
Gleichheit vor dem Gesetz gelte auch für Adelige, argumentiert das Haus Hohenzollern. Georg Friedrich Prinz von Preußen fordert Entschädigung für Enteignung unter sowjetischer Besatzung.
Auch wenn er nicht Adressat der Schreiben ist, reagierte der Berliner Kultursenator Klaus Lederer heute auf die Ankündigung eines möglichen Abzugs von Kunstwerken. Lederer sagte im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses: "Das würde ich jetzt nicht unbedingt als ein Dringen auf eine Wiederaufnahme der Gespräche interpretieren, sondern das klingt mir eher wie eine Drohung."Die öffentliche Hand werde sich durch "solche Drohungen" nicht "erpressen lassen", sagte Lederer, der auch Spitzenkandidat der Linken in Berlin ist. Im Kulturausschuss ging er in die Offensive: "So gesehen erscheint mir die Verknüpfung beider Aspekte ungeeignet, um zu einer Lösung zu kommen. Ich formuliere das mal vorsichtig und sage: Also solange diese Dinge miteinander vermixt werden, sehe ich keine Grundlage für irgendwelche Gespräche und Verhandlungen."

Möglichst keine Konfrontation

Bei den Verhandlungen zwischen Berlin, Brandenburg und dem Bund auf der einen Seite und den Hohenzollern auf der anderen Seite ging es auch um eine Entschädigung für Immobilien, die nach 1945 in das Eigentum des sozialistischen Staates, später der DDR, übergingen. Nach geltender Rechtslage wird allerdings nicht entschädigt, wer dem nationalsozialistischen System "erheblichen Vorschub geleistet hat". Genau das warf der Berliner Kultursenator den Hohenzollern vor, insbesondere dem Kronprinzen Wilhelm, dem Sohn des letzten deutschen Kaisers, Wilhelms II. Diese Auffassung bestreitet das Haus Hohenzollern allerdings. Kultursenator Lederer überließ dem Preußenprinzen Georg Friedrich die Entscheidung, ausgestellte Gegenstände aus Museen abzuziehen.
"Natürlich sind die Hohenzollern frei, auf ihren Gütern oder Schlössern die Kunstwerke dann auch irgendwo zu deponieren oder zur Schau zu stellen. Das ist dann so. Ich glaube aber doch schon, dass die Berliner oder die Brandenburger Einrichtungen, die sich seit Jahren der Darstellung oder Vermittlung der preußischen Geschichte bemühen, dass sie diesen Abzug wichtiger Kunstwerke und Exponate nicht unkommentiert lassen werden und diese Leerstelle dann auch im Gedächtnis der Besucher bleiben wird."
Er würde es bedauern, wenn es zur Konfrontation komme, sagte Lederer. Sein Eindruck sei aber auch, dass die Hohenzollern in dieser Angelegenheit "denkbar schlecht beraten" seien.