Simon: Am Telefon begrüße ich Holger Baum, Vorstandsmitglied bei German Watch, einer Organisation, die das Bewusstsein für Entwicklungsarbeit und –aufgaben schärfen will. Guten Morgen.
Baum: Guten Morgen, Frau Simon.
Simon: Herr Baum, es heißt, die Hilfsorganisationen seien mit der Verteilung der Flutspenden ist Ostdeutschland am Rand ihrer Kapazitäten angelangt. Wird deshalb wirklich die Aktion für Afrika auf Eis gelegt?
Baum: Nein, es gibt mehrere Gründe, warum diese Aktion verschoben wurde, nicht auf Eis gelegt. Die großen Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz, das Diakonische Werk oder die Caritas sind in der Tat momentan vollauf damit beschäftigt, hier in Deutschland den Flutopfern zu helfen. Andere Organisationen aber, wie etwa die Deutsche Welthungerhilfe oder CARE und andere sind natürlich nicht hier in Deutschland tätig; das ist auch gar nicht ihr Mandat. Sie sind für Entwicklungsländer beauftragt und hätten gerne diesen Tag auch durchgeführt. Aber die Organisationen insgesamt haben sich darauf geeinigt, wenn nicht alle mitmachen, dann wird dieser gemeinsame Aktionstag verschoben und die Organisationen, die sich ausschließlich für die Entwicklungshilfe zuständig fühlen, werden alleine eine Spendenaktion durchführen. Das ist der eine Grund. Der zweite Grund: die Medien, die haben Sie gerade genannt, haben ihrerseits auch Abstand von dem ursprünglichen Datum genommen, weil sie gesagt haben, sie möchten ihren Lesern und Zuschauern nicht zumuten, nun noch eine Spendenaktion, diesmal für Afrika, kurz vor Weihnachten zu erleben und deswegen war es ebenfalls ihr Interesse, diesen Tag zu verschieben. Und das ist eigentlich die große Tragik an dieser ganzen Geschichte, dass sich hier Begründungen finden, die eigentlich mit der Situation und der Notwendigkeit in Afrika zu helfen, überhaupt nichts zu tun haben.
Simon: Sie sprechen an, dass es nur einige Organisationen sind, die in Deutschland tätig sind, die Probleme haben, neben den Flutspenden noch das andere Problem, Afrika, technisch zu bewältigen. Aber es sind doch Organisationen, wie das Deutsche Rote Kreuz, die es gewohnt sind, an mehreren Brennpunkten zu arbeiten. Stimmt da was in den Strukturen nicht?
Baum: Ich bin nicht so informiert, dass ich nun die Situation im Deutschen Roten Kreuz beurteilen könnte. Ich denke natürlich, dass diese Organisationen hier mit ganz vielen lokalen Strukturen arbeiten und dass die Zentrale des DRK in Berlin vermutlich gar nicht damit gerechnet hat, dass es noch eine weitere Hilfsaktion in diesem Jahr für Afrika geben würde. Ich denke, das ist eine Organisations- und Planungsfrage, auf die die großen Organisationen, die ich gerade genannte habe, nicht vorbereitet waren.
Simon: Sie sprachen aber auch das Desinteresse der Medien an in Zusammenhang mit den organisatorischen Problemen der Hilfsorganisationen. Ist das nicht das falsche Signal jetzt zu der Zeit angesichts von 14 Millionen hungernden Menschen?
Baum: Da haben Sie absolut recht. Ich denke, wir haben es doch mit einer sehr merkwürdigen Situation innerhalb der Mediengesellschaft zu tun. Alles, was nicht über den Bildschirm flimmert, existiert sozusagen nicht. Die Hungertoten in Afrika sind für uns nur dann existent, wenn tatsächlich auch die Bilder hier als Beweis herhalten.
Simon: Aber die gibt es doch schon.
Baum: Ja, aber nicht in diesem dramatischen Ausmaß, wie wir das vielleicht in den letzten Jahren gewohnt waren und man muss fast schon zynisch argumentieren, wenn man sagt, wirklich für große Aktionen sind offensichtlich noch dann zu bewegen, wenn man Ereignisse der letzten Jahre noch toppen kann durch die Dramatik der Situation. Das ist eine Lage, die eigentlich für die Menschen in Afrika, die betroffen sind von einer schleichenden Katastrophe – Hunger kommt ja nicht plötzlich, wie die Flut, das ist ja auch nicht überraschend gewesen, was wir derzeit in Afrika feststellen - dass die Betroffenen unter dieser Situation zu leiden haben, das ist in der Tat eine außerordentlich bedenkliche Situation.
Simon: Wie beurteilen Sie denn, der sich seit Jahren damit befasst, de facto die Bereitschaft der Bevölkerung in Deutschland noch mal, nach der Anstrengung für die Flutspenden für die Flutkatastrophenopfer noch einmal zu spenden für Afrika in diesen Jahr?
Baum: Die Deutschen haben seit vielen Jahren immer wieder unter Beweis gestellt, dass sie bereit sind, Menschen in anderen Ländern zu helfen. Wenn es darauf ankommt, solche akuten Notlagen zu lindern und ich selber weiß aus vielen eigenen Erfahrungen, dass in Afrika immer wieder geholfen wurde von deutscher Seite aus in den letzten Jahren. Ich denke, die Bundesbürger wären auch diesmal bereit gewesen zu helfen, weil sie ja sehen und wissen, dass Menschen unschuldig in Not geraten sind und ich glaube, dass die Medien, die jetzt entschieden haben, diese Kampagne nicht zu unterstützen im Herbst, eigentlich ein wenig die Bundesbürger in ihrer Hilfsbereitschaft unterschätzen.
Simon: Das war Holger Baum von German Watch zu dem erst mal aufgeschobenen Aktionsspendentag Afrika. Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Baum.
Baum: Ich danke auch Ihnen.
Link: Interview als RealAudio
Baum: Guten Morgen, Frau Simon.
Simon: Herr Baum, es heißt, die Hilfsorganisationen seien mit der Verteilung der Flutspenden ist Ostdeutschland am Rand ihrer Kapazitäten angelangt. Wird deshalb wirklich die Aktion für Afrika auf Eis gelegt?
Baum: Nein, es gibt mehrere Gründe, warum diese Aktion verschoben wurde, nicht auf Eis gelegt. Die großen Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz, das Diakonische Werk oder die Caritas sind in der Tat momentan vollauf damit beschäftigt, hier in Deutschland den Flutopfern zu helfen. Andere Organisationen aber, wie etwa die Deutsche Welthungerhilfe oder CARE und andere sind natürlich nicht hier in Deutschland tätig; das ist auch gar nicht ihr Mandat. Sie sind für Entwicklungsländer beauftragt und hätten gerne diesen Tag auch durchgeführt. Aber die Organisationen insgesamt haben sich darauf geeinigt, wenn nicht alle mitmachen, dann wird dieser gemeinsame Aktionstag verschoben und die Organisationen, die sich ausschließlich für die Entwicklungshilfe zuständig fühlen, werden alleine eine Spendenaktion durchführen. Das ist der eine Grund. Der zweite Grund: die Medien, die haben Sie gerade genannt, haben ihrerseits auch Abstand von dem ursprünglichen Datum genommen, weil sie gesagt haben, sie möchten ihren Lesern und Zuschauern nicht zumuten, nun noch eine Spendenaktion, diesmal für Afrika, kurz vor Weihnachten zu erleben und deswegen war es ebenfalls ihr Interesse, diesen Tag zu verschieben. Und das ist eigentlich die große Tragik an dieser ganzen Geschichte, dass sich hier Begründungen finden, die eigentlich mit der Situation und der Notwendigkeit in Afrika zu helfen, überhaupt nichts zu tun haben.
Simon: Sie sprechen an, dass es nur einige Organisationen sind, die in Deutschland tätig sind, die Probleme haben, neben den Flutspenden noch das andere Problem, Afrika, technisch zu bewältigen. Aber es sind doch Organisationen, wie das Deutsche Rote Kreuz, die es gewohnt sind, an mehreren Brennpunkten zu arbeiten. Stimmt da was in den Strukturen nicht?
Baum: Ich bin nicht so informiert, dass ich nun die Situation im Deutschen Roten Kreuz beurteilen könnte. Ich denke natürlich, dass diese Organisationen hier mit ganz vielen lokalen Strukturen arbeiten und dass die Zentrale des DRK in Berlin vermutlich gar nicht damit gerechnet hat, dass es noch eine weitere Hilfsaktion in diesem Jahr für Afrika geben würde. Ich denke, das ist eine Organisations- und Planungsfrage, auf die die großen Organisationen, die ich gerade genannte habe, nicht vorbereitet waren.
Simon: Sie sprachen aber auch das Desinteresse der Medien an in Zusammenhang mit den organisatorischen Problemen der Hilfsorganisationen. Ist das nicht das falsche Signal jetzt zu der Zeit angesichts von 14 Millionen hungernden Menschen?
Baum: Da haben Sie absolut recht. Ich denke, wir haben es doch mit einer sehr merkwürdigen Situation innerhalb der Mediengesellschaft zu tun. Alles, was nicht über den Bildschirm flimmert, existiert sozusagen nicht. Die Hungertoten in Afrika sind für uns nur dann existent, wenn tatsächlich auch die Bilder hier als Beweis herhalten.
Simon: Aber die gibt es doch schon.
Baum: Ja, aber nicht in diesem dramatischen Ausmaß, wie wir das vielleicht in den letzten Jahren gewohnt waren und man muss fast schon zynisch argumentieren, wenn man sagt, wirklich für große Aktionen sind offensichtlich noch dann zu bewegen, wenn man Ereignisse der letzten Jahre noch toppen kann durch die Dramatik der Situation. Das ist eine Lage, die eigentlich für die Menschen in Afrika, die betroffen sind von einer schleichenden Katastrophe – Hunger kommt ja nicht plötzlich, wie die Flut, das ist ja auch nicht überraschend gewesen, was wir derzeit in Afrika feststellen - dass die Betroffenen unter dieser Situation zu leiden haben, das ist in der Tat eine außerordentlich bedenkliche Situation.
Simon: Wie beurteilen Sie denn, der sich seit Jahren damit befasst, de facto die Bereitschaft der Bevölkerung in Deutschland noch mal, nach der Anstrengung für die Flutspenden für die Flutkatastrophenopfer noch einmal zu spenden für Afrika in diesen Jahr?
Baum: Die Deutschen haben seit vielen Jahren immer wieder unter Beweis gestellt, dass sie bereit sind, Menschen in anderen Ländern zu helfen. Wenn es darauf ankommt, solche akuten Notlagen zu lindern und ich selber weiß aus vielen eigenen Erfahrungen, dass in Afrika immer wieder geholfen wurde von deutscher Seite aus in den letzten Jahren. Ich denke, die Bundesbürger wären auch diesmal bereit gewesen zu helfen, weil sie ja sehen und wissen, dass Menschen unschuldig in Not geraten sind und ich glaube, dass die Medien, die jetzt entschieden haben, diese Kampagne nicht zu unterstützen im Herbst, eigentlich ein wenig die Bundesbürger in ihrer Hilfsbereitschaft unterschätzen.
Simon: Das war Holger Baum von German Watch zu dem erst mal aufgeschobenen Aktionsspendentag Afrika. Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Baum.
Baum: Ich danke auch Ihnen.
Link: Interview als RealAudio