Gerwald Herter: Ich bin jetzt mit dem Ministerpräsidenten von Thüringen, Dieter Althaus (CDU), verbunden. Auch sein Bundesland ist natürlich von einer Übernahme durch Magna direkt betroffen durch das Opel-Werk in Eisenach. Guten Morgen, Herr Althaus!
Dieter Althaus: Guten Morgen!
Herter: Ja, ging es denn lange hin und her oder war von Anfang klar, dass diese Gespräche in der letzten Nacht auch ein richtiges Ergebnis bringen würden?
Althaus: Es gab schwierige Diskussionen, aber es war den Beteiligten klar, dass in dieser Nacht eine Lösung gefunden werden musste, und deshalb waren es auch sehr zielgerichtete Gespräche zwischen Magna und uns und auch mit GM und auch mit der US-Regierung.
Herter: Was haben Sie gedacht, als der Beginn dieses Spitzentreffens im Kanzleramt zunächst verschoben wurde um einige Stunden?
Althaus: Es war uns klar, dass die Verhandlungen, im Besonderen zwischen GM, Opel und der amerikanischen Regierung, und der Bundesseite länger dauern würden, und uns war lieber, dass wir etwas später beginnen und dann aber konkrete Vertragspunkte auf dem Tisch haben, und so war es dann auch.
Herter: Also dass diese Gespräche erfolgreich verlaufen sind, das dürfte ja aus Ihrer Sicht überhaupt gar keine Frage sein. Was macht diesen Erfolg aus Ihrer Sicht aus?
Althaus: Es gibt mehrere Punkte. Zum einen ist Deutschland ein sehr erfolgreiches Autobauerland und dazu gehört auch Opel. Und Magna hat ein plausibles Unternehmenskonzept vorgelegt, wie Opel in Zukunft weiterentwickelt werden kann. Zum Zweiten, die Länder und der Bund haben über den Treuhandvertrag und die entsprechende Bürgschaft festgelegt, dass sie sich beteiligen, um in einer Brückenfinanzierung dafür Sorge zu tragen, dass Opel Deutschland und Opel Europa nicht in die Insolvenzprobleme mit hineingezogen wird. Und drittens sind auch die Fragen geklärt worden, jedenfalls vorbesprochen worden, für die Klärung, wie mit den ganzen Problemen innerhalb der GM-Familie umgegangen wird, zum Beispiel mit den Lizenzen und Ähnlichem.
Herter: Ja, Insolvenz, Stichwort Insolvenz, das soll ja nun auf GM beschränkt bleiben. Der Wirtschaftsminister zu Guttenberg hat aber nach den Gesprächen gesagt, ihm sei eine geordnete Insolvenz trotzdem lieber gewesen, obwohl er diese Beschlüsse mitträgt. Gab’s da Ärger zwischen den Beteiligten bei diesem Gespräch?
Althaus: Nein, Herr zu Guttenberg hat deutlich gemacht, dass er natürlich eine Abwägung vorgenommen hat. Und bei seiner Abwägung war immer das Problem mit benannt worden, dass möglicherweise die Risiken zu groß sind, wenn man den Weg geht, den wir jetzt vorgeschlagen und auch festgelegt haben. Aber er hat sehr deutlich auch gesagt, dass die Alternativen, nämlich die Folgen einer Insolvenz, für Deutschland und konkret für Opel und viele Zulieferer auch hochproblematisch gewesen wären. Deshalb sind insgesamt am Ende bei seinem Abwägungsprozess die Punkte für die Zustimmung größer gewesen, und deshalb gab es dann auch ein einmütiges Votum.
Herter: Einem ziemlich renommierten Automobilkonzern, nämlich Fiat, waren die Risiken zu hoch. Der Konzern hat auch angegeben, man habe nur beschränkten Einblick gehabt in die Unterlagen von GM. Können Sie das nachvollziehen oder ist das irgendeine Schutzbehauptung?
Althaus: Es gab gerade in den letzten 24 Stunden sehr viel Klärung noch zu den Details bei GM. Da gab es zum Beispiel eine große Liquiditätslücke, die sich plötzlich aufgetan hat. Das alles hat die Verhandlungen sehr erschwert, aber ich glaube, dafür war es auch wichtig, dass wir immerhin zwei Nächte so lange gesessen haben, weil damit auch der Rahmen gesetzt wurde, dass wirklich diese Fragen geklärt wurden und dass sich GM dann auch bewegt hat. Und zweitens war es wichtig, die offenen Fragen mit der US-Regierung zu klären. Auch das war schwierig, aber es ist am Ende gelungen.
Herter: Hat die deutsche Seite von Anfang an – denn Sie sagen ja, es waren eben doch zwei Nächte und es gab eine Überraschung in der ersten Nacht, nämlich eine Nachforderung von amerikanischer Seite -, hat die deutsche Seite ihre eigene Rolle ein bisschen überschätzt und die Rolle der Amerikaner unterschätzt?
Althaus: Nein, überschätzt würde ich nicht sagen, aber es war sicher so, dass es natürlich auch einen Interessenskonflikt gab, den wir von Anfang an kannten, aber der sich dann deutlich herausgestellt hat: Auf der einen Seite die Interessen von GM, auch möglicherweise nach einer Insolvenz, die dann geordnete Probleme mit sich gebracht hätte, auch für die deutschen Standorte, und auf der anderen Seite unser Interesse, die guten deutschen Standorte mit einer Perspektive zu versehen, dafür einen Investor zu versuchen. Und bei dem Interessenausgleich ist es gelungen, am Ende für die deutschen Opel-Bauer und ihre Zukunft ein vernünftiges Konzept zu finden.
Herter: Gibt es auch unterschiedliche Interessen zwischen den deutschen Opel-Bauern und den Opel-Standorten in anderen europäischen Ländern?
Althaus: Das muss jetzt geklärt werden. Natürlich haben wir auch gerade als Ministerpräsidenten für unsere Standorte ein Gesamtkonzept gewollt, für Rüsselsheim, für Bochum, für Kaiserslautern und für Eisenach. Aber wie jetzt innerhalb der Opel-Gruppe die Gesamtpolitik ausgestattet wird, das ist eine Aufgabe, die Magna und Opel, natürlich auch im Verbund mit GM, jetzt klären müssen. Da bin ich ganz sicher, werden Lösungen gefunden.
Herter: Welches sind denn jetzt noch die größten Risiken, Herr Ministerpräsident?
Althaus: Ich sehe im Moment kein großes Risiko. In Hessen und in Nordrhein-Westfalen müssen die parlamentarischen Gremien noch erfasst werden, damit dann am Ende auch wirklich Unterschriften geleistet werden.
Und dann ein Zweites, dass wirklich alle Unterschriften und die Folgen der Vertragsinkrafttretung dann auch wirklich umgesetzt werden können. Das wird aber spätestens heute und morgen erfolgen, sodass dann ab dem 1. Juni Vertragsverhandlungen zwischen GM und zwischen Magna abgeschlossen werden können, das wird einige Zeit dauern. Aber in der Zwischenzeit haben wir über den Treuhandvertrag die Möglichkeit, auch die Zuständigkeiten klar in der Mehrheit in deutschen Händen zu haben.
Herter: Letzte Frage mit der Bitte um eine kurze Antwort: Würden Sie den Opel-Arbeitern in Eisenach denn jetzt schon sagen, sie könnten eine Flasche Sekt aufmachen und etwas feiern?
Althaus: Ja, so weit würde ich gehen. Wir haben uns sehr angestrengt auf allen Seiten, und es ist, glaube ich, ein guter Grund, dankbar zu sein und auch zu sagen, wir haben eine gute Perspektive.
Herter: Dieter Althaus, der Ministerpräsident von Thüringen. Einen schönen Tag und vielen Dank für das Gespräch!
Althaus: Ich bedanke mich auch.
Dieter Althaus: Guten Morgen!
Herter: Ja, ging es denn lange hin und her oder war von Anfang klar, dass diese Gespräche in der letzten Nacht auch ein richtiges Ergebnis bringen würden?
Althaus: Es gab schwierige Diskussionen, aber es war den Beteiligten klar, dass in dieser Nacht eine Lösung gefunden werden musste, und deshalb waren es auch sehr zielgerichtete Gespräche zwischen Magna und uns und auch mit GM und auch mit der US-Regierung.
Herter: Was haben Sie gedacht, als der Beginn dieses Spitzentreffens im Kanzleramt zunächst verschoben wurde um einige Stunden?
Althaus: Es war uns klar, dass die Verhandlungen, im Besonderen zwischen GM, Opel und der amerikanischen Regierung, und der Bundesseite länger dauern würden, und uns war lieber, dass wir etwas später beginnen und dann aber konkrete Vertragspunkte auf dem Tisch haben, und so war es dann auch.
Herter: Also dass diese Gespräche erfolgreich verlaufen sind, das dürfte ja aus Ihrer Sicht überhaupt gar keine Frage sein. Was macht diesen Erfolg aus Ihrer Sicht aus?
Althaus: Es gibt mehrere Punkte. Zum einen ist Deutschland ein sehr erfolgreiches Autobauerland und dazu gehört auch Opel. Und Magna hat ein plausibles Unternehmenskonzept vorgelegt, wie Opel in Zukunft weiterentwickelt werden kann. Zum Zweiten, die Länder und der Bund haben über den Treuhandvertrag und die entsprechende Bürgschaft festgelegt, dass sie sich beteiligen, um in einer Brückenfinanzierung dafür Sorge zu tragen, dass Opel Deutschland und Opel Europa nicht in die Insolvenzprobleme mit hineingezogen wird. Und drittens sind auch die Fragen geklärt worden, jedenfalls vorbesprochen worden, für die Klärung, wie mit den ganzen Problemen innerhalb der GM-Familie umgegangen wird, zum Beispiel mit den Lizenzen und Ähnlichem.
Herter: Ja, Insolvenz, Stichwort Insolvenz, das soll ja nun auf GM beschränkt bleiben. Der Wirtschaftsminister zu Guttenberg hat aber nach den Gesprächen gesagt, ihm sei eine geordnete Insolvenz trotzdem lieber gewesen, obwohl er diese Beschlüsse mitträgt. Gab’s da Ärger zwischen den Beteiligten bei diesem Gespräch?
Althaus: Nein, Herr zu Guttenberg hat deutlich gemacht, dass er natürlich eine Abwägung vorgenommen hat. Und bei seiner Abwägung war immer das Problem mit benannt worden, dass möglicherweise die Risiken zu groß sind, wenn man den Weg geht, den wir jetzt vorgeschlagen und auch festgelegt haben. Aber er hat sehr deutlich auch gesagt, dass die Alternativen, nämlich die Folgen einer Insolvenz, für Deutschland und konkret für Opel und viele Zulieferer auch hochproblematisch gewesen wären. Deshalb sind insgesamt am Ende bei seinem Abwägungsprozess die Punkte für die Zustimmung größer gewesen, und deshalb gab es dann auch ein einmütiges Votum.
Herter: Einem ziemlich renommierten Automobilkonzern, nämlich Fiat, waren die Risiken zu hoch. Der Konzern hat auch angegeben, man habe nur beschränkten Einblick gehabt in die Unterlagen von GM. Können Sie das nachvollziehen oder ist das irgendeine Schutzbehauptung?
Althaus: Es gab gerade in den letzten 24 Stunden sehr viel Klärung noch zu den Details bei GM. Da gab es zum Beispiel eine große Liquiditätslücke, die sich plötzlich aufgetan hat. Das alles hat die Verhandlungen sehr erschwert, aber ich glaube, dafür war es auch wichtig, dass wir immerhin zwei Nächte so lange gesessen haben, weil damit auch der Rahmen gesetzt wurde, dass wirklich diese Fragen geklärt wurden und dass sich GM dann auch bewegt hat. Und zweitens war es wichtig, die offenen Fragen mit der US-Regierung zu klären. Auch das war schwierig, aber es ist am Ende gelungen.
Herter: Hat die deutsche Seite von Anfang an – denn Sie sagen ja, es waren eben doch zwei Nächte und es gab eine Überraschung in der ersten Nacht, nämlich eine Nachforderung von amerikanischer Seite -, hat die deutsche Seite ihre eigene Rolle ein bisschen überschätzt und die Rolle der Amerikaner unterschätzt?
Althaus: Nein, überschätzt würde ich nicht sagen, aber es war sicher so, dass es natürlich auch einen Interessenskonflikt gab, den wir von Anfang an kannten, aber der sich dann deutlich herausgestellt hat: Auf der einen Seite die Interessen von GM, auch möglicherweise nach einer Insolvenz, die dann geordnete Probleme mit sich gebracht hätte, auch für die deutschen Standorte, und auf der anderen Seite unser Interesse, die guten deutschen Standorte mit einer Perspektive zu versehen, dafür einen Investor zu versuchen. Und bei dem Interessenausgleich ist es gelungen, am Ende für die deutschen Opel-Bauer und ihre Zukunft ein vernünftiges Konzept zu finden.
Herter: Gibt es auch unterschiedliche Interessen zwischen den deutschen Opel-Bauern und den Opel-Standorten in anderen europäischen Ländern?
Althaus: Das muss jetzt geklärt werden. Natürlich haben wir auch gerade als Ministerpräsidenten für unsere Standorte ein Gesamtkonzept gewollt, für Rüsselsheim, für Bochum, für Kaiserslautern und für Eisenach. Aber wie jetzt innerhalb der Opel-Gruppe die Gesamtpolitik ausgestattet wird, das ist eine Aufgabe, die Magna und Opel, natürlich auch im Verbund mit GM, jetzt klären müssen. Da bin ich ganz sicher, werden Lösungen gefunden.
Herter: Welches sind denn jetzt noch die größten Risiken, Herr Ministerpräsident?
Althaus: Ich sehe im Moment kein großes Risiko. In Hessen und in Nordrhein-Westfalen müssen die parlamentarischen Gremien noch erfasst werden, damit dann am Ende auch wirklich Unterschriften geleistet werden.
Und dann ein Zweites, dass wirklich alle Unterschriften und die Folgen der Vertragsinkrafttretung dann auch wirklich umgesetzt werden können. Das wird aber spätestens heute und morgen erfolgen, sodass dann ab dem 1. Juni Vertragsverhandlungen zwischen GM und zwischen Magna abgeschlossen werden können, das wird einige Zeit dauern. Aber in der Zwischenzeit haben wir über den Treuhandvertrag die Möglichkeit, auch die Zuständigkeiten klar in der Mehrheit in deutschen Händen zu haben.
Herter: Letzte Frage mit der Bitte um eine kurze Antwort: Würden Sie den Opel-Arbeitern in Eisenach denn jetzt schon sagen, sie könnten eine Flasche Sekt aufmachen und etwas feiern?
Althaus: Ja, so weit würde ich gehen. Wir haben uns sehr angestrengt auf allen Seiten, und es ist, glaube ich, ein guter Grund, dankbar zu sein und auch zu sagen, wir haben eine gute Perspektive.
Herter: Dieter Althaus, der Ministerpräsident von Thüringen. Einen schönen Tag und vielen Dank für das Gespräch!
Althaus: Ich bedanke mich auch.