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Idiotentest im Test

Am Verkehrsgerichtstag in Goslar wird derzeit über den sogenannten Idiotentest diskutiert, also die medizinisch-psychologische Untersuchung, kurz MPU. Die droht, wenn zu viele Punkte in Flensburg aufgelaufen sind oder gar Alkohol am Steuer im Spiel war. Rechtsanwalt Roland Hillmann hält diesen Test für legitim und notwendig.

Roland Hillmann im Gespräch mit Jürgen Liminski | 29.01.2010
    Bettina Klein: Mein Kollege Jürgen Liminski fragte gestern Abend Roland Hillmann, Rechtsanwalt und einer derjenigen, die beim Verkehrsgerichtstag gehört werden, ob die MPU überhaupt ein geeignetes Mittel ist, um die Verkehrssicherheit in Deutschland zu erhöhen.

    Roland Hillmann: Eindeutig! Es gibt überhaupt niemanden, der ernstlich die MPU in Zweifel stellt und sie kritisiert als Institution, denn wir wollen natürlich nicht auf unseren Straßen Autofahrer haben, die irgendwelche Eignungsmängel haben.

    Jürgen Liminski: Wer prüft denn die Prüfer? Gibt es eine neutrale Instanz, die auch sagt, das ist richtig geprüft?

    Hillmann: Es gibt eine Instanz, das ist das Bundesamt für Straßenwesen, die BAST. Die überprüft die Gutachten regelmäßig, allerdings – und das ist unser Kritikpunkt – immer nur die schriftlichen Gutachten in der Form, wie sie nun einmal ausgefallen sind. Wir fordern hingegen, dass während der gesamten Untersuchung ein Tonband mitläuft und die ganze Untersuchung aufgezeichnet wird, damit man später die Frage klären kann, hat der Geprüfte tatsächlich das gesagt, was da in dem Gutachten drinsteht, oder hat er etwas ganz anderes gesagt, oder ist er das vielleicht gar nicht gefragt worden, und welche Qualität hatte überhaupt die ganze Begutachtung. Dafür fordern wir mindestens einen Tonbandmitschnitt, wenn nicht sogar eine Videoaufnahme, um da mehr für Gerechtigkeit und Objektivität sorgen zu können.

    Liminski: Welche Alternativen sehen Sie für diesen Test? Kann man sich dem Test auch verweigern, ohne Gefahr zu laufen, den Führerschein nie wiederzusehen?

    Hillmann: Nein. Wenn die MPU angeordnet ist und anzuordnen ist, weil das Gesetz es so vorsieht, können sie sich ihr nicht entziehen. Wenn sie das tun, gelten sie als ungeeignet und die Fahrerlaubnis wird allein aus dem Grunde, weil sie sich weigern, entzogen. Das geht gar nicht. Alternativen zur MPU gibt es auch nicht wirklich. Allerdings haben wir hier vorgeschlagen, dass in Zukunft sogenannte verkehrspsychologische Schulungsmaßnahmen durchgeführt werden, die es jetzt schon gibt, aber zurzeit nur auf freiwilliger Basis, dann vielleicht eines Tages vom Gesetzgeber sogar verordnet. Diese verkehrspsychologischen Schulungsmaßnahmen sollen das Verhalten der Betroffenen ändern helfen, und später dient dann die MPU nur noch zur Überprüfung des so gelernten, so dass man dann mit der MPU ein Bild darüber bekommt, ob der entsprechende Autofahrer sein Verhalten tatsächlich nachhaltig geändert hat.

    Liminski: Jeder fünfte Deutsche hat Migrationshintergrund. Was passiert mit Fahrern mit ausländischen Führerscheinen?

    Hillmann: Zunächst einmal: jeder EU-Führerschein ist in der gesamten EU gültig, er muss auch nicht umgeschrieben werden. Wenn also jemand Franzose, Engländer oder weiß ich was ist, der kann mit diesem Führerschein, französischen oder englischen Führerschein, in Deutschland fahren, so viel er will. Überhaupt kein Problem. Wenn er allerdings hier eine Tat begeht, die nach deutschem Recht eine MPU nach sich ziehen würde, dann wird ihm auferlegt, diese MPU abzulegen. Wenn er das nicht tut, dann wird in seinen Führerschein, in seinen ausländischen Führerschein, ein Sperrvermerk hineingeklebt, wonach die Fahrerlaubnis zwar überall in der restlichen Welt uneingeschränkt Gültigkeit hat, aber nicht auf deutschen Straßen.

    Liminski: Ist denkbar oder gar absehbar, dass der Idiotentest abgeschafft wird?

    Hillmann: Niemals! Da können Sie ganz sicher sein, darüber sind wir uns alle vollständig einig. Der Idiotentest oder die MPU, medizinisch-psychologische Untersuchung, wird ganz sicher niemals abgeschafft werden. Ganz im Gegenteil: wir arbeiten alle daran, sie noch besser zu machen, perfekter zu machen, sie mehr kontrollieren zu können, überprüfen zu können, ihr auch diese Angst zu nehmen, die sie verursacht bei denjenigen, die sie absolvieren müssen.