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"Im vergangenen Jahr hat sich alles auf die Deutschen gestürzt"

In der Branche herrscht wieder optimistisches Klima, sagt Klaus Laepple, Präsidenten des Bundesverbandes der deutschen Tourismuswirtschaft, zum Auftakt der internationale Tourismus-Börse. Er geht davon aus, dass sich die Lage im kommenden Jahr wieder normalisiert.

Klaus Laepple im Gespräch mit Jochen Spengler |
    Jochen Spengler: Urlaub und Reisen in Krisenzeiten - was verändert sich? Aufschluss gibt darüber die ITB, die Internationale Tourismus-Börse, die weltweit führende Messe der Reiseindustrie in Berlin. Sie hat ihre Tore geöffnet, heute für Fachbesucher, am Wochenende dürfen sich dann auch Privatleute umsehen zwischen den Ständen von mehr als 11.000 Ausstellern aus 187 Ländern. Am Telefon begrüße ich Klaus Laepple, den Präsidenten des Bundesverbandes der deutschen Tourismuswirtschaft, jenem Verband, in dem Reisebüros und Reiseveranstalter organisiert sind. Guten Morgen, Herr Laepple.

    Klaus Laepple: Guten Morgen, Herr Spengler.

    Spengler: Letztes Jahr sank der Umsatz der Reisebranche um drei Prozent. Das sind 20 Milliarden Euro. Das wird Ihnen nicht gefallen, aber es ist weniger als anderswo und es zeigt: die Deutschen sparen lieber am Auto als an der Urlaubsreise?

    Laepple: Die Kosten sind nicht insgesamt um 20 Milliarden gesunken, sondern sind auf etwas über 20 Milliarden gesunken.

    Spengler: Oh, dann bin ich falsch informiert gewesen.

    Laepple: Der Umsatzrückgang von 2008 auf 2009 betrug etwa eine Milliarde. Das ist natürlich bitter, das ist überhaupt gar keine Frage, ist aber dem Umstand geschuldet, dass doch auf breiter Front Preissenkungen stattgefunden haben. Die Zielgebiete und auch die Fluggesellschaften haben hier ihren Beitrag geleistet. Nur so ist ja auch zu erklären, dass wir insgesamt die Zahl der Urlauber ja gehalten haben. Hier ist ja praktisch keine Veränderung eingetreten.

    Spengler: Also die Leute sind nicht weniger gereist, aber sie sind preiswerter gereist?

    Laepple: Sie sind preiswerter gereist, einfach weil die Reisen auch preiswerter angeboten wurden, und das ist eine Tendenz, die sich in diesem Jahr fortsetzt. Wir haben nochmals günstigere Preise, einfach deshalb, weil auch ein ganz erheblicher Wettbewerb der Zielgebiete stattfindet, denn der Urlauber kann ja nur an eine Stelle fahren und nicht an 100 gleichzeitig, und deshalb ist zwischen den Zielgebieten und den dortigen Hoteliers natürlich ein ganz erheblicher Wettbewerb, und der kommt dem Verbraucher zugute.

    Spengler: Wie sieht es denn beim Geschäftsreisemarkt aus, beziehungsweise wie sah es da aus? Gab es da denn Einbrüche?

    Laepple: Da gab es im vergangenen Jahr in der Tat virulente Einbrüche bis zu 25 Prozent, und hier setzt jetzt langsam wieder eine Erholung ein.

    Spengler: Herr Laepple, 11.100 Aussteller gibt es jetzt auf der ITB. Das sind so viel wie noch nie. Heißt das, die Krise ist jetzt eigentlich vorbei?

    Laepple: Zumindest ist das ein sehr gutes Zeichen. Es ist ein Zeichen von Optimismus. Ich meine, wir unterscheiden ja vernünftigerweise zwischen Pessimisten, Optimisten und Realisten, und die Tatsache, dass mehr als in den vergangenen Jahren nach Berlin gekommen sind, um hier auszustellen und ihre Produkte anzubieten, und darüber hinaus auch sicherlich die Zahl der Fachbesucher mindestens genauso hoch sein wird wie im vergangenen Jahr, wenn nicht höher, lässt darauf schließen, dass insgesamt wieder ein optimistisches Klima in der Branche vorherrscht.

    Spengler: Heißt das, 2010 wird schon wieder ein normales Jahr?

    Laepple: 2010 wird mit Sicherheit noch kein normales Jahr, denn wie gesagt: wir haben nochmals deutliche Preissenkungen, die dem Verbraucher natürlich zugute kommen. Das freut uns ja auch. Wir geben als Reiseveranstalter diese Preissenkungen ja auch weiter. Ich gehe davon aus, dass Normalität erst im nächsten Jahr wieder einkehren wird.

    Spengler: Gibt es denn die Preissenkungen auf breiter Front, oder gibt es bestimmte Länder, bestimmte Reisen, die nun besonders preiswert sind?

    Laepple: Nein! Die Preissenkungen gibt es auf breiter Front. Hier hat sich kein Land ausgeschlossen, da wie gesagt der Wettbewerb der einzelnen Destinationen um den Urlauber halt eben wirklich ganz heiß entbrannt ist, insbesondere deshalb, weil im vergangenen Jahr große Märkte wie beispielsweise England und Russland praktisch weggebrochen sind und sich alles auf die Deutschen gestürzt hat. Es ist auch nicht etwa so, dass alle diese Preissenkungen bekommen haben, sondern die sind ganz speziell nach Deutschland gegangen.

    Spengler: Jetzt habe ich irgendwo gelesen, es würde zum Beispiel auf den Balearen, Mallorca et cetera, teuerer dieses Jahr. Das stimmt nicht?

    Laepple: Das ist Unfug.

    Spengler: Auch nicht in Ägypten?

    Laepple: Nein, auch nicht.

    Spengler: Welche Reiseziele sind denn besonders gefragt?

    Laepple: Gefragt sind alle Ziele im westlichen Mittelmeer. Dazu gehört tatsächlich an erster Stelle die Türkei, die in diesem Jahr ja auch Partnerland der ITB ist. Dann Ägypten, das Sie eben schon erwähnten, und daneben natürlich die Vereinigten Arabischen Emirate. Dann haben wir sicherlich insgesamt den asiatischen Raum, hier in besonderem Maße Thailand, und wir haben natürlich auch einige Länder, die auf die touristische Landkarte wieder zurückgekehrt sind, nämlich Kenia und auch Sri Lanka.

    Spengler: Können Sie eigentlich guten Gewissens Urlaub in Griechenland empfehlen, angesichts der Wirtschaftskrise dort?

    Laepple: Natürlich! Da habe ich überhaupt gar kein Problem mit. Man muss hier etwas differenzieren. Derjenige, der über einen Reiseveranstalter bucht, für den ändert sich ja überhaupt nichts. Der hat auch die Preisgarantie. Derjenige, der individuell hinreist - und das ist ja gerade im Falle Griechenlands häufiger der Fall -, der muss sich natürlich darauf einrichten, dass hier möglicherweise doch in dem einen oder anderen Fall Preiserhöhungen kommen, denn Sie wissen, es ist angekündigt, dass die Mehrwertsteuer erhöht wird von 19 auf 21 Prozent, Benzin wird teuerer. Das heißt also, eine ganze Reihe von Verbrauchssteuern werden steigen, und natürlich wird das auf die Preise überwälzt.

    Spengler: Es gab in den letzten Jahren einen Trend zum Urlaub im eigenen Land. Setzt der sich fort, oder sind die Leute insbesondere nach diesem Winter sonnenhungrig?

    Laepple: Das ist eine nette Geschichte, aber sie ist natürlich auch nur die halbe Wahrheit. Diesen Trend zum Urlaub im eigenen Land, den hat es immer gegeben. Ein Drittel der Deutschen macht bekanntermaßen Urlaub in Deutschland aus den unterschiedlichsten Gründen. Das wird auch in diesem Jahr so sein, das sehen wir an den Vorausbuchungen schon ganz deutlich. Von daher wird sicherlich Deutschland relativ unbeschadet aus der ganzen Krisensituation hervorgehen.

    Spengler: Herr Laepple, wer besonders umweltbewusst reisen will, oder wer Wert darauf legt, dass Zimmermädchen, Kellner anständig behandelt, bezahlt werden, worauf muss der achten? Hat der da einen gewissen Einfluss drauf?

    Laepple: Er hat indirekten Einfluss darauf, indem er natürlich ja die Entscheidung darüber trifft, wohin er fährt. Das heißt also, er kennt die einzelnen Länder, er kann sich darüber informieren, beispielsweise unter anderem auch im Reisebüro, und kann dann halt eben genau die Situation abwägen und sich dann entscheiden, wohin er fährt.

    Spengler: Gibt es so eine Art Siegel für so etwas, umweltbewusstes Reisen, oder fehlt das noch?

    Laepple: Nein, nein. Ein Siegel im klassischen Sinne gibt es nicht. Ich warne auch davor, schon wieder ein Siegel zu erfinden. Wir sind ja so siegelgläubig in Deutschland. Sie wissen ja: wenn die Stiftung Warentest etwas verkündet, dann hat das mindestens den Charakter, als wenn es in der Bibel stünde. Davor warne ich!

    Spengler: Wo gibt es denn die größten Rabatte, wenn man als Frühbucher dabei ist, oder wenn man Last Minute macht?

    Laepple: Als Frühbucher bekommen sie in jedem Fall ganz erhebliche Rabatte, die gehen bis zu 30 Prozent und die sollte man nutzen, insbesondere dann, wenn man sich heute auch schon festlegen kann. Derjenige, der das aus welchen Gründen auch immer nicht kann, der kann natürlich auch bis zum Ende warten. Er muss allerdings dann in Kauf nehmen, dass er dann nur das bekommt, was übrig ist. Während der Frühbucher den großen Vorteil hat, aus dem Gesamtangebot frei wählen zu können, kann derjenige, der halt eben auf den letzten Drücker bucht, natürlich nur noch das nehmen, was übrig geblieben ist.

    Spengler: ... , sagt der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Tourismuswirtschaft, Klaus Laepple. Herr Laepple, danke für das Gespräch.

    Laepple: Bitte schön, Herr Spengler.