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Impeachment-Verfahren gegen Trump
"Zum Schluss wird nicht viel hängen bleiben"

Ein Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump halte er für richtig, sagte Ralph Freund, Sprecher der Republicans Overseas Germany, im Dlf. Allerdings gebe es derzeit nur Indizien und widersprüchliche Zeugenaussagen. Am Ende werde nicht viel hängen bleiben, da erdrückende Beweise fehlten.

Ralph Freund im Gespräch mit Philipp May | 21.11.2019
US-Präsident Donald Trump kritisiert bei einer Pressekonferenz am Rande des Treffens mit dem türkischen Präsidenten Erdogan die Anhörung in Sachen Impeachment-Verfahren.
US-Präsident Donald Trump bei der Pressekonferenz im Weißen Haus (picture-alliance/dpa )
Die Anhörungen zum Impeachment-Verfahren seien keine Show-Veranstaltung, sagte Ralph Freund, Sprecher der Republicans Overseas Germany, im Dlf. Ein Problem sei, dass der Kongress Beweismittel wie ein Staatsanwalt sammeln müsse. Aber der Kongress kein Staatsanwalt sei, erklärte Freund.

Das ganze Impeachment-Verfahren habe keine rechtsstaatliche Note, es sei in seiner Absicht politisch. Freund begrüßte die ganzen Untersuchungen, sie seien per se richtig und legitim, der Kongress müsste Untersuchungen einleiten, um dem Rechtsstaat Gehör zu verschaffen, sagte der Vizepräsident der deutschen Republikaner. Es werde aber schwierig zu beweisen, ob Donald Trump Druck auf die ukrainische Regierung ausgeübt habe, Ermittlungen in die Wege zu leiten, die Trumps Rivalen Biden schaden könnten.
Ralph Freund, Vizepräsident der Republicans Overseas Germany, zu Gast in der Talkshow von Anne Will im Ersten.
Ralph Freund, Vizepräsident der Republicans Overseas Germany (imago / Jürgen Heinrich)
Am Mittwoch hatte der amerikanische EU-Botschafter Sondland Trump in der öffentlichen Anhörung zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren belastet. Laut seiner Aussage wurde Druck auf die ukrainische Regierung ausgeübt, Ermittlungen in die Wege zu leiten, die Trumps Rivalen Biden schaden könnten.
"Zum Schluss wird nicht viel hängen bleiben", sagte Freund. Die Frage werde sein, ob es erdrückende Beweise gebe, "also etwas schriftliches oder eine mündliche Aussage des Präsidenten". Momentan habe man nur Indizien und widersprüchliche Zeugenaussagen, erklärte Freund.
Freund beurteile den Präsidenten nach seiner Integrität und stehe nach wie vor zu Trump. Zwar würde er sich einen etwas gemäßigteren Ton mit dem politischen Gegner wünschen, so Freund, und einen faireren Umgang, aber er würde Trump auch 2020 bei der US-Wahl seine Stimme geben.

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Philipp May: Das war ein spektakulärer Tag in den Impeachment-Anhörungen im US-Kongress. Gordon Sondland ist eigentlich ein Verbündeter des Präsidenten, ein Großspender im erfolgreichen Wahlkampf 2016. Zum Dank wurde er dann von Trump EU-Botschafter gemacht. Doch nun hat sich Sondland öffentlich gegen Trump gestellt und ihn in der Ukraine-Affäre schwer belastet.
Ja, es hat ein Quid pro quo gegeben, sagt Gordon Sondland, also Leistung nur gegen Gegenleistung, zum persönlichen Vorteil von Donald Trump. Orchestriert sei das Ganze gewesen von Trumps persönlichem Anwalt Rudy Giuliani, auf Wunsch des US-Präsidenten, und alle maßgeblichen Personen in der Regierung hätten das gewusst.
Das Thema vertiefen wir jetzt. Am Telefon ist Ralph Freund, stellvertretender Vorsitzender der Republicans Overseas hier in Deutschland. Schönen guten Morgen, Herr Freund.
Ralph Freund: Guten Morgen!
May: Sehen Sie es auch so wie Ihr Parteifreund Donald Trump und die Republikaner im US-Kongress? Halten Sie diese Impeachment-Voruntersuchung für einen reinen Showcase, eine reine Showveranstaltung der Demokraten?
Freund: Nein, das ist es nicht natürlich. Man muss natürlich sehen, der Kongress muss im Rahmen dieses ganzen Verfahrens Beweismittel sammeln so wie ein Staatsanwalt, ist aber kein Staatsanwalt. Das muss dann später dem Senat vorgelegt werden und der muss entscheiden wie ein Richter. Die sind aber keine Richter.
Das Ganze hat natürlich keine rechtsstaatliche Note. Natürlich ist es rechtsstaatlich in ihrer Handlung, aber in ihrer Absicht natürlich politisch. Und natürlich ist es ein politisches Instrument des Ganzen.
Diese Untersuchungen sind per se richtig, aber es wird auch schwierig zu beweisen sein, ob es eine Rechtsverbindung, ein Junktim zwischen 400 Millionen Dollar gewährter Militärhilfe, die zurückgehalten wurde, und dem Ansinnen, den Dingen um Biden und seinem Sohn in der Ukraine nachzugehen.
Das ist ja erst mal nichts Unanständiges, denn dort möchte man ja eigentlich, dass der Rechtsstaatlichkeit Gehört verschafft wird und man schaut, ist da etwas passiert. Die Frage ist, gibt es ein Junktim. Anscheinend gibt es das nicht schriftlich oder auch mündlich vom Präsidenten persönlich, wie es das bei Nixon seinerzeit gab. Man muss sich hier auf Zeugenaussagen verlassen, die aber im Rahmen der Anhörung auch bei anderen Zeugen, auch beim Vizepräsidenten widersprüchlich waren. Insoweit ist es nicht zu bagatellisieren, aber es ist noch nicht das hervorgekommen, was man sich von demokratischer Seite erhofft hätte.
Donald Trump bei einer Pressekonferenz am 25. Oktober
Impeachment-Verfahren gegen Trump - Amtsenthebung sehr unwahrscheinlich
Das Impeachment-Verfahren gegen den US-Präsident Donald Trump werde bedeutungslos, egal, ob er die Wahl 2020 gewinne oder verliere, kommentiert Christoph von Marschall, ehemaliger US-Korrespondent "Der Tagesspiegel", im Dlf. Es sei vor allem dazu da, die öffentliche Meinung im Wahljahr zu beeinflussen.
"Man ist noch nicht sehr viel weiter gekommen"
May: Okay, verstehe ich. Aber was halten Sie dann konkret von der Strategie Ihrer Parteifreunde, die dem ganzen Verfahren ja die Legitimität absprechen wollen?
Freund: Legitimität kann man dem eigentlich nicht absprechen. Es steht dem Kongress vollkommen frei, mit seiner Mehrheit Untersuchungen zu machen und diese Dinge ans Tageslicht zu bringen, ähnlich wie ein Untersuchungsausschuss.
Das kann man ja erst mal machen. Dass das natürlich im Rahmen des Vorwahlkampfes auch eine politische Note trägt, ich glaube, das weiß jeder. Damit möchte ich die Dinge nicht in Abrede stellen. Nur man ist noch nicht sehr viel weiter gekommen.
May: Das verstehe ich. Aber ich hatte Sie gefragt, was Sie von der Strategie Ihrer Parteifreunde halten, die ja sagen, das ist nicht legitim? Nimmt die Demokratie in den USA, nimmt die Institution dadurch nicht Schaden?
Freund: Das wäre so. Aber Sie sehen, Checks and Balances funktioniert hervorragend. Die Untersuchungen laufen. Insoweit möchte ich mich von den Untersuchungen nicht distanzieren. Ich finde die richtig. Aber ich glaube nicht, dass sie zu einem Ergebnis führen. Trump und auch der Justizminister behindern die Untersuchungen ja in keinster Weise. Die Hearings im Kongress finden ja nun fast wöchentlich statt.
May: Na ja, gut. Sie behindern die Untersuchungen ja schon, indem sie quasi allen Mitarbeitern des Weißen Hauses glasklar untersagt haben, überhaupt auch nur vor dem US-Kongress, vor diesen Impeachment-Anhörungen zu erscheinen. Was ist das anderes als eine Behinderung der Untersuchungen?
Freund: Nun gut. Jeder ist logischerweise für sich selbst verantwortlich. Wenn sie geladen werden vom Kongress, werden sie vereidigt und müssen die Aussage machen. Insoweit ist dieser Hinweis, wenn er denn überhaupt existieren sollte, …
"Es gibt andere Sorgen, die der amerikanische Wähler hat"
May: Der existiert und das ist ja ein ganz glasklarer Interessenskonflikt, der ausgelöst wurde durchs Weiße Haus, durch die Absprache der Legitimität dieser Untersuchung.
Freund: Ich stehe hinter den Untersuchungen. Ich glaube nur, sie werden zu nichts führen. Das ist meine These. Behindert der Präsident die Untersuchungen? Ich kann es mir nicht vorstellen. Wenn jemand vereidigt wird, muss er aussagen. Sonst drohen ihm massive Strafen. Insoweit glaube ich, der Kongress wird sich auch dort Gehör verschaffen, was ja auch passiert faktisch jede Woche.
Das Spannende wird eigentlich eher sein im Rahmen der Untersuchungen, gab es dieses Junktim, diese Rechtsverbindung zwischen Militärhilfe und der Untersuchung gegen die Familie Biden. Ich glaube, da werden wir in den nächsten Wochen noch viel mehr sehen. Ich persönlich übrigens bezweifele, dass das auslangt, dass es dem Senat zum Schluss vorgelegt werden wird.
Jetzt muss man auch die amerikanischen Wähler verstehen. Da ist ein Land, von dem die meisten Amerikaner gar nicht wissen, wo es ist. Da soll der Präsident mit jemandem telefoniert haben. Ich will das nicht bagatellisieren. Ich will Ihnen nur die Wichtigkeit dieses Themas näherbringen. Es gibt andere Sorgen, die der amerikanische Wähler hat. Ich glaube, das wird kein entscheidender Wahlkampfschritt der Demokraten sein.
U.S. Präsident Donald Trump spricht am 4. Oktober zu Journalisten vor dem Weißen Haus.
Transatlantik-Koordinator Beyer - "Wir werden noch eine Politshow ersten Ranges sehen"
In der Ukraine-Affäre werden Zeugen erstmals öffentlich befragt. Bereits im Vorfeld davon spiele hohe Emotionalität eine Rolle, die Donald Trump selbst durch Tweets befeuere, erklärte Peter Beyer (CDU) im Dlf. Am Ende könnte der US-Präsident aus dem Amtsenthebungsverfahren als "strahlender Sieger hervorgehen".
May: Aber jetzt hat Gordon Sondland - wir haben es heute mehrfach schon gehört, in Beiträgen, auch noch mal ganz kurz im O-Ton eingespielt -, ein Verbündeter des Präsidenten, doch dieses Junktim, von dem Sie gerade bestreiten, dass es das gibt, glasklar bestätigt und er hat gesagt, jawohl, es hat dieses Quid pro quo gegeben.
Freund: Frage ist, wie weit kann er das beurteilen. Er ist ja nun selbst kein Politiker. Wie weit kann er beurteilen, ob die Militärhilfe letztendlich nicht doch gegeben werden würde und der Präsident nur ein bisschen mit dem Säbel gerasselt hat, was ja in der Diplomatie nicht ganz ungewöhnlich ist. Zum Schluss wird es darauf ankommen, haben wir einen glasklaren Bruch der Verfassung.
Wir hatten es auch bei Clinton gehabt. Clinton hatte gelogen unter Eid. Auch da ist das Impeachment zum Schluss gescheitert, wie im Übrigen jedes Impeachment bisher in der amerikanischen Geschichte jemals gescheitert ist. Das Entscheidende wird sein, gibt es wirklich belastbare Dinge, oder gibt es nur widersprüchliche Zeugenaussagen, die wir mittlerweile auch gehört haben. Ich verfolge das mit Interesse und bin mir ziemlich sicher, dass zum Schluss nicht viel hängen bleiben wird.
"Das ist noch nicht erdrückend. Es sind nur Indizien"
May: Aber Sie sehen es auch so, dass die Indizienlage am Ende mittlerweile doch schon ganz schön erdrückend ist gegen Donald Trump?
Freund: Erdrückend wäre sie, wenn wir jetzt was Schriftliches hätten, oder wenn wir eine mündliche Aussage des Präsidenten hätten wie bei Nixon, wo er dann gesagt hat, so und so ist das. Das ist eben noch nicht erdrückend. Es sind nur Indizien.
Noch mal: Der Kongress ist kein Staatsanwalt und der Senat ist kein Richter. Die Frage ist am Ende des Tages, was glaubt der amerikanische Wähler. Ich glaube, moralisch möglicherweise hat das Ganze ein Geschmäckle, wie der Deutsche sagt. Juristisch, glaube ich, wird zum Schluss nicht viel übrig bleiben.
May: Was glauben Sie, was hätten die Republikaner beispielsweise vor vier Jahren gemacht, wenn das Gleiche gegen Obama vorgelegen hätte?
Freund: Es gab ja auch bei Obama im Übrigen das eine oder andere, wo man sich überlegt hat, ob man da Verfahren einleiten würde. Natürlich würden die sich der Dinge genau annehmen. Aber noch mal: Das Checks and Balances in Amerika funktioniert hervorragend.
Wir hatten damals eine Mehrheit der Republikaner in beiden Häusern des Kongresses. Danach gab es Zwischenwahlen, die Demokraten haben die Mehrheit im Haus bekommen. Da sieht man, dass danach viele Prozesse anders verlaufen sind. Das amerikanische System funktioniert hervorragend. Ich sehe keine Gefahr für die Demokratie. Ganz im Gegenteil!
Ich finde diesen Diskurs sogar als eine Unterstützung der Demokratie. Ich denke auch, dass die Republikanische Partei auf so etwas angesprungen wäre, wie jede Partei das tun würde. Aber noch mal: Grundsätzlich gilt die Unschuldsvermutung. Wir werden erleben, was dabei rauskommt.
May: Jetzt gibt es ja viele traditionelle Republikaner, Lindsey Graham zum Beispiel, Senator aus South Carolina. Die haben Trump lange massiv kritisiert und jetzt auf einmal stehen die zu Trump wie eine Eins, sind enge Verbündete von Donald Trump. Würden Sie auch sagen, er hat die Republikanische Partei, Ihre Partei fest im Griff, er hat sie gekapert?
Freund: In der Tat, er hat sie erst gebypasst bei der Präsidentschaftswahl. Dann hat man bei der Zwischenwahl gesehen, dass nur solche Kandidaten dann den Senatorensitz gewonnen haben und auch hinzugewonnen haben, die auf der Trump-Linie sind.
Es gibt ja in der Republikanischen Partei drei Strömungen, so nenne ich sie immer: die Trumpisten, wie Sie eben richtigerweise beschrieben haben, dann die GOPs, die Grand Old Partymembers, zu denen ich mich zähle, und dann auch noch die Boston Tea-Party und noch einige andere.
Insoweit haben Sie recht, dass zurzeit die Trumpisten dort das Sagen haben, die eher national schauen, eher auf den Präsidenten schauen, innenpolitisch einen Blick haben. Ich natürlich als Transatlantiker habe eher einen außenpolitischen Blick.
"Ich würde Trump wählen - selbstverständlich"
May: Herr Freund, entschuldigen Sie, wenn ich Sie hier unterbreche, aber wir müssen ein bisschen auf die Zeit schauen. Inwiefern ist das noch Ihre Partei? Macht Sie das zornig? Wann ist der Punkt für Sie gekommen, wo Sie sagen: Schluss!
Freund: Ich beurteile den Präsidenten nach seiner Integrität. Zurzeit liegt mir noch nichts vor. Aber in der Tat: Ich würde mir wünschen einen etwas moderateren Ton im Umgang mit dem politischen Gegner. Auch ich bin eher der Meinung, man sollte an dieser Stelle den politischen Gegner fair behandeln, so wie man auch selbst fair behandelt werden möchte. Insoweit bin ich noch ein Anhänger der alten Republikanischen Partei und würde mir hier einen größeren Diskurs wünschen.
May: Letzte Frage, ganz kurze Antwort: Sie sind kein Amerikaner. Aber wenn Sie den Präsidenten 2020 wählen dürften, wen würden Sie wählen?
Freund: Ich kenne das Alternativangebot noch gar nicht zurzeit.
May: Würden Sie Trump wählen?
Freund: Ich würde Trump wählen – selbstverständlich.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.