Höhn: Guten Morgen Frau Engels.
Engels: Frau Höhn, immer wieder Verdachtsfälle. Kann sich Deutschland noch lange vor der Seuche schützen?
Höhn: Das wissen wir nicht genau, ob die Seuche uns erreicht, und wir tun auch alles, um das zu verhindern. Aber wir müssen auf jeden Fall präpariert sein. Wenn die Seuche hier in Deutschland ist, dann muss jeder wissen, was er zu tun hat. Insofern bereiten wir uns natürlich darauf vor.
Engels: Haben Sie denn Anhaltspunkte dafür, dass die Verdachtsfälle sich häufen könnten?
Höhn: Durch die Tatsache, dass wir einen Maul- und Klauenseuchen-Fall auf dem Kontinent haben, ist die Gefahr, dass es nach Deutschland kommt, natürlich erheblich größer geworden. Es gibt auch viele Experten, die davon ausgehen, dass es weitere Fälle in Frankreich geben wird. Von daher sind das natürlich Anhaltspunkte, dass auch wir, wenn wir Pech haben, nicht unverschont bleiben.
Engels: Sie sind in Nordrhein-Westfalen vorangeschritten mit rigiden Absperrungen und Transportverboten. Jetzt fordern Sie auch - gestern war es zu hören -, dass die Ende des Monats geplanten Castor-Transporte aus Frankreich zu stoppen sein sollten, weil über sie der Virus eingeschleppt werden könnte. Ist das nicht etwas übertrieben?
Höhn: Das ist finde ich nicht übertrieben. Es gibt zwei Punkte, die man dabei bedenken muss. Der erste Punkt, dass La Hague wirklich in dieser Region liegt, in der der Maul- und Klauenseuchen-Betrieb ist. Wenn Sie sehen, welche Restriktionen mittlerweile eben auch dort in diesem Bereich gelten, muss man jede Bewegung untersuchen und minimieren. Wir gucken ja auch bei den Zügen, die aus Frankreich kommen. Wir gucken bei den Personentransporten, die aus Frankreich kommen, ob sie über Autos oder auch Flugzeuge stattfinden. Der Castor-Transport ist kein normaler Zug, sondern ist mit sehr großer Begleitung verbunden. Das Risiko, dass sich das Virus darüber verbreiten kann, ist erheblich höher als bei einem normalen Zug. Das muss man bedenken. Der zweite Punkt ist: Wenn die Maul- und Klauenseuche hier bei uns ist, dann bedeutet das einen unheimlichen Aufwand auch für die Polizei. Das haben wir ja alles mit denen schon überprüft. Da sagen die heute schon, sie wissen nicht, ob sie das leisten können. Es gibt ja jetzt schon, wo wir die Maul- und Klauenseuche noch gar nicht haben, Stimmen die sagen, wir müssten dann den Grenzschutz und die Soldaten einsetzen. In einer solchen Situation legt man fest, dass über den Castor-Transport ein großer Teil von Polizei gebunden ist. Damals ist der Castor-Transport verschoben worden, weil gleichzeitig die Expo stattfand. Was machen wir, wenn jetzt der Castor-Transport stattfindet, die Polizei gebunden ist, die Maul- und Klauenseuche gleichzeitig ausbricht und wir überhaupt gar keine Möglichkeit haben, genug Polizisten beieinander zu haben, um dann die Restriktionen, die wir dann erlassen müssen, zu kontrollieren. Insofern müssen diese zwei Punkte geprüft werden und daraus müssen gegebenenfalls auch Konsequenzen gezogen werden.
Engels: Skeptiker könnten Ihnen entgegen halten, dass sich mit einem Stopp der Castor-Transporte ein innenpolitisches Problem der Grünen ganz elegant lösen ließe?
Höhn: Nein, das ist jetzt nicht die Intention, sondern der entscheidende Punkt ist: Wenn wir darüber reden, wenn Schülergruppen momentan vor haben, nach Nordrhein-Westfalen zu kommen, und wir reden mit denen und überlegen, ob sie das vielleicht um ein paar Monate verschieben können, auch weil die Bauern bei uns natürlich auch beunruhigt sind und weil jeder versuchen muss, alles zu tun, um das Einschleppen dieser Seuche zu verhindern, dann ist es glaube ich ganz normal, dass wir genauso überlegen, was ist mit dem Castor-Transport. Das ist sogar auch unsere Aufgabe.
Engels: Stichwort "alle Möglichkeiten ergreifen, um das Übergreifen zu verhindern". Bauernpräsident Sonnleitner hat gestern zu vorsorglichen Impfungen der Tiere aufgefordert. Auch die deutschen Tierärzte fordern unterdessen die Impfung. Können Sie dem zustimmen?
Höhn: Es gibt ja viele Sachen zu bedenken. Ich glaube, dass wir bei den Impfungen noch einmal nachdenken müssen, ob all das, was die EU in den letzten Jahren auch bei der Maul- und Klauenseuche gemacht hat, richtig war. Die Frage ist: sind Impfungen zum jetzigen Zeitpunkt angebracht. Darüber haben wir uns sehr lange mit den Experten unterhalten und da bin ich mir irgendwie noch nicht ganz sicher, und zwar aus folgenden Gründen: Wenn wir jetzt Tiere impfen und gleichzeitig kommt die Maul- und Klauenseuche und erfasst Tiere, dann kann man diese beiden verschiedenen Sorten von Tieren nicht mehr unterscheiden. Man kann nicht geimpfte Tiere von denen unterscheiden, die sich eben über einen akuten Fall infiziert haben. Das heißt wir werden ganz große Probleme bekommen, auch die neuen Herde zu identifizieren, und damit, eine mögliche Ausbreitung der Seuche in den Griff zu bekommen. Deshalb ist das ein sehr komplexes Thema, ob man zum jetzigen Zeitpunkt und wenn in welcher Form impft. Aber wir überlegen natürlich, wenn die Maul- und Klauenseuche hier sein sollte, dass wir dann Ringimpfungen machen um die betroffenen Betriebe, damit sich das Virus sozusagen über diesen Ring hinaus nicht mehr verbreiten kann und damit man das Virus auch eingedämmt hat. Insofern müssen wir über die gesamten Impfungen noch mal neu nachdenken, in welcher Form und wie wir die Impfungen einsetzen. Das ist aber sehr kompliziert.
Engels: In anderen Ländern, beispielsweise in Asien, wird nicht so rigide gegen die Maul- und Klauenseuche vorgegangen. Dort treten auch immer wieder Fälle auf. Übertreiben hier in Deutschland die Behörden vielleicht die Maßnahmen?
Höhn: Der entscheidende Punkt ist, dass sich durch die vielen Viehtransporte, die ja auch etwas mit der Spezialisierung der Landwirtschaft zu tun haben, das Virus blitzschnell überall ausbreiten kann. Das haben wir ja auch erlebt. Deshalb kann man eben nicht mehr so vorgehen wie früher, als bäuerliche Produkte sehr viel stärker regional vertrieben wurden und regionale Wirtschaft betrieben wurde. Da war das ja immer auf diese Region begrenzt. Somit war auch ein solches Vorgehen durchaus sinnvoll, dass man gesagt hat, das Maul- und Klauenseuchen-Virus kommt, bestimmte Tiere werden dabei sogar auch sterben, aber andere werden immun sein und danach hat uns die Seuche wieder verlassen. Das kann man deshalb schlecht machen, weil sich die Seuche so schnell über die Transporte überall hin ausdehnt.
Engels: Kommen wir noch zu einem anderen Thema: zum Thema BSE. Heute wird der Eu-Verwaltungsausschuss in Brüssel noch einmal über das von Agrarkommissar Fischler geplante Aufkaufprogramm von rund 1,2 Millionen Rindern beraten. Es könnte nur noch gestoppt werden, wenn eine qualifizierte EU-Mehrheit dagegen stimmen würde. Das wird allerdings nicht vermutet. Verbraucherministerin Künast war immer gegen dieses Programm, denn sie argumentiert, es sei dem Verbraucher nicht zu vermitteln, Rindfleisch nur zu vernichten, um den Preis zu stützen. Sie dagegen hatten Verständnis für Fischlers Vorhaben geäußert. Ist das nach wie vor so?
Höhn: Nein. Die Position von Renate Künast ist auch meine. Sie sagt, es ist hier nicht zu vermitteln, dass wir mit Geld der EU erst die Tiere mästen, danach mit Geld der EU die Tiere töten und danach mit Geld der EU die Tiere vernichten, oder auch mit unseren Steuergeldern. Das ist ja immer dasselbe an diesem Punkt. Da habe ich genau dieselbe Position wie Renate Künast. Es gibt eine etwas leichte Verbesserung, die Herr Fischler in dieser zweiten Aufkaufaktion vorgeschlagen hat, dass man nämlich den Ländern freistellt, entweder das Fleisch zu vernichten oder das Fleisch einzulagern. Da würden wir mit dem zweiten Weg darum herum kommen, diese ethisch-moralische Frage, dass wir Fleisch, was sich durch nichts von dem unterscheidet, was wir selber auch essen, vernichten müssen. Da hätten wir eine Lösung. Aber dass Renate Künast das problematisiert, dass sie das auch versucht, mit der ganzen Tragweite auf EU-Ebene stärker ins Blickfeld zu rücken, das ist genau richtig.
Engels: Experten vermuten allerdings, dass auch wenn das Programm jetzt beschlossen wird Deutschland schon aus finanziellen Gründen kaum um das Verbrennen herum kommen wird. Sehen Sie das anders?
Höhn: In Großbritannien ist es ja so, dass aufgrund der Maul- und Klauenseuche teilweise sogar Fleisch knapp wird. Es gibt ja mittlerweile auch Leute, die das diskutieren, wenn die Maul- und Klauenseuche auch hier in stärkerer Form ausbrechen sollte. Insofern muss man vielleicht auch in dem Zusammenhang überlegen, wie weit wir diesen Beschluss der Aufkaufaktion hier nicht revidieren müssten.
Engels: Sollte dann, wenn ich Sie richtig verstehe, die Brüsseler Entscheidung erst noch ausgesetzt werden, ob sich vielleicht das "Problem" durch das Auftreten der Maul- und Klauenseuche von selbst erledigt?
Höhn: Das ist auf jeden Fall etwas, was in den letzten Tagen wieder spruchreif geworden ist, was auch diskutiert wird. Deshalb muss man darüber glaube ich auch nachdenken.
Engels: Welche weiteren Schritte würden Sie vorschlagen, wenn dieses Programm jetzt beschlossen wird? Wird dieses Programm dann sofort in Deutschland im Sommer eingeleitet werden?
Höhn: Ich denke es gibt viele Möglichkeiten, die auch die Bundesregierung geprüft hat. Wir haben ja auch geprüft, ob man Fleisch nach Nordkorea bringen kann. Insofern bin ich immer noch der Meinung, man muss alle Möglichkeiten nutzen, damit verhindert wird, dass dieses Fleisch wirklich verbrannt wird. Ich weiß, dass Renate Künast das auch für sehr wichtig hält und dort auch ihre ganze Energie einsetzen wird.
Engels: Vielen Dank! - Das war Bärbel Höhn. Sie ist die NRW-Umwelt- und Agrarministerin.
Link: Interview als RealAudio
Engels: Frau Höhn, immer wieder Verdachtsfälle. Kann sich Deutschland noch lange vor der Seuche schützen?
Höhn: Das wissen wir nicht genau, ob die Seuche uns erreicht, und wir tun auch alles, um das zu verhindern. Aber wir müssen auf jeden Fall präpariert sein. Wenn die Seuche hier in Deutschland ist, dann muss jeder wissen, was er zu tun hat. Insofern bereiten wir uns natürlich darauf vor.
Engels: Haben Sie denn Anhaltspunkte dafür, dass die Verdachtsfälle sich häufen könnten?
Höhn: Durch die Tatsache, dass wir einen Maul- und Klauenseuchen-Fall auf dem Kontinent haben, ist die Gefahr, dass es nach Deutschland kommt, natürlich erheblich größer geworden. Es gibt auch viele Experten, die davon ausgehen, dass es weitere Fälle in Frankreich geben wird. Von daher sind das natürlich Anhaltspunkte, dass auch wir, wenn wir Pech haben, nicht unverschont bleiben.
Engels: Sie sind in Nordrhein-Westfalen vorangeschritten mit rigiden Absperrungen und Transportverboten. Jetzt fordern Sie auch - gestern war es zu hören -, dass die Ende des Monats geplanten Castor-Transporte aus Frankreich zu stoppen sein sollten, weil über sie der Virus eingeschleppt werden könnte. Ist das nicht etwas übertrieben?
Höhn: Das ist finde ich nicht übertrieben. Es gibt zwei Punkte, die man dabei bedenken muss. Der erste Punkt, dass La Hague wirklich in dieser Region liegt, in der der Maul- und Klauenseuchen-Betrieb ist. Wenn Sie sehen, welche Restriktionen mittlerweile eben auch dort in diesem Bereich gelten, muss man jede Bewegung untersuchen und minimieren. Wir gucken ja auch bei den Zügen, die aus Frankreich kommen. Wir gucken bei den Personentransporten, die aus Frankreich kommen, ob sie über Autos oder auch Flugzeuge stattfinden. Der Castor-Transport ist kein normaler Zug, sondern ist mit sehr großer Begleitung verbunden. Das Risiko, dass sich das Virus darüber verbreiten kann, ist erheblich höher als bei einem normalen Zug. Das muss man bedenken. Der zweite Punkt ist: Wenn die Maul- und Klauenseuche hier bei uns ist, dann bedeutet das einen unheimlichen Aufwand auch für die Polizei. Das haben wir ja alles mit denen schon überprüft. Da sagen die heute schon, sie wissen nicht, ob sie das leisten können. Es gibt ja jetzt schon, wo wir die Maul- und Klauenseuche noch gar nicht haben, Stimmen die sagen, wir müssten dann den Grenzschutz und die Soldaten einsetzen. In einer solchen Situation legt man fest, dass über den Castor-Transport ein großer Teil von Polizei gebunden ist. Damals ist der Castor-Transport verschoben worden, weil gleichzeitig die Expo stattfand. Was machen wir, wenn jetzt der Castor-Transport stattfindet, die Polizei gebunden ist, die Maul- und Klauenseuche gleichzeitig ausbricht und wir überhaupt gar keine Möglichkeit haben, genug Polizisten beieinander zu haben, um dann die Restriktionen, die wir dann erlassen müssen, zu kontrollieren. Insofern müssen diese zwei Punkte geprüft werden und daraus müssen gegebenenfalls auch Konsequenzen gezogen werden.
Engels: Skeptiker könnten Ihnen entgegen halten, dass sich mit einem Stopp der Castor-Transporte ein innenpolitisches Problem der Grünen ganz elegant lösen ließe?
Höhn: Nein, das ist jetzt nicht die Intention, sondern der entscheidende Punkt ist: Wenn wir darüber reden, wenn Schülergruppen momentan vor haben, nach Nordrhein-Westfalen zu kommen, und wir reden mit denen und überlegen, ob sie das vielleicht um ein paar Monate verschieben können, auch weil die Bauern bei uns natürlich auch beunruhigt sind und weil jeder versuchen muss, alles zu tun, um das Einschleppen dieser Seuche zu verhindern, dann ist es glaube ich ganz normal, dass wir genauso überlegen, was ist mit dem Castor-Transport. Das ist sogar auch unsere Aufgabe.
Engels: Stichwort "alle Möglichkeiten ergreifen, um das Übergreifen zu verhindern". Bauernpräsident Sonnleitner hat gestern zu vorsorglichen Impfungen der Tiere aufgefordert. Auch die deutschen Tierärzte fordern unterdessen die Impfung. Können Sie dem zustimmen?
Höhn: Es gibt ja viele Sachen zu bedenken. Ich glaube, dass wir bei den Impfungen noch einmal nachdenken müssen, ob all das, was die EU in den letzten Jahren auch bei der Maul- und Klauenseuche gemacht hat, richtig war. Die Frage ist: sind Impfungen zum jetzigen Zeitpunkt angebracht. Darüber haben wir uns sehr lange mit den Experten unterhalten und da bin ich mir irgendwie noch nicht ganz sicher, und zwar aus folgenden Gründen: Wenn wir jetzt Tiere impfen und gleichzeitig kommt die Maul- und Klauenseuche und erfasst Tiere, dann kann man diese beiden verschiedenen Sorten von Tieren nicht mehr unterscheiden. Man kann nicht geimpfte Tiere von denen unterscheiden, die sich eben über einen akuten Fall infiziert haben. Das heißt wir werden ganz große Probleme bekommen, auch die neuen Herde zu identifizieren, und damit, eine mögliche Ausbreitung der Seuche in den Griff zu bekommen. Deshalb ist das ein sehr komplexes Thema, ob man zum jetzigen Zeitpunkt und wenn in welcher Form impft. Aber wir überlegen natürlich, wenn die Maul- und Klauenseuche hier sein sollte, dass wir dann Ringimpfungen machen um die betroffenen Betriebe, damit sich das Virus sozusagen über diesen Ring hinaus nicht mehr verbreiten kann und damit man das Virus auch eingedämmt hat. Insofern müssen wir über die gesamten Impfungen noch mal neu nachdenken, in welcher Form und wie wir die Impfungen einsetzen. Das ist aber sehr kompliziert.
Engels: In anderen Ländern, beispielsweise in Asien, wird nicht so rigide gegen die Maul- und Klauenseuche vorgegangen. Dort treten auch immer wieder Fälle auf. Übertreiben hier in Deutschland die Behörden vielleicht die Maßnahmen?
Höhn: Der entscheidende Punkt ist, dass sich durch die vielen Viehtransporte, die ja auch etwas mit der Spezialisierung der Landwirtschaft zu tun haben, das Virus blitzschnell überall ausbreiten kann. Das haben wir ja auch erlebt. Deshalb kann man eben nicht mehr so vorgehen wie früher, als bäuerliche Produkte sehr viel stärker regional vertrieben wurden und regionale Wirtschaft betrieben wurde. Da war das ja immer auf diese Region begrenzt. Somit war auch ein solches Vorgehen durchaus sinnvoll, dass man gesagt hat, das Maul- und Klauenseuchen-Virus kommt, bestimmte Tiere werden dabei sogar auch sterben, aber andere werden immun sein und danach hat uns die Seuche wieder verlassen. Das kann man deshalb schlecht machen, weil sich die Seuche so schnell über die Transporte überall hin ausdehnt.
Engels: Kommen wir noch zu einem anderen Thema: zum Thema BSE. Heute wird der Eu-Verwaltungsausschuss in Brüssel noch einmal über das von Agrarkommissar Fischler geplante Aufkaufprogramm von rund 1,2 Millionen Rindern beraten. Es könnte nur noch gestoppt werden, wenn eine qualifizierte EU-Mehrheit dagegen stimmen würde. Das wird allerdings nicht vermutet. Verbraucherministerin Künast war immer gegen dieses Programm, denn sie argumentiert, es sei dem Verbraucher nicht zu vermitteln, Rindfleisch nur zu vernichten, um den Preis zu stützen. Sie dagegen hatten Verständnis für Fischlers Vorhaben geäußert. Ist das nach wie vor so?
Höhn: Nein. Die Position von Renate Künast ist auch meine. Sie sagt, es ist hier nicht zu vermitteln, dass wir mit Geld der EU erst die Tiere mästen, danach mit Geld der EU die Tiere töten und danach mit Geld der EU die Tiere vernichten, oder auch mit unseren Steuergeldern. Das ist ja immer dasselbe an diesem Punkt. Da habe ich genau dieselbe Position wie Renate Künast. Es gibt eine etwas leichte Verbesserung, die Herr Fischler in dieser zweiten Aufkaufaktion vorgeschlagen hat, dass man nämlich den Ländern freistellt, entweder das Fleisch zu vernichten oder das Fleisch einzulagern. Da würden wir mit dem zweiten Weg darum herum kommen, diese ethisch-moralische Frage, dass wir Fleisch, was sich durch nichts von dem unterscheidet, was wir selber auch essen, vernichten müssen. Da hätten wir eine Lösung. Aber dass Renate Künast das problematisiert, dass sie das auch versucht, mit der ganzen Tragweite auf EU-Ebene stärker ins Blickfeld zu rücken, das ist genau richtig.
Engels: Experten vermuten allerdings, dass auch wenn das Programm jetzt beschlossen wird Deutschland schon aus finanziellen Gründen kaum um das Verbrennen herum kommen wird. Sehen Sie das anders?
Höhn: In Großbritannien ist es ja so, dass aufgrund der Maul- und Klauenseuche teilweise sogar Fleisch knapp wird. Es gibt ja mittlerweile auch Leute, die das diskutieren, wenn die Maul- und Klauenseuche auch hier in stärkerer Form ausbrechen sollte. Insofern muss man vielleicht auch in dem Zusammenhang überlegen, wie weit wir diesen Beschluss der Aufkaufaktion hier nicht revidieren müssten.
Engels: Sollte dann, wenn ich Sie richtig verstehe, die Brüsseler Entscheidung erst noch ausgesetzt werden, ob sich vielleicht das "Problem" durch das Auftreten der Maul- und Klauenseuche von selbst erledigt?
Höhn: Das ist auf jeden Fall etwas, was in den letzten Tagen wieder spruchreif geworden ist, was auch diskutiert wird. Deshalb muss man darüber glaube ich auch nachdenken.
Engels: Welche weiteren Schritte würden Sie vorschlagen, wenn dieses Programm jetzt beschlossen wird? Wird dieses Programm dann sofort in Deutschland im Sommer eingeleitet werden?
Höhn: Ich denke es gibt viele Möglichkeiten, die auch die Bundesregierung geprüft hat. Wir haben ja auch geprüft, ob man Fleisch nach Nordkorea bringen kann. Insofern bin ich immer noch der Meinung, man muss alle Möglichkeiten nutzen, damit verhindert wird, dass dieses Fleisch wirklich verbrannt wird. Ich weiß, dass Renate Künast das auch für sehr wichtig hält und dort auch ihre ganze Energie einsetzen wird.
Engels: Vielen Dank! - Das war Bärbel Höhn. Sie ist die NRW-Umwelt- und Agrarministerin.
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