Gerd Breker: Wenige Wochen vor der auch bundespolitisch wichtigen Landtagswahl in Niedersachsen kämpft die Piratenpartei mit internen Querelen und sinkendem Wählerinteresse. Parteichef Bernd Schlömer rief die Mitglieder am Wochenende deshalb eindringlich zu mehr Geschlossenheit auf. Heftig in der Kritik steht unter anderem Bundesgeschäftsführer Johannes Ponader.
Am Freitag hatten Piraten-Vorstandsmitglied Julia Schramm wegen Streitigkeiten in der Parteispitze ihren Rücktritt erklärt und ihr Kollege Matthias Schrade hat ebenfalls seinen Rückzug aus der Politik angekündigt.
Am Telefon sind wir verbunden mit Christoph Bieber, er ist Politologe in Duisburg und einer der Herausgeber eines Buches über die Piratenpartei. Guten Tag, Herr Bieber!
Christoph Bieber: Schönen guten Tag.
Breker: Aufregung in und über die Piratenpartei ist doch eigentlich völlig übertrieben. Es sind ganz normale Kinderkrankheiten auf dem Weg zur Parteiwerdung, oder?
Bieber: Na ja, ob es ganz normale Kinderkrankheiten sind, darüber könnte man wahrscheinlich diskutieren. Aber richtig ist sicher, dass sich hier nun eine Diskussion Bahn bricht, die eigentlich schon vor Monaten hätte auf den Tisch kommen können, nämlich eben die Frage, wie organisiert man eine solche Partei – eher so, wie man das von den etablierten Akteuren her kennt, nämlich mit hierarchischen Strukturen, oder, so wie das die Piraten eigentlich bisher immer betont haben, ohne diese Hierarchisierung. Und es scheint so, als wäre das nun ein sehr deutlicher Fingerzeig in eine der beiden Richtungen.
Breker: Das Internet, was ja eigentlich für die Piraten sehr wichtig ist, für ihre Arbeit, für ihren Zusammenhalt, ist auf der anderen Seite auch gleichzeitig ihr größtes Problem offenbar.
Bieber: Ich weiß gar nicht, ob man das so präzise sagen kann, obwohl präzise ist es natürlich nicht zu sagen, das Internet ist an allem schuld. Ich glaube schon, dass sicher eine Rolle spielt der Grad der Transparenz, mit dem die Piraten hier Dinge diskutieren und die von außen einsehbar sind über das Netz, was sicher ein großer Unterschied ist zu den anderen Parteien, aber eben auch die Folgen, die das hat mit Blick auf die mediale Debatte.
Insofern würde ich fast eher sagen, diese Ankunft in der klassischen Medienöffentlichkeit und die von den etablierten Medien auch immer und immer wieder zu beobachtende Herauf- und Herunterschreibe der Piraten trägt sicherlich dazu bei, dass dieser Konflikt auch intern vielleicht als größer wahrgenommen wird, als er faktisch vielleicht tatsächlich ist.
Breker: Allerdings ist es so, in den Augen der Wähler – und darauf müssen ja auch die Piraten als Partei schielen – ist Streit nicht gut, kommt nicht gut an, und durchs Internet ist dieser Streit deutlich sichtbar und wahrscheinlich auch, weil halbwegs anonym, auch vielleicht kräftiger als bei anderen Parteien.
Bieber: Auch da käme es auf eine genauere Prüfung an. Aber noch mal zu dem Punkt, den Sie zumindest versteckt angedeutet haben, die Wähler mögen keinen Streit. Das könnte man aus Perspektive der Piraten auch genau ins Positive wenden, denn dann besser jetzt streiten als vier oder sechs Wochen vor der Wahl.
Was wir in den Medienberichten vor allen Dingen sehen – und das ist ein großer Unterschied noch mal, ob das in den Medien passiert, oder ob es tatsächlich ein Thema innerhalb der Debatten der Piraten ist -, dort haben wir jetzt die Skala eigentlich erweitert von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt. Das lässt sich natürlich sehr gut positionieren in den Berichten über die Piraten.
Allein: Es ist am Wochenende keine Wahl. Diese Diskussion um den Absturz in den Umfragewerten ist aus einer Perspektive der Kampagnenführung für die Piraten relativ irrelevant, und darauf muss man, denke ich schon, immer noch mal hinweisen, denn in vielen öffentlichen Diskussionen über diesen sogenannten Absturz werden die Piraten eigentlich eher als eine schon arrivierte Partei dargestellt, so als hätten sie irgendeinen Wert zwischen 10 und 15 Prozent nicht in den Umfragen, sondern in den Wahlen erreicht.
Das ist aber in keiner Weise der Fall. Die Piraten sind in vier Länderparlamenten, davon zwei sehr kleinen, vertreten und dort machen sie ja ihre Arbeit. Danach fragt im Moment eigentlich niemand, sondern es geht tatsächlich um dieses Ansehen in den nationalen Umfragen, die aber ein Jahr vor der Wahl ein relativ wertloses Muster sind.
Breker: Herr Bieber, gehen wir noch mal zu den Ursprüngen dieser Partei. Sie ist ja im Grunde entstanden, weil eine Menge Menschen mit den etablierten Parteien unzufrieden war. Also in gewisser Weise auch ein Sammelbecken von Protestierern, von Protestlern. Ist vielleicht die Versammlung der Versammelten ein Teil des Problems?
Bieber: Also, diese Diagnose der Piratenpartei als Protestpartei ist wohl gültig für den Zeitraum um 2009, wo sie auch nicht entstanden ist, sondern nur angewachsen ist auf diese kleine Mitgliederparteien-Struktur, die sie ist, und hat sich seitdem aber entwickelt zu einer Partei, die eben mehr möchte, als nur entlang eines speziellen Themas den etablierten Parteien eine Alternative entgegenzuhalten, sondern sie arbeitet ja schon daran, tatsächlich mehrere, wenn nicht alle Politikbereiche abzudecken. Das gelingt manchmal besser, manchmal schlechter.
Wir sehen gerade auch jetzt in der an Personen sich entzündenden Debatte um das Grundeinkommen, dass die Piraten offensichtlich doch auch im Bereich der Sozialpolitik etwas zu sagen haben, oder zu sagen haben wollen, und eben nicht mehr nur die Partei ist, die aus dem Internet kommt und für die Themen, die damit verbunden sind, zuständig ist. Insofern haben wir seit 2009 eine Ausweitung dieser Partei beobachten können, in personeller Hinsicht, aber eben auch in inhaltlicher Hinsicht. Und dass das nicht immer alles glatt läuft, das wissen auch andere relativ junge Parteien wie etwa die Grünen nur zu gut.
Noch mal: Ganz wichtig ist, tatsächlich einzuordnen, auf welcher organisatorischen Ebene dieser Konflikt stattfindet. Es sind zwei Mitglieder des Vorstands zurückgetreten, aber das ist eben etwas anderes, ob das Mitglieder des Vorstands der Piratenpartei tun, die ehrenamtlich tätig sind, wie wir das auch im Bericht gerade gehört haben, oder ob das Mitglieder sind, die die klassische Vorstandsarbeit der etablierten Parteien machen und damit nun wirklich zentral dafür verantwortlich sind, wohin sich eine Partei entwickelt. Und das ist beim Vorstand der Piraten nicht der Fall. Hierüber muss sich die Partei klar werden, wie man das organisieren möchte in Zukunft, und dann kann man aus dieser Krise durchaus auch was Positives gewinnen.
Breker: Ein anderer Politikstil wurde angestrebt, wurde propagiert, man wolle ihn ausüben. Aber unser politisches System steht offenbar dagegen. Am Ende ist es genau so wie bei anderen: Der Streit wird persönlich, der Streit wird hart und die Konsequenzen werden gezogen, man tritt zurück, man hat keine Lust mehr.
Bieber: Na ja, aber wie gesagt: Ich hatte darauf hingewiesen. Es macht einen Unterschied, ob das ein Vorstand nach der Marke der alten Parteien ist oder ob es eben ehrenamtliche Vertreter sind, die in dieser Situation so nicht arbeiten können. An der Stelle ist die Frage noch nicht geklärt, ob es genauso wird wie bei den etablierten Parteien: Das hieße ein Delegiertensystem über die Landesebene in Richtung des Bundes, das hieße tatsächlich ein professioneller Vorstand mit Politikern, die dann auch über einen langen Zeitraum gewählt werden und tatsächlich dann für die großen strategischen Linien verantwortlich sind und sie dann auch tatsächlich prominent vertreten.
Das alles ist im Moment bei den Piraten an der Stelle nicht zu sehen, und wenn man sich nun die Arbeit in den Länderparlamenten anschaut, muss man sagen, da funktioniert es doch eigentlich ganz gut. Zumindest hört man von dort relativ wenig, was doch eher darauf hindeutet, dass man doch tatsächlich arbeiten kann und auch dazu in der Lage ist, ja parlamentarisch zu wirken – und sei es eben auch nur als kleine Oppositionspartei. Wohin sich das entwickelt, das ist offen, das werden wir sehen. Es ist klar, dass jetzt hier eine neue Stufe erreicht ist und dass die Piraten hier für Klärung sorgen müssen. Aber wir wissen noch nicht, in welche Richtung diese Klärung ausfallen wird.
Breker: Vielleicht noch ganz kurz zum Schluss, Herr Bieber. Kann es gut sein, dass die Piratenpartei ein vergängliches Phänomen sein wird?
Bieber: Das kann sehr gut sein und das sagen die Piraten ja durchaus auch von sich selbst. Sie sind angetreten, bestimmte Themen und andere auch Prozesse und Arbeitsformen in die Politik hineinzubringen, und man sieht ja an den Reaktionen der anderen Parteien, sei es jetzt thematisch mit Blick auf Netzpolitik, oder auch formal in Richtung der Liquid Democraty, die eben auch bei anderen Parteien auf einmal ein Thema ist, dass da ein Transfer stattfindet. Und wenn der so großflächig passiert, dass tatsächlich diese neue Haltung oder neue Perspektive auf Politik auch in anderen Parteiformationen einen Platz hat, dann kann das in der Tat der Fall sein. Aber wir sind bei den Piraten wirklich erst noch am Anfang und da müssen wir noch ein Weilchen warten.
Breker: Die Einschätzung von Christoph Bieber. Er ist Politologe in Duisburg und einer der Herausgeber eines Buches über die Piraten. Herr Bieber, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
Bieber: Bitte schön.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Buchinfos:
Christoph Bieber, Claus Leggewie (Hg.): Unter Piraten. Erkundungen in einer neuen politischen Arena, transkript-Verlag, ISBN: 978-3-8376-2071-9, Preis: 19,80 Euro
Am Freitag hatten Piraten-Vorstandsmitglied Julia Schramm wegen Streitigkeiten in der Parteispitze ihren Rücktritt erklärt und ihr Kollege Matthias Schrade hat ebenfalls seinen Rückzug aus der Politik angekündigt.
Am Telefon sind wir verbunden mit Christoph Bieber, er ist Politologe in Duisburg und einer der Herausgeber eines Buches über die Piratenpartei. Guten Tag, Herr Bieber!
Christoph Bieber: Schönen guten Tag.
Breker: Aufregung in und über die Piratenpartei ist doch eigentlich völlig übertrieben. Es sind ganz normale Kinderkrankheiten auf dem Weg zur Parteiwerdung, oder?
Bieber: Na ja, ob es ganz normale Kinderkrankheiten sind, darüber könnte man wahrscheinlich diskutieren. Aber richtig ist sicher, dass sich hier nun eine Diskussion Bahn bricht, die eigentlich schon vor Monaten hätte auf den Tisch kommen können, nämlich eben die Frage, wie organisiert man eine solche Partei – eher so, wie man das von den etablierten Akteuren her kennt, nämlich mit hierarchischen Strukturen, oder, so wie das die Piraten eigentlich bisher immer betont haben, ohne diese Hierarchisierung. Und es scheint so, als wäre das nun ein sehr deutlicher Fingerzeig in eine der beiden Richtungen.
Breker: Das Internet, was ja eigentlich für die Piraten sehr wichtig ist, für ihre Arbeit, für ihren Zusammenhalt, ist auf der anderen Seite auch gleichzeitig ihr größtes Problem offenbar.
Bieber: Ich weiß gar nicht, ob man das so präzise sagen kann, obwohl präzise ist es natürlich nicht zu sagen, das Internet ist an allem schuld. Ich glaube schon, dass sicher eine Rolle spielt der Grad der Transparenz, mit dem die Piraten hier Dinge diskutieren und die von außen einsehbar sind über das Netz, was sicher ein großer Unterschied ist zu den anderen Parteien, aber eben auch die Folgen, die das hat mit Blick auf die mediale Debatte.
Insofern würde ich fast eher sagen, diese Ankunft in der klassischen Medienöffentlichkeit und die von den etablierten Medien auch immer und immer wieder zu beobachtende Herauf- und Herunterschreibe der Piraten trägt sicherlich dazu bei, dass dieser Konflikt auch intern vielleicht als größer wahrgenommen wird, als er faktisch vielleicht tatsächlich ist.
Breker: Allerdings ist es so, in den Augen der Wähler – und darauf müssen ja auch die Piraten als Partei schielen – ist Streit nicht gut, kommt nicht gut an, und durchs Internet ist dieser Streit deutlich sichtbar und wahrscheinlich auch, weil halbwegs anonym, auch vielleicht kräftiger als bei anderen Parteien.
Bieber: Auch da käme es auf eine genauere Prüfung an. Aber noch mal zu dem Punkt, den Sie zumindest versteckt angedeutet haben, die Wähler mögen keinen Streit. Das könnte man aus Perspektive der Piraten auch genau ins Positive wenden, denn dann besser jetzt streiten als vier oder sechs Wochen vor der Wahl.
Was wir in den Medienberichten vor allen Dingen sehen – und das ist ein großer Unterschied noch mal, ob das in den Medien passiert, oder ob es tatsächlich ein Thema innerhalb der Debatten der Piraten ist -, dort haben wir jetzt die Skala eigentlich erweitert von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt. Das lässt sich natürlich sehr gut positionieren in den Berichten über die Piraten.
Allein: Es ist am Wochenende keine Wahl. Diese Diskussion um den Absturz in den Umfragewerten ist aus einer Perspektive der Kampagnenführung für die Piraten relativ irrelevant, und darauf muss man, denke ich schon, immer noch mal hinweisen, denn in vielen öffentlichen Diskussionen über diesen sogenannten Absturz werden die Piraten eigentlich eher als eine schon arrivierte Partei dargestellt, so als hätten sie irgendeinen Wert zwischen 10 und 15 Prozent nicht in den Umfragen, sondern in den Wahlen erreicht.
Das ist aber in keiner Weise der Fall. Die Piraten sind in vier Länderparlamenten, davon zwei sehr kleinen, vertreten und dort machen sie ja ihre Arbeit. Danach fragt im Moment eigentlich niemand, sondern es geht tatsächlich um dieses Ansehen in den nationalen Umfragen, die aber ein Jahr vor der Wahl ein relativ wertloses Muster sind.
Breker: Herr Bieber, gehen wir noch mal zu den Ursprüngen dieser Partei. Sie ist ja im Grunde entstanden, weil eine Menge Menschen mit den etablierten Parteien unzufrieden war. Also in gewisser Weise auch ein Sammelbecken von Protestierern, von Protestlern. Ist vielleicht die Versammlung der Versammelten ein Teil des Problems?
Bieber: Also, diese Diagnose der Piratenpartei als Protestpartei ist wohl gültig für den Zeitraum um 2009, wo sie auch nicht entstanden ist, sondern nur angewachsen ist auf diese kleine Mitgliederparteien-Struktur, die sie ist, und hat sich seitdem aber entwickelt zu einer Partei, die eben mehr möchte, als nur entlang eines speziellen Themas den etablierten Parteien eine Alternative entgegenzuhalten, sondern sie arbeitet ja schon daran, tatsächlich mehrere, wenn nicht alle Politikbereiche abzudecken. Das gelingt manchmal besser, manchmal schlechter.
Wir sehen gerade auch jetzt in der an Personen sich entzündenden Debatte um das Grundeinkommen, dass die Piraten offensichtlich doch auch im Bereich der Sozialpolitik etwas zu sagen haben, oder zu sagen haben wollen, und eben nicht mehr nur die Partei ist, die aus dem Internet kommt und für die Themen, die damit verbunden sind, zuständig ist. Insofern haben wir seit 2009 eine Ausweitung dieser Partei beobachten können, in personeller Hinsicht, aber eben auch in inhaltlicher Hinsicht. Und dass das nicht immer alles glatt läuft, das wissen auch andere relativ junge Parteien wie etwa die Grünen nur zu gut.
Noch mal: Ganz wichtig ist, tatsächlich einzuordnen, auf welcher organisatorischen Ebene dieser Konflikt stattfindet. Es sind zwei Mitglieder des Vorstands zurückgetreten, aber das ist eben etwas anderes, ob das Mitglieder des Vorstands der Piratenpartei tun, die ehrenamtlich tätig sind, wie wir das auch im Bericht gerade gehört haben, oder ob das Mitglieder sind, die die klassische Vorstandsarbeit der etablierten Parteien machen und damit nun wirklich zentral dafür verantwortlich sind, wohin sich eine Partei entwickelt. Und das ist beim Vorstand der Piraten nicht der Fall. Hierüber muss sich die Partei klar werden, wie man das organisieren möchte in Zukunft, und dann kann man aus dieser Krise durchaus auch was Positives gewinnen.
Breker: Ein anderer Politikstil wurde angestrebt, wurde propagiert, man wolle ihn ausüben. Aber unser politisches System steht offenbar dagegen. Am Ende ist es genau so wie bei anderen: Der Streit wird persönlich, der Streit wird hart und die Konsequenzen werden gezogen, man tritt zurück, man hat keine Lust mehr.
Bieber: Na ja, aber wie gesagt: Ich hatte darauf hingewiesen. Es macht einen Unterschied, ob das ein Vorstand nach der Marke der alten Parteien ist oder ob es eben ehrenamtliche Vertreter sind, die in dieser Situation so nicht arbeiten können. An der Stelle ist die Frage noch nicht geklärt, ob es genauso wird wie bei den etablierten Parteien: Das hieße ein Delegiertensystem über die Landesebene in Richtung des Bundes, das hieße tatsächlich ein professioneller Vorstand mit Politikern, die dann auch über einen langen Zeitraum gewählt werden und tatsächlich dann für die großen strategischen Linien verantwortlich sind und sie dann auch tatsächlich prominent vertreten.
Das alles ist im Moment bei den Piraten an der Stelle nicht zu sehen, und wenn man sich nun die Arbeit in den Länderparlamenten anschaut, muss man sagen, da funktioniert es doch eigentlich ganz gut. Zumindest hört man von dort relativ wenig, was doch eher darauf hindeutet, dass man doch tatsächlich arbeiten kann und auch dazu in der Lage ist, ja parlamentarisch zu wirken – und sei es eben auch nur als kleine Oppositionspartei. Wohin sich das entwickelt, das ist offen, das werden wir sehen. Es ist klar, dass jetzt hier eine neue Stufe erreicht ist und dass die Piraten hier für Klärung sorgen müssen. Aber wir wissen noch nicht, in welche Richtung diese Klärung ausfallen wird.
Breker: Vielleicht noch ganz kurz zum Schluss, Herr Bieber. Kann es gut sein, dass die Piratenpartei ein vergängliches Phänomen sein wird?
Bieber: Das kann sehr gut sein und das sagen die Piraten ja durchaus auch von sich selbst. Sie sind angetreten, bestimmte Themen und andere auch Prozesse und Arbeitsformen in die Politik hineinzubringen, und man sieht ja an den Reaktionen der anderen Parteien, sei es jetzt thematisch mit Blick auf Netzpolitik, oder auch formal in Richtung der Liquid Democraty, die eben auch bei anderen Parteien auf einmal ein Thema ist, dass da ein Transfer stattfindet. Und wenn der so großflächig passiert, dass tatsächlich diese neue Haltung oder neue Perspektive auf Politik auch in anderen Parteiformationen einen Platz hat, dann kann das in der Tat der Fall sein. Aber wir sind bei den Piraten wirklich erst noch am Anfang und da müssen wir noch ein Weilchen warten.
Breker: Die Einschätzung von Christoph Bieber. Er ist Politologe in Duisburg und einer der Herausgeber eines Buches über die Piraten. Herr Bieber, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
Bieber: Bitte schön.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Buchinfos:
Christoph Bieber, Claus Leggewie (Hg.): Unter Piraten. Erkundungen in einer neuen politischen Arena, transkript-Verlag, ISBN: 978-3-8376-2071-9, Preis: 19,80 Euro