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Incirlik-Debatte im Bundestag
Politische statt rechtliche Entscheidung

Der Bundestag will es sich nicht nehmen lassen, über die Verlegung der Bundeswehr nach Jordanien abzustimmen. Nötig ist das zwar nicht, aber die Abgeordneten bestehen auf dieser symbolischen Geste.

Von Katharina Hamberger | 21.06.2017
    Die Mitglieder des Verteidigungsausschusses des deutschen Bundestages auf dem Flughafen in Ankara vor ihrer Weiterreise nach Incirlik.
    Deutsche Politiker sind auf dem Weg nach Incirlik in dem Land Türkei: dieses Recht wollen sich deutsche Parlamentarier auch nach dem Umzug nach Jordanien nicht nehmen lassen. (dpa / picture alliance / Karl-Josef Hildenbrand)
    Die Verlegung der Bundeswehr vom türkischen Incirlik in jordanische Al-Asrak ist an sich schon beschlossene Sache. Der Beschluss des Kabinetts reicht – im Mandat des Bundestages für den Einsatz ist der Ort nicht festgelegt. Dass der Bundestag nun dennoch heute darüber abstimmt, ist auch ein Symbol. Die Türkei hat es immer wieder Bundestagsabgeordneten verweigert, die Soldaten der Bundeswehr, die eben eine Parlamentsarmee ist, in Incirlik zu besuchen.
    Verlegung von einem Nato-Partner-Land in ein Nicht-Nato-Land
    Der Abzug aus Incirlik bedeutet aber auch, dass die Soldatinnen und Soldaten von einem Nato-Partner-Land in ein Nicht-Nato-Land verlegt werden. Das sieht Rainer Arnold, Verteidigungsexperte der SPD nicht als Problem. Jordanien sei bereits ein Ausweichflugplatz gewesen.
    "Ich sehe nicht, warum sich die Bedingungen erheblich ändern, wenn man in einem Staat startet und landet, der bisher schon Ausweichstart- und -landepiste war, mit dem man sehr eng kooperiert, auch militärisch seit Jahren sehr eng kooperiert, und auf einem Flugplatz startet und landet, der von NATO-Partnern bisher auch genutzt wurde und wir deren Infrastruktur dort mit benutzen können."
    So der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. Auch, dass die Bundeswehrsoldaten in Al-Asrak womöglich weniger geschützt sein könnten als in der Türkei, wie es der Wehrbeauftragte des Bundestages Hans Peter Bartels befürchtet, sieht Arnold nicht:
    "Dort sind Amerikaner, die das Lager schützen, und es sind Jordanier dort, die die Piste und den Flugplatz schützen. Und zur aktuellen Stunde ist ja ein Vorauskommando bereits dort und wir erwarten heute die ersten Berichte des Vorauskommandos."
    Koalition begrüßt Umzug nach Jordanien
    Die Koalitionsfraktionen Union und SPD bringen heute einen eigenen Antrag in den Bundestag ein, über den abgestimmt wird:
    "Wir haben uns in der Koalition drauf verständigt, dass wir den Umzug, in Anführungsstrichen der Bundeswehr von Incirlik nach Jordanien begrüßen und unterstützen und betonen in dieser Erklärung, die wir verabschieden auch, dass natürlich das Recht der Abgeordneten, ihre Parlamentsarmee im Ausland auch besuchen zu können, ein wichtiger Punkt ist."
    Sagte der Vorsitzende der Unionsfraktion Volker Kauder gestern vor der Fraktionssitzung. In dem Antrag heißt es, zur Erfüllung seiner verfassungsgemäßen Aufgaben müsse der Besuch von Mitgliedern des Bundestages bei im Auslandseinsatz stationierten Soldaten und Soldatinnen grundsätzlich möglich sein. So ein Besuch sei und bleibe für die Begleitung eines solchen Mandats unerlässlich. Den Beschluss des Kabinetts nehme man zu Kenntnis. Der Bundestag verlange, dass die Verlegung zügig umgesetzt werde.
    Opposition warnt vor "brandgefährlichem Krisengebiet"
    Die Opposition wird dem Antrag der Koalitionsfraktionen nicht zustimmen. Sie bringt erneut einen eigenen Antrag von Mitte Mai ein, in dem jedoch ebenfalls der Abzug der Bundeswehr aus Incirlik gefordert wird. Die Linke betone allerdings bereits gestern, dass ihr der Beschluss noch nicht weit genug geht:
    "Natürlich ist unsere Position, dass die Soldaten nach Hause kommen sollen und nicht nach Jordanien verlegt werden, weil die Situation dort im Krisengebiet ist eine, die brandgefährlich ist. Und wir sind auch weiter der Auffassung, dass in Richtung Türkei und Herrn Erdogan diese Maßnahmen nicht ausreichend sind. Da sind andere notwendig."
    Sagte Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken vor der Fraktionssitzung.
    Der Einsatz in Incirlik, wo momentan 260 Bundeswehrsoldaten stationiert sind dauert noch bis Ende Juni. Solange werden die sechs Tornados und das Tankflugzeug, mit dem die Bundeswehr den Kampf gegen den IS unterstützt, noch von dort starten. Der Umzug des Tankflugzeuges dauert voraussichtlich zwei bis drei Wochen, der der Tornados zwei Monate. Im Oktober soll die Verlegung abgeschlossen sein.