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Industriepark am Roten Meer
Die erste chinesische Stadt in Ägypten

Mit Verve und Milliarden treibt China sein Megaprojekt "neue Seidenstraße" voran. Nun hat Peking auf afrikanischem Boden einen ersten wichtigen Pflock eingeschlagen: Am Suezkanal ist der chinesische Produktionsstandort "Teda Egypt" entstanden.

Von Susanne El Khafif | 20.05.2017
    Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi (r) und der chinesische Staatschef Xi Jinping bei einem Treffen im Januar 2016, bei dem umfangreiche wirtschaftliche Zusammenarbeit vereinbart wurde
    Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi (r) und der chinesische Staatschef Xi Jinping bei einem Treffen im Januar 2016, bei dem umfangreiche wirtschaftliche Zusammenarbeit vereinbart wurde (picture alliance/dpa )
    Sie sind schon von Weitem auszumachen, in der Ebene zwischen Attaka Gebirge und Rotem Meer: Die großen Schilder an der Schnellstraße mit dem TEDA-Logo. In der Ödnis zeigen sie die grüne Silhouette einer Stadt, mit Riesenrad, Wohn- und Geschäftshäusern, Windrädern, den Schornsteinen einer Fabrik. TEDA Egypt heißt es da, die "erste chinesische Stadt in Ägypten".
    TEDA Egypt hat ein Vorbild, und das befindet sich auf der anderen Seite des Globus, im fernen China. TEDA, das Original, 1984 gegründet, ist eine groß angelegte Wirtschaftszone, die ausgestattet wurde mit der Infrastruktur einer modernen Stadt. TEDA Egypt, dem Original nachempfunden, ist ein Pilotprojekt, steht für Chinas Wunsch nach wirtschaftlicher Neuorientierung. Das heißt: Sich der Welt zu öffnen und dabei eigene Wege zu gehen, in diesem Fall entlang der neuen, "maritimen" Seidenstraße, die in China ihren Anfang nehmen soll, dann über Singapur, Indien, Kenia und Ägypten nach Europa führt. TEDA Egypt, am südlichen Ende des Suezkanals gelegen, ist dabei wichtige Wegmarke - ausgehandelt auf oberster Ebene, zwischen den Regierungen beider Staaten - ein Projekt, das auch deshalb zum Erfolg führen muss.
    "Maritime" Seidenstraße von China über Ägypten nach Europa
    Die Einfahrt von Palmen gesäumt, in der Mitte steht eine große Säule aus Stein, dekorativ, fast wie ein Obelisk. TEDA Egypt erstreckt sich auf knapp 7,5 Quadratkilometern, die von breiten Straßen durchzogen sind, rechts und links noch große Freiflächen: Sand. Ein Teil des Areals ist bereits bebaut, mit Büros, Banken und Apartments, Sportanlagen, einfachen Restaurants; mit Hotel und Aquapark, Gewerbe und Industrie.
    Besichtigungstermin in der chinesischen Firma Jushi, dem weltweit größten Produzenten von Glasfaser. Karim Khoury, stellvertretender Direktor, führt durch die Anlage. Die Fabrik beeindruckt. In Rekordzeit gebaut, auf dem neuesten Stand der Technik - riesige turbinenartige Behälter, die durch Rohre miteinander verbunden sind, Dampf und Hitze, die aufsteigen, am Ende dann das Produkt: auf Rollen aufgewickelte glänzende Glasfaser. Ägypten soll der drittgrößte Produktionsstandort weltweit werden, und hat dieses Ziel fast schon erreicht. Die Glasfaser wird überwiegend exportiert, nach Europa, in die Türkei und die arabische Welt.
    Auch Ägypten profitiert
    Für China rechnet sich der Produktionsstandort am fernen Roten Meer: Wegen der Freihandelszone, dem kurzen Weg nach Europa, wegen vorteilhafter Handelsabkommen, der Rohstoffe, die quasi hinter der Fabrik herumliegen, im Ödland. Aber auch Ägypten stellt sich gut: Wegen der Pachteinnahmen und Gewerbesteuern, wegen der Betriebe, die Glasfaser weiterverarbeiten und dabei sind, sich anzusiedeln. Das aber bedeutet Arbeitsplätze. Nach einer ersten Schulungsphase sind heute die meisten Angestellten bei Jushi junge, ägyptische Facharbeiter.
    Mr. Zhang, Geschäftsführer von TEDA Egypt, ein höflicher, junger Mann - und so souverän, seine Unerfahrenheit bei Interviews, zudem in englischer Sprache mit einem Lächeln einzugestehen. TEDA in China, sagt er, sei Vorbild für den Standort Ägypten. TEDA Egypt sei deshalb aber keine chinesische Stadt: "Natürlich nicht. Es wird eine ägyptische Stadt sein. Wäre sie chinesisch, dann hätte sie keinen Bestand. Industrie, Gewerbe, die Wirtschaft, ja, all das steht für uns im Mittelpunkt. Aber unser Ziel ist es, dem ganzen eine Perspektive zu geben."
    Perspektiven geben - dafür war China bislang nicht bekannt. Vor allem nicht in afrikanischen Staaten. Der Vorwurf: China kommt, beutet die Rohstoffe aus und geht - ohne nachhaltigen Nutzen für die betroffenen Staaten. Mr. Zhang nickt zustimmend. Seine Antwort klingt plausibel. Früher, sagt er, habe China billige aber minderwertige Produkte auf den Markt geworfen. Das müsse sich ändern.
    Wir werden unsere Produkte nur dann verbessern können, wenn wir bereit sind für eine Partnerschaft. Wenn Du nur kommst, um schnellen Profit zu machen, kann das nicht gelingen. Wir müssen langfristig denken, preiswerte und gute Produkte anbieten. Dafür müssen wir darauf achten, dass beide Seiten vom Geschäft profitieren, dass wir kooperieren, auch gemeinsam vermarkten.
    Der Geschäftsführer von TEDA Egypt wertet das Projekt am Suezkanal als Erfolg. Zumindest politisch. Wirtschaftlich, so meint er, müsse sich der Erfolg noch einstellen: "Wirtschaftliche Unternehmungen aufzubauen, ist nicht einfach. Vor allem die Anfänge sind schwer. Aber wir haben den festen Willen und den Mut, das Projekt zum Erfolg zu führen. Und wenn wir das erreicht haben, wird Ägypten selbst zum Modell. Ein Modell, das wir auf einen anderen Ort übertragen können."
    Wo - möglicherweise auf der "neuen maritimen Seidenstraße" - dieser Ort wohl liegen könnte, darüber möchte Zhang Yixiang noch nicht sprechen. Er könne aber schon so viel sagen: China schaue sich intensiv um, Studien seien angefertigt, die Suche nach einem neuen Standort sei damit weit fortgeschritten.