Dienstag, 19. März 2024

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Infektionsschutz
Dermatologe: Hände besser desinfizieren als waschen

Gerade in Coronazeiten ist häufiges Händewaschen wichtig. Doch zeigten viele Untersuchungen, dass das Desinfizieren die Haut weniger angreift als das Händewaschen mit Seife, sagte der Dermatologe Peter Elsner im Dlf. Bei empfindlicher Haut sei es daher ratsam, eher zu desinfizieren.

Peter Elsner im Gespräch mit Georg Ehring | 05.08.2020
Eine Frau desinfiziert sich die Hände - Nahaufnahme der Hände mit einer Flasche Desinfektionsmittel.
Die alkoholische Desinfektion ist wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge deutlich weniger hautbelastend als das Händewaschen (imago / Panthermedia)
Häufig und gründlich Hände waschen – das ist eine der zentralen Empfehlungen, um sich vor der Antsteckunge mit dem Coronavirus zu schützen. Hautärzte haben allerdings nun dazu aufgefordert, mehr auf Desinfektion als auf Händewaschen zu setzen. Denn das häufige Händewaschen kann gerade bei Menschen mit empfindlicher Haut dazu führen, dass sich juckende Hand-Ekzeme entwickeln.
Dermatologen sähen zurzeit in den Praxen und Kliniken einen deutlichen Anstieg solcher Handekzeme, warnt der Hautartz und Direktor an der Hautklinik der Uniklinik Jena, Peter Elsner im Deutschlandfunk. Um dieser Entwicklung vorzubeugen, riet er gerade empfindlichen Hauttypen dazu, die Hände eher zu desinfizieren als mit Wasser und Seife zu waschen.
Händewaschen oder Desinfizieren?
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) ist die Händedesinfektion mit wirksam getesteten alkoholischen Präparaten im Gesundheitswesen und in der Pflege "das Mittel der Wahl". Außerhalb dieser Bereiche biete die Händedesinfektion in Situationen, wo die Hände auch gewaschen werden können, keinen Vorteil in Bezug auf die Inaktivierung von Sars-CoV-2, so das RKI. In diesem Fall sollten pH-neutrale Waschmittel mit möglichst wenigen Zusatzstoffen benutzt werden.
Quelle: DPA / RKI
Georg Ehring: Welche Nachteile hat denn häufiges Händewaschen?
Peter Elsner: Das häufige Händewaschen entfernt ja nicht nur die Viren oder den Schmutz, sondern es entfernt auch ganz wichtige Bestandteile der Haut, insbesondere Fettbestandteile, die unsere Haut schützen. Und wenn dies zu häufig erfolgt und sich diese Bestandteile nicht rechtzeitig regenerieren können, dann entstehen eben Hautkrankheiten, insbesondere die Handekzeme. Wir sehen als Dermatologen im Moment in den Praxen und Kliniken einen deutlichen Anstieg dieser Handekzeme.
"Gute Hautpflege, um die geschädigten Lipide zu ersetzen"
Ehring: Ist denn Desinfizieren besser? Wenn ich morgens hier ins Funkhaus komme, dann desinfiziere ich mir die Hände und habe dann hinterher so ein komisches, trockenes Gefühl.
Elsner: Desinfizieren ist besser. Wo wir ja mit Waschen und Desinfizieren schon über viele Jahre arbeiten, ist im Gesundheitswesen. Unsere Pflegenden, aber auch die Ärztinnen und Ärzte haben ja täglich bei jedem Patientenkontakt damit zu tun. Und da gibt es sehr viele Untersuchungen, die zeigen, dass das Desinfizieren die Haut weniger angreift als das Händewaschen mit Seife. Und natürlich ist die Botschaft für beides, Desinfizieren und Händewaschen, es braucht zusätzlich eine gute Hautpflege, eine gute Handpflege, um diese geschädigten Lipide dann zu ersetzen.
Eine Wissenschaftlerin mit Mundschutz, Schutzbrille und Handschuhen hält ein Laborröhrchen mit der Aufschrift "SARS-CoV 2" in den Händen.
Steckbrief mit Lücken - Was wir über das Coronavirus wissen
Das Erbgut von SARS-CoV-2 ist bekannt und entschlüsselt. Trotzdem gibt uns das Coronavirus noch zahlreiche Rätsel auf. Welche offenen Fragen sollten zur Zeit oberste Priorität haben?
Ehring: Wie soll diese Pflege dann ablaufen, womit pflege ich nach dem Waschen beziehungsweise nach dem Desinfizieren zweckmäßigerweise meine Hände?
Elsner: Da gibt es sehr viele Handcremes, Pflegecremes, die können Sie sehr günstig in jeder Drogerie, Apotheke, in den Supermärkten kaufen, bekommen. Wichtig ist, dass diese möglichst wenig Konservierungsmittel enthalten, möglichst wenig Duftstoffe, dass sie angenehm auf der Haut sind, dann sind die Produkte eigentlich weitgehend vergleichbar.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
Bei empfindlicher Haut "eher desinfizieren"
Ehring: Wann soll ich denn jetzt meine Hände waschen und wann soll ich sie desinfizieren?
Elsner: Wir empfehlen insbesondere bei empfindlicher Haut eher das Desinfizieren als das Waschen. Ein Tipp auch noch: Das Desinfizieren ist ja möglich, indem Sie Desinfektionsmittel in einem kleinen Fläschchen mitnehmen. Und wenn Sie aktuell in Bus, Bahn, im öffentlichen Raum unterwegs sind, werden Sie unter Umständen Schwierigkeiten haben, irgendwo Wasser und Seife zu finden, das Fläschchen haben Sie immer bei sich. Sie können jeweils, wenn Sie eine Oberfläche angefasst haben, dieses Desinfektionsmittel auftragen. Dann nehmen Sie sich eine kleine Tube Creme mit und pflegen die Hände hinterher, dann sind Sie optimal geschützt und auch Ihre Hand bleibt gesund.
Prof. Dr. Christian Drosten, Leiter des Instituts fuer Virologie der Charite Berlin, am 29.01.2020 in einem der Labore im Institut für Virologie.
Virologe Drosten: Im Alltag eher Lüften als Desinfizieren
Die Übertragung des Coronavirus durch Aerosole, also Schwebeteile in der Luft, gerät immer mehr in den Fokus. Sie könnte gleichbedeutend mit der Tröpfchenübertragung sein, sagte der Virologe Christian Drosten im Dlf.
Ehring: Händewaschen tötet Viren genauso zuverlässig ab wie Desinfektionsmittel. Ist das nach wie vor richtig?
Elsner: Da gibt es wenig wirklich gute Studien, denn diese Untersuchungen konzentrieren sich natürlich auf den medizinischen Bereich. Und im medizinischen Bereich sind beispielsweise vom Robert-Koch-Institut Daten verfügbar über die virenabtötende Wirkung von Desinfektionsmittel. Das Händewaschen ist nicht ganz so gut erforscht wie die Desinfektionsmittel. Also sind Sie auf der sicheren Seite, wenn Sie desinfizieren.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.