Silvia Engels: Ingo Wolf, der Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Er gehört der FDP an. Guten Morgen, Herr Wolf.
Ingo Wolf: Guten Morgen, Frau Engels.
Engels: Beginnen wir doch direkt mit dem Aspekt, dass Ämter im Zuge der einfachen Melderegisterauskunft Daten weitergeben. Haben wir hier eine Gesetzeslücke?
Wolf: Man muss das sicherlich sehr sorgfältig prüfen. Das hat ja die Diskussion gerade schon gezeigt. Zum einen ist einmal festzustellen - das hat Herr Schaar nicht gesagt -, dass schon heute ein Widerspruchsrecht besteht für den Fall, dass Daten für die Direktwerbung weitergegeben werden. Also da ist schon eine gewisse Hürde eingebaut. Es ist auch schon deutlich geworden, dass es natürlich Interessen geben kann. Das kann das Auffinden von Schuldnern sein, das kann das Auffinden von Kunden sein. Da muss man sicherlich sehr genau hinschauen, wie weit man das da sperren kann. Es darf natürlich nicht dazu führen, dass sich jemand sozusagen verstecken kann, abtauchen kann oder Ähnliches. Ansonsten muss man das im Einzelnen prüfen. Da wird sicherlich ja auch der Gipfel noch einiges zu hergeben. Wichtig ist jedenfalls, dass wir in Nordrhein-Westfalen schon besonders aktiv geworden sind und die Meldebehörden eben verpflichtet haben, dass sie die entsprechenden Erklärungen nur abgeben dürfen, wenn die Daten auch zu dem angegebenen Zweck verwendet werden. Die müssen nach 30 Tagen gelöscht werden, und es dürfen auch keine parallelen Datenbanken gespeichert werden. Von daher haben wir an der Stelle noch etwas Zusätzliches als Hürde eingebaut.
Engels: Aber können das denn die Behörden kontrollieren, ob diese Daten dann wirklich gelöscht werden?
Wolf: Das ist, so weit mir bekannt ist, sogar technisch möglich, dass Daten sich selber löschen. Da könnte man auch noch drüber reden. Entscheidend ist jedenfalls, dass man die Hürden höher setzt. Es ist ja immer die Schwierigkeit, dass man auch berechtigte Datenweitergabe immer im Auge haben muss. Es gibt natürlich auch - ich sage mal Stichwort Sponsorensuche für karitative Vereinigungen und Ähnliches - durchaus Dinge, wo man sagt, da müsste es möglich sein, dass man auch an die Bürger herantreten kann. Das heißt also, die böswilligen, die bösartigen Angriffe auf den Bürger sind natürlich nicht zu verwechseln mit den Fällen, in denen wir sagen, da ist Datenweitergabe auch etwas Vernünftiges, da soll auch für etwas Vernünftiges geworben werden, beispielsweise für karitative Zwecke.
Engels: Aber bislang lässt sich das ja nicht unterscheiden. Wäre es dann nicht in der Tat günstiger, dass man von der Widerspruchslösung, die es in Einzelfällen gibt - Sie haben es angesprochen -, zu einer allgemeinen Regelung kommt, dass erst mit Zustimmung des Bürgers diese Daten herausgehen?
Wolf: Das absolut! Die Änderung der bisherigen Widerspruchslösung ist auch Gegenstand unserer Bundesratsinitiative, die wir jetzt starten im Zusammenhang mit dem Bundesdatenschutzgesetz. Da hat Herr Schaar, glaube ich, zurecht auch gesagt, dass das sehr nach Einigung aussieht insgesamt, denn es kann nicht sein, dass man nur erst widersprechen muss, sondern man muss einwilligen. Das ist wichtig. Und mir ist auch ganz besonders wichtig, dass wir auch die Altfälle dabei mit erfassen. Das heißt, wer in der Vergangenheit ich sage mal ein Stück leichtfertig die Widerspruchslösung nicht angekreuzt hat, muss die Chance kriegen, jetzt, wenn es sozusagen in die erneute Datenweitergabe gehen soll von demjenigen, der die Daten hält, auch widersprechen zu können und sagen zu können, ich möchte jetzt ausdrücklich erst einwilligen, sonst geht das Ganze nicht. Das halte ich für ganz, ganz entscheidend. Und wir müssen auch gucken, dass das für den entsprechenden Adresshandel gilt, wenn es geschäftsmäßig erhobene Daten gibt, auch da nur mit ausdrücklicher Einwilligung. Das alles aber, Frau Engels, hilft natürlich nicht, wenn der Bürger nicht auch sorgsam und zurückhaltend und datensparsam mit seinen Informationen umgeht.
Engels: Nehmen wir noch kurz einen Aspekt dieser Melderegisterfrage heraus. Was Sie ansprechen betrifft ja nun den Datenschutz auch im allgemeinen Verkehr von Privatleuten auch untereinander. Jetzt geht es aber auch darum, dass bei Melderegisterauskünften ja auch Gebühren eingenommen werden. Die Stadt Bochum erzielt damit jährlich 220.000 Euro. Kann das so bleiben? Verdient man damit?
Wolf: Nein. Dass Behörden für ihr Handeln Gebühren nehmen, ist ein völlig normaler Tatbestand. Das ist alles auf gesetzlicher Grundlage auch landesweit vorgegeben. Von daher ist das völlig normal. Sie müssen auch für anderes Verwaltungshandeln Gebühren bezahlen. Das wird man sicherlich nicht als, ich sage mal, klassische Einnahmequelle ansehen können, sondern das ist letztendlich die Konsequenz. Wenn Daten abgefordert werden dürfen, dann muss dafür bezahlt werden. Wird das restriktiver gefasst, dann entfallen insofern automatisch auch diese Gebühreneinnahmen. Also das würde ich nicht unter dem Aspekt Datenverkauf sehen. Das ist eine Frage, wie weit man die Datenweitergabe zulässt, und wir sprechen ja gerade darüber, es enger zu ziehen. Es ist mit Sicherheit nicht so, dass die Kommunen an dieser Stelle ihren Haushalt sanieren.
Engels: Herr Wolf, Peter Schaar fordert auch mehr Personal - speziell für die Datenschutzaufsichtsbehörden. Nehmen Sie in Nordrhein-Westfalen künftig mehr Geld dafür in die Hand?
Wolf: Wir haben schon eine ausgesprochen gut ausgestattete Datenschutzbeauftragte mit ihrer Verwaltung. Man muss sich auch davor hüten, den Menschen Sand in die Augen zu streuen, zu glauben, dass wir sozusagen alle Unternehmen täglich überprüfen könnten. Wir müssen uns auf Verdachtsfälle konzentrieren, und wir müssen vernünftig Stichproben machen. Das sind die Punkte, die, glaube ich, wichtig sind. Das in Verbindung mit einer restriktiveren Lösung als bisher und vor allen Dingen auch mit der größeren Achtsamkeit der Bürger im Umgang mit ihren Daten ist aus meiner Sicht die einzige Chance. Letztendliche Sicherheit gegen ein kriminelles Verhalten - das wissen wir aus anderen strafrechtlichen Bereichen - wird es niemals geben. Wir können nur besser werden, und das können wir auf der einen Seite mit den rechtlichen Regelungen, und dann muss im Rahmen des vorhandenen Personals dem nachgegangen werden, was als Missbrauch gemeldet wird, respektive entsprechende Stichproben müssen gemacht werden.
Engels: Gestern wurde ja wieder ein Fall von illegalem Datenhandel im nordrhein-westfälischen Hagen bekannt, und bekannt wurde es aufgrund des Tipps eines Journalisten. Kommt also die Polizei hier mit der Fahndung nicht hinterher? Also doch mehr Personal?
Wolf: Nein. Es ist wie in anderen Fällen der Kriminalität auch. Es gibt keine Möglichkeit, flächendeckend alles zu verhindern. Das muss man auch klar sehen. Genauso wenig wie man flächendeckend Unfälle verhindern kann, kann man auch nicht flächendeckend so etwas verhindern. Wenn Menschen kriminelle Neigungen haben, müssen wir versuchen, an sie heranzukommen. Das ist im Rahmen der Prävention. Da wird sehr viel getan. Wir versuchen, die Bürger aufmerksam zu machen, sensibel zu machen. Und wir müssen bei der Verfolgung natürlich auch entsprechend eingreifen. Ich sage noch mal: wir haben eine sehr stark ausgestattete Behörde, und die geht den Dingen dann auch nach.
Engels: Ingo Wolf, der Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Er gehört der FDP an. Ich bedanke mich für das Gespräch.
Wolf: Danke auch.
Ingo Wolf: Guten Morgen, Frau Engels.
Engels: Beginnen wir doch direkt mit dem Aspekt, dass Ämter im Zuge der einfachen Melderegisterauskunft Daten weitergeben. Haben wir hier eine Gesetzeslücke?
Wolf: Man muss das sicherlich sehr sorgfältig prüfen. Das hat ja die Diskussion gerade schon gezeigt. Zum einen ist einmal festzustellen - das hat Herr Schaar nicht gesagt -, dass schon heute ein Widerspruchsrecht besteht für den Fall, dass Daten für die Direktwerbung weitergegeben werden. Also da ist schon eine gewisse Hürde eingebaut. Es ist auch schon deutlich geworden, dass es natürlich Interessen geben kann. Das kann das Auffinden von Schuldnern sein, das kann das Auffinden von Kunden sein. Da muss man sicherlich sehr genau hinschauen, wie weit man das da sperren kann. Es darf natürlich nicht dazu führen, dass sich jemand sozusagen verstecken kann, abtauchen kann oder Ähnliches. Ansonsten muss man das im Einzelnen prüfen. Da wird sicherlich ja auch der Gipfel noch einiges zu hergeben. Wichtig ist jedenfalls, dass wir in Nordrhein-Westfalen schon besonders aktiv geworden sind und die Meldebehörden eben verpflichtet haben, dass sie die entsprechenden Erklärungen nur abgeben dürfen, wenn die Daten auch zu dem angegebenen Zweck verwendet werden. Die müssen nach 30 Tagen gelöscht werden, und es dürfen auch keine parallelen Datenbanken gespeichert werden. Von daher haben wir an der Stelle noch etwas Zusätzliches als Hürde eingebaut.
Engels: Aber können das denn die Behörden kontrollieren, ob diese Daten dann wirklich gelöscht werden?
Wolf: Das ist, so weit mir bekannt ist, sogar technisch möglich, dass Daten sich selber löschen. Da könnte man auch noch drüber reden. Entscheidend ist jedenfalls, dass man die Hürden höher setzt. Es ist ja immer die Schwierigkeit, dass man auch berechtigte Datenweitergabe immer im Auge haben muss. Es gibt natürlich auch - ich sage mal Stichwort Sponsorensuche für karitative Vereinigungen und Ähnliches - durchaus Dinge, wo man sagt, da müsste es möglich sein, dass man auch an die Bürger herantreten kann. Das heißt also, die böswilligen, die bösartigen Angriffe auf den Bürger sind natürlich nicht zu verwechseln mit den Fällen, in denen wir sagen, da ist Datenweitergabe auch etwas Vernünftiges, da soll auch für etwas Vernünftiges geworben werden, beispielsweise für karitative Zwecke.
Engels: Aber bislang lässt sich das ja nicht unterscheiden. Wäre es dann nicht in der Tat günstiger, dass man von der Widerspruchslösung, die es in Einzelfällen gibt - Sie haben es angesprochen -, zu einer allgemeinen Regelung kommt, dass erst mit Zustimmung des Bürgers diese Daten herausgehen?
Wolf: Das absolut! Die Änderung der bisherigen Widerspruchslösung ist auch Gegenstand unserer Bundesratsinitiative, die wir jetzt starten im Zusammenhang mit dem Bundesdatenschutzgesetz. Da hat Herr Schaar, glaube ich, zurecht auch gesagt, dass das sehr nach Einigung aussieht insgesamt, denn es kann nicht sein, dass man nur erst widersprechen muss, sondern man muss einwilligen. Das ist wichtig. Und mir ist auch ganz besonders wichtig, dass wir auch die Altfälle dabei mit erfassen. Das heißt, wer in der Vergangenheit ich sage mal ein Stück leichtfertig die Widerspruchslösung nicht angekreuzt hat, muss die Chance kriegen, jetzt, wenn es sozusagen in die erneute Datenweitergabe gehen soll von demjenigen, der die Daten hält, auch widersprechen zu können und sagen zu können, ich möchte jetzt ausdrücklich erst einwilligen, sonst geht das Ganze nicht. Das halte ich für ganz, ganz entscheidend. Und wir müssen auch gucken, dass das für den entsprechenden Adresshandel gilt, wenn es geschäftsmäßig erhobene Daten gibt, auch da nur mit ausdrücklicher Einwilligung. Das alles aber, Frau Engels, hilft natürlich nicht, wenn der Bürger nicht auch sorgsam und zurückhaltend und datensparsam mit seinen Informationen umgeht.
Engels: Nehmen wir noch kurz einen Aspekt dieser Melderegisterfrage heraus. Was Sie ansprechen betrifft ja nun den Datenschutz auch im allgemeinen Verkehr von Privatleuten auch untereinander. Jetzt geht es aber auch darum, dass bei Melderegisterauskünften ja auch Gebühren eingenommen werden. Die Stadt Bochum erzielt damit jährlich 220.000 Euro. Kann das so bleiben? Verdient man damit?
Wolf: Nein. Dass Behörden für ihr Handeln Gebühren nehmen, ist ein völlig normaler Tatbestand. Das ist alles auf gesetzlicher Grundlage auch landesweit vorgegeben. Von daher ist das völlig normal. Sie müssen auch für anderes Verwaltungshandeln Gebühren bezahlen. Das wird man sicherlich nicht als, ich sage mal, klassische Einnahmequelle ansehen können, sondern das ist letztendlich die Konsequenz. Wenn Daten abgefordert werden dürfen, dann muss dafür bezahlt werden. Wird das restriktiver gefasst, dann entfallen insofern automatisch auch diese Gebühreneinnahmen. Also das würde ich nicht unter dem Aspekt Datenverkauf sehen. Das ist eine Frage, wie weit man die Datenweitergabe zulässt, und wir sprechen ja gerade darüber, es enger zu ziehen. Es ist mit Sicherheit nicht so, dass die Kommunen an dieser Stelle ihren Haushalt sanieren.
Engels: Herr Wolf, Peter Schaar fordert auch mehr Personal - speziell für die Datenschutzaufsichtsbehörden. Nehmen Sie in Nordrhein-Westfalen künftig mehr Geld dafür in die Hand?
Wolf: Wir haben schon eine ausgesprochen gut ausgestattete Datenschutzbeauftragte mit ihrer Verwaltung. Man muss sich auch davor hüten, den Menschen Sand in die Augen zu streuen, zu glauben, dass wir sozusagen alle Unternehmen täglich überprüfen könnten. Wir müssen uns auf Verdachtsfälle konzentrieren, und wir müssen vernünftig Stichproben machen. Das sind die Punkte, die, glaube ich, wichtig sind. Das in Verbindung mit einer restriktiveren Lösung als bisher und vor allen Dingen auch mit der größeren Achtsamkeit der Bürger im Umgang mit ihren Daten ist aus meiner Sicht die einzige Chance. Letztendliche Sicherheit gegen ein kriminelles Verhalten - das wissen wir aus anderen strafrechtlichen Bereichen - wird es niemals geben. Wir können nur besser werden, und das können wir auf der einen Seite mit den rechtlichen Regelungen, und dann muss im Rahmen des vorhandenen Personals dem nachgegangen werden, was als Missbrauch gemeldet wird, respektive entsprechende Stichproben müssen gemacht werden.
Engels: Gestern wurde ja wieder ein Fall von illegalem Datenhandel im nordrhein-westfälischen Hagen bekannt, und bekannt wurde es aufgrund des Tipps eines Journalisten. Kommt also die Polizei hier mit der Fahndung nicht hinterher? Also doch mehr Personal?
Wolf: Nein. Es ist wie in anderen Fällen der Kriminalität auch. Es gibt keine Möglichkeit, flächendeckend alles zu verhindern. Das muss man auch klar sehen. Genauso wenig wie man flächendeckend Unfälle verhindern kann, kann man auch nicht flächendeckend so etwas verhindern. Wenn Menschen kriminelle Neigungen haben, müssen wir versuchen, an sie heranzukommen. Das ist im Rahmen der Prävention. Da wird sehr viel getan. Wir versuchen, die Bürger aufmerksam zu machen, sensibel zu machen. Und wir müssen bei der Verfolgung natürlich auch entsprechend eingreifen. Ich sage noch mal: wir haben eine sehr stark ausgestattete Behörde, und die geht den Dingen dann auch nach.
Engels: Ingo Wolf, der Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Er gehört der FDP an. Ich bedanke mich für das Gespräch.
Wolf: Danke auch.