Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Insekten
Mit winzigem Gehirn ist die Biene hoch flexibel und intelligent

Bienen können schmerzhaft stechen, liefern süßen Honig und leisten wichtige Bestäubungsarbeit für viele Pflanzen und Früchte - doch diese Insekten besitzen auch erstaunliche geistige Fähigkeiten. Der Neuroforscher Randolf Menzel hat diese untersucht und seine Erkenntnisse in dem Buch "Die Intelligenz der Bienen" - gemeinsam mit dem Wissenschaftsjournalist Matthias Eckold - zusammengefasst.

Von Martin Hubert | 27.04.2016
    Eine Honigbiene sammelt Pollen auf einer voll erblühten weißen Rose.
    Eine Honigbiene sammelt Pollen auf einer voll erblühten weißen Rose. (picture alliance / dpa / Wolfgang Moucha)
    Biene? Klar, kennen Sie! Wichtiger Honigproduzent; bestens arbeitsteilig organisiert, teilt mit dem Schwänzeltanz ihren Genossinnen mit, wo prächtige Blüten zu finden sind. Tolles Tier! Wenn das ihr Wissensstand zur Biene ist, müssen sie unbedingt das Buch von Randolf Menzel und Matthias Eckoldt lesen: "Die Intelligenz der Bienen. Wie sie denken, planen, fühlen und was wir daraus lernen können". Denn darin erklärt der renommierte Neuroforscher Randolf Menzel, dass Bienen noch viel mehr können, als sie bisher auch nur ahnten. Beispiel Schwänzeltanz:
    "Die Bienen tauschen auf diese Weise nicht nur Informationen über den Nektar und Pollen aus, sondern auch über Wasserquellen und Harzstellen. Und nicht zuletzt nutzen die Bienen den Schwänzeltanz für die Abstimmung über einen neuen Nistplatz."
    Bienen sind lernfähig
    Wer zu solchen Abstimmungen fähig ist, macht Randolf Menzel klar, der muss clever sein. Obwohl die Biene nur ein winziges Gehirn besitzt, ist sie hoch flexibel und intelligent. Leider schildert das Buch die Experimente und Befunde zur Intelligenz der Bienen oft so detailliert, dass auch der Leser seinen Grips manchmal anstrengen muss. Etwa wenn Menzel beschreibt, wie Bienen folgende Verhaltensregel lernen: Wenn du eine Markierung siehst, fliege danach immer in eine Röhre mit der gleichen Markierung. Zuerst hatten die Bienen nur die Aufgabe zu bewältigen, entweder in eine gelbe oder eine rote Röhre zu fliegen, wenn sie vorher eine gelbe oder eine rote Markierung gesehen hatten.
    "Nachdem sie diese Aufgabe gelernt hatten, zeigten wir den Bienen keine Farben, sondern Schwarz-weiß-Muster. Dass sie die Aufgabe ohne Fehler lösten, zeigte, dass sie nicht die Farben, sondern tatsächlich die dahinterliegenden Regeln gelernt hatten. Erstaunlicherweise übertragen die Bienen die Vergleichsaufgabe nicht nur zwischen Farben und Formen, sondern auch auf eine Duftzuordnung nach einer Farbdressur - übrigens eine Aufgabe, die Mäusen nicht gelingt.
    Einblick in die Sinnes- und Kommunikationsfähigkeiten der Bienen
    Mithilfe vieler, auch farbiger Abbildungen erhält der Leser so Einblick in die Sinnes- und Kommunikationsfähigkeiten der Bienen. Er erfährt, dass sie Schlüsse ziehen, ein flexibles Gedächtnis besitzen, dass sie fühlen und sogar träumen. Sehr lebendig schildert Menzel mit seinem Co-Autor, dem Wissenschaftsjournalisten Matthias Eckoldt, auch sein eigenes Forscherleben: von der ersten kindlichen Neugier bis hin zu späteren Sternstunden in seinem Labor.
    "Martin Hammer hatte das für die Lernvorgänge wichtigste Neuron im Hirn gefunden: das Belohnungsneuron. Tiere und Menschen lernen über Belohnungen. Diesen Mechanismus hatten wir jahrzehntelang in unseren Experimenten eingesetzt. Nun plötzlich lag da ein Neuron in all seiner Schönheit vor uns, das diese Belohnung ausführte und hinreichend für das Lernen war. Ein unglaublicher Moment, der mir in einem konditionierten Reflex noch immer eine Gänsehaut erzeugt."
    Eigene Forschungen von Menzel belegen jedoch auch: Die Biene ist stark bedroht vor allem durch Pflanzenschutzmittel. Am Ende des Buches steht daher ein Appell.
    "Wäre es also nicht lohnenswert, etwas mehr für unsere Ernährung auszugeben und vorzugsweise Produkte zu kaufen, die unter Ausschluss von umweltzerstörenden Chemikalien produziert werden?"
    Zielgruppe
    Alle, die am aktuellen Forschungsstand zur Biene interessiert sind.
    Erkenntnisgewinn
    Auch mit wenig Hirn ist viel Intelligenz möglich.
    Spaßfaktor
    Großes Lesevergnügen für alle, die den eigenen Geist gebrauchen wollen, um den Geist der Bienen zu verstehen.
    Randolf Menzel, Matthias Eckoldt: Die Intelligenz der Bienen. Wie sie denken, planen, fühlen und was wir daraus lernen können. 368 Seiten, Knaus Verlag München, 2016; 24,99 Euro.