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Integration
Österreich erhält neues Islamgesetz

Das österreichische Parlament hat mit der schwarz-roten Regierungsmehrheit ein neues Islamgesetz beschlossen. Darin wird das muslimische Leben umfassend geregelt. Nach Ansicht von Kritikern stellt es die etwa 600.000 Muslime in der Alpenrepublik unter Generalverdacht.

Von Karla Engelhard | 25.02.2015
    Muslime beim Nachmittagsgebet in der Eyüp-Sultan-Moschee in Nürnberg
    Imame dürfen künftig nicht mehr aus dem Ausland finanziert werden. (picture alliance / dpa / Foto: Daniel Karmann)
    Nach heftiger Debatte und mit den Stimmen der schwarz-roten Regierungsparteien wurde das neue Islamgesetz verabschiedet. Drei Jahre wurde darüber, auch mit muslimischen Vereinen und Religionsgemeinschaften, diskutiert. Eine Antwort auf die aktuellen Terroranschläge von Paris und Kopenhagen sei es nicht, meinen Integrationsminister Sebastian Kurz und der sozialdemokratische Kulturminister Josef Ostermayer übereinstimmend. Beide führten die Diskussionen, beide hielten das Islamgesetz von 1912 für dringend reformbedürftig. Der konservative Integrationsminister Kurz zum Ziel:
    "Es darf in Österreich kein Widerspruch sein, selbstbewusster Österreicher und gleichzeitig gläubiger Moslem zu sein. Das war auch stets die Intention hinter diesem Gesetz."
    Mehr Rechtssicherheit und mehr Pflichten
    Heraus kam ein neues Islamgesetz, das den knapp 600.000 Muslimen mehr Rechtssicherheit, aber auch mehr Pflichten geben soll. Die beiden größten islamischen Glaubensgemeinden stehen - mit Einschränkungen - dahinter. Der größte türkische Verein ATIB, der zahlreiche Moscheen betreibt, die Muslimische Jugend und das Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft kündigten Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof an, vor allem wegen des Verbots der Auslandsfinanzierung und wegen mutmaßlicher Ungleichbehandlung. Die Grünen im österreichischen Parlament stimmen dem Islamgesetz nicht zu, auch wenn sie vieles darin gut finden. Alev Korun, grüne Migrationssprecherin:
    "Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass endlich eine Ausbildung auf einer österreichischen Universität auf hohem universitärem Niveau umgesetzt wird für österreichische Imame. Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass mit diesem Islamgesetz die Frage der islamischen Friedhöfe, aber auch die Seelsorge in Krankenanstalten, Pflegeheimen oder auch beim Bundesheer geregelt wird."
    Kritik aus der Türkei
    Doch das neue Islamgesetz stelle Muslime unter Generalverdacht, "weil in das Islamgesetz mehrfach hineingeschrieben wird, die Muslime haben sich an die Gesetze zu halten. Na, selbstverständlich haben sie sich an die Gesetze zu halten, alle haben sich in Österreich an die Gesetze zu halten."
    Auch die rechtspopulistischen Freiheitlichen stimmten gegen das neue Islamgesetz. Parteichef Hans Christian Strache im Parlament wiederholte, was er auch in Bierzelten verkündet: "Islam ist kein Teil Österreichs!"
    Kritik am Islamgesetz kam schon vor der Verabschiedung aus der Türkei. Für den Chef der Religionsbehörde Mehmet Görmez werfe das Gesetz Österreich um 100 Jahre zurück. Bisher entsandte die Türkei ihre Imame in die Alpenrepublik und bezahlte sie, ebenso wie Saudi-Arabien. Damit ist nach einer Übergangsfrist Schluss. Integrationsminister Sebastian Kurz:
    "Wir haben in Österreich eine Trennung von Staat und Religion. Es wäre nicht möglich nach unserer Verfassung, dass die Regierung direkt einen Priester anstellt und bezahlt damit er in Österreich tätig ist. Es ist nicht möglich, dass die Angela Merkel einen Pastor oder eine Pastorin anstellt, nach Österreich schickt und hier bezahlt und insofern ist es auch legitim das wir sagen, wir wollen keine Imame, die Angestellte anderer Regierungen aus dem Ausland sind, die hier in Österreich predigen und tätig sind."
    Ein Islam österreichischer Prägung soll sich entwickeln. Klar auch die Botschaft: der Islam gehört zu Österreich.