Freitag, 26. April 2024

Archiv

Internationale Schule Düsseldorf
Land NRW prüft Rückzahlung von Fördergeldern

Die Internationale Schule in Düsseldorf (ISD) steht unter Verdacht, Fördergelder in Millionenhöhe vom Land NRW zu Unrecht bekommen zu haben. Inzwischen wird der Fall von den Behörden geprüft. Offenbar haben Eltern über einen Förderverein Beiträge von bis zu 20.000 Euro als verstecktes Schulgeld bezahlt.

Von Meriem Benslin | 06.02.2019
    15.01.2019, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Vor einem Gebäude der Privatschule International School of Düsseldorf steht eine Leuchtschrift mit dem Logo der Schule. Bei einer Sitzung des Schulausschusses im NRW-Landtag wird ein Regierungsbericht zu strittigen Elternbeiträgen für die Schule vorgestellt. Foto: Christophe Gateau/dpa | Verwendung weltweit
    Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung wird deutschlandweit oft ein Schulgeld zwischen 170 und 300 Euro gezahlt, mehr als erlaubt (dpa)
    Der Fall der Internationalen Schule in Düsseldorf liest sich wie das Klischee einer elitären Privatschule. Einer Lohnabrechnung zufolge, die dem Deutschlandfunk vorliegt, verdient der Schulleiter mehr als 400.000 Euro pro Jahr. Damit wäre sein Verdienst 5- bis 6-mal so hoch wie der seiner Kollegen an staatlichen Schulen. Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag NRW, Sigrid Beer, ist darüber empört.

    "Die Schulleitungen in Nordrhein-Westfalen werden sich die Augen reiben, wenn sie solche Beträge hören. Und wir wissen, was Schulleitungen verdienen. Und da stellt sich in der Tat die Frage nach der Verhältnismäßigkeit eines solchen Gehalts."
    Vier Millionen Euro Fördergelder vom Land NRW
    Die ISD ist eine genehmigte Ersatzschule. Sie bekommt pro Jahr knapp 4 Millionen Euro Fördergelder vom Land NRW. Deshalb darf sie nur ein geringes Schulgeld verlangen. Geförderte Privatschulen dürfen über das Schulgeld keine finanziellen Hürden für die Kinder schaffen, erklärt Ilka Hoffmann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.
    "Das ist eine Regelung der Bundesländer, das heißt es ist sehr unterschiedlich. Aber man kann so über den Daumen sagen, das liegt so zwischen 100 und 150 Euro im Monat."
    Wenn eine Schule mehr Schulgeld verlangt, ist eine öffentliche Förderung fraglich. Die Höhe des Schulgelds scheint die ISD laut einem Schreiben, das dem Deutschlandfunk vorliegt, schon mal überschritten zu haben. Außerdem sind die Eltern Mitglied in einem Förderverein. In die Vereinskasse zahlen sie freiwillige Beiträge zwischen 16.000 und 20.000 Euro im Jahr. Allerdings dürfen die Eltern nicht gezwungen werden, dem Verein Geld zu spenden, damit ihr Kind die ISD besuchen darf, erklärt Jochen Ott von der SPD-Landtagsfraktion in Düsseldorf:
    "An dieser Stelle scheint es so zu sein, dass gegen diese gesetzliche Vorgabe verstoßen wurde, und es gibt eine Reihe von Privatschulen im Land, die sich ausschließlich über Schulgeld finanzieren. Aber die werden dann nicht vom Steuerzahler unterstützt. Wenn man Gelder vom Steuerzahler haben will, dann muss man sich auch an Recht und Gesetz halten."
    Verstecktes Schulgeld über Vereinsbeiträge?
    Bei den Vereinsbeiträgen könnte es sich also um ein verstecktes Schulgeld handeln. Dann hätte die ISD die Fördergelder vom Land nicht nehmen dürfen. Die Bezirksregierung Düsseldorf prüft zurzeit, ob die Schule die Zuschüsse zurückzahlen muss. Eine späte Reaktion, findet Ilka Hoffmann von der GEW.
    "Hier hätte die Schulaufsicht prüfen müssen, wie hoch ist das Fördergeld, ist die Schule überhaupt für alle Kinder zugänglich und nur in diesem Fall hätten überhaupt öffentliche Mittel fließen dürfen. Das heißt, hier scheint ein Versäumnis vorzuliegen, diese Schule in ihrem Wirtschaftsgebaren genau zu überprüfen.
    Kein Einzelfall: Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung wird deutschlandweit oft ein Schulgeld zwischen 170 und 300 Euro gezahlt – also mehr als erlaubt. Die Länder würden diese Grenzüberschreitung aber oft nicht bemerken. Privatschulen, die keine staatlichen Gelder bekommen, dürfen die Höhe des Schulgelds dagegen selbst festlegen. Tatsächlich besuchen Kinder aus zahlungskräftigeren Elternhäusern häufiger private Schulen als etwa Schüler aus Zuwandererfamilien. Trotzdem bekämen Privatschüler keine bessere Ausbildung, meint Hoffmann:
    "Wir wissen aus Untersuchungen - auch von der Friedrich-Ebert-Stiftung und anderen - dass es da keinen Unterschied gibt. Also dass da weder die Kompetenz besser sind noch die Abschlüsse. Also da gibt es keinen Vorteil. Viele Privatschulen sind in kirchlicher Hand. Außerdem gibt es viele Waldorf- und Montessori-Schulen, die besondere pädagogische Schwerpunkte setzen. Viele werden öffentlich gefördert. Zurzeit gründen auch Unternehmen eigene Privatschulen."
    Trend zur Privatschule
    Ein berühmtes Beispiel ist die Quinoa-Schule in Berlin, die von der Vodafone Stiftung mitgegründet wurde. Und das ist eine Schule, die ein bisschen aus dem Rahmen fällt, weil sie für Sozial-Benachteiligte zuständig ist. In Deutschland besuchen ungefähr neun Prozent der Kinder eine private Schule. Der Anteil hat sich seit 1992 fast verdoppelt. Dieser Trend würde auch durch das schlechte Image begünstigt, das einige Medien über öffentliche Schulen transportieren.
    "Da gibt es Berichte über Gewalt, über Chaos, über die schlechten Rechtschreibleistungen. Das führ dazu, dass viele Eltern ein Misstrauen entwickeln gegen das öffentliche Schulwesen und sagen: Ich schick mein Kind lieber an eine Privatschule."
    Trotzdem sei der Anteil im Vergleich zu Ländern wie den Niederlanden gering. Dort lernen ungefähr 70 Prozent der Schüler an Privatschulen. Es bleibt abzuwarten, ob sich Deutschland künftig auch in diese Richtung entwickeln wird.