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Internet-Plattform Tandemploy
Teilzeitarbeit 2.0

Unternehmen brauchen neue Arbeitsmodelle, sagen Jana Tepe und Anna Kaiser. Die Gründerinnen haben vor einem Jahr Tandemploy ins Leben gerufen, die weltweit erste Online-Plattform für Jobsharing. Die Seite richtet sich an Menschen, die sich mit anderen eine Vollzeitstelle teilen wollen sowie an Firmen, die solche Tandem-Jobs anbieten.

Von Dana Sindermann | 23.03.2015
    Ein Mann und eine Frau in Business-Look beugen sich gemeinsam über einen Laptop-Computer
    Einige Unternehmen bieten Teilzeitstellen mittlerweile auch für Führungskräfte an. (imago / McPHOTO)
    "Für mich ist Arbeit etwas, was integraler Bestandteil meines Lebens ist. Und ich möchte in der Zeit, auch wenn es nur 50 Prozent meiner Lebenszeit ist oder Arbeitszeit, die ich investiere, nicht irgendeinen Job machen, sondern einen, von dem ich überzeugt bin."
    Christian Stumpp hat Jura, Philosophie und Geschichte studiert. "Work is not a Job", steht als Motto über seinem Tandemploy-Profil. Stumpp ist ein typischer Vertreter der Generation Y.
    "Das ist gar nicht so leicht, entsprechende Stellen zu finden, und deswegen hab ich das Profil dann angelegt.."
    Auf Tandemploy - eine Plattform für Menschen, die sich mit anderen eine Vollzeitstelle teilen wollen und für Unternehmer, die solche Tandem-Stellen anbieten.
    "Im Grunde kann man's so ein bisschen vergleichen wie beim Online-Dating", sagt Anna Kaiser, Co-Gründerin von Tandemploy. Christian Stumpps Profil zeigt ein adrettes Foto des 34-Jährigen, ein paar Fakten zu Berufserfahrung, wie viele Stunden er arbeiten möchte und in welchem Bereich.
    "IT, E-Commerce, Web-Design, Web-Entwicklung... "
    Ein guter Draht zum Tandempartner ist wichtig
    Wer bei Tandemploy ein Profil erstellt, beantwortet aber vor allem persönliche Fragen: zu Arbeits- und Kommunikationsweise, zum eigenen Charakter, zu Zielen und Motivation. Anschließend schlägt das Portal potenzielle Tandempartner vor. Wo in der klassischen Teilzeit der eine kommt, wenn der andere geht, oder das Unternehmen nur eine halbe Stelle anbietet, teilen sich Tandems eine Vollzeitstelle. Sie arbeiten zu komplementären Zeiten, sodass immer einer verfügbar ist; sie entscheiden gemeinsam über wichtige Fragen und halten sich immer auf dem neuesten Stand. Enorm wichtig ist deshalb ein guter Draht zum Tandempartner.
    "Wir haben uns auf einen Kaffee getroffen und im Prinzip uns so ein bisschen abgeklopft auf Fragen. Was ist Dir wichtig im Job? Gibt es bestimmte Punkte, die hinter einer Arbeit stehen, die Dir auch wichtig sind, zum Beispiel die Unternehmensphilosophie oder das Klima bei der Arbeit? Und gegenseitig dann sagen können, okay, wir ergänzen uns ganz gut, wir können uns tatsächlich vorstellen zusammen zu arbeiten."
    Christian Stumpp und seine Tandempartnerin, eine 27-jährige Geisteswissenschaftlerin, die ebenfalls im IT-Bereich gelandet ist, würden sich auch eine Führungsposition teilen. In klassischer Teilzeit ist das undenkbar. Ein Tandem auf Chefetage? Gibt es schon! 15 bis 20 Prozent aller deutschen Unternehmen bieten bereits geteilte Arbeitsplätze an, manche auch auf Führungsebene. Diese Unternehmen versprechen sich Vorteile aus dem Modell.
    "Im Grunde ist es bei den Unternehmen ganz klar, dass die erst mal zwei Köpfe gewinnen, zwei Potenziale, das heißt, man hat immer eine bestinformierte Vertretung, das heißt, man hat keine Urlaubslücken mehr, keine Krankheitslücken, wenn jemand ausfällt."
    Dennoch fremdeln viele Unternehmen mit dem Modell. Viele befürchten, dass sie wichtige Absprachen immer gleich doppelt tätigen müssen. Anders sieht es aufseiten der interessierten Jobsharer aus. Die melden sich in Scharen an, seitdem tandemploy online gegangen ist. Und zwar in allen Altersgruppen. Für Anna Kaiser mehr als nur ein Ausdruck von Lust auf Freiheit.
    "Diese Sinnsuche, diese Frage, wie will ich leben und arbeiten, die stellt sich wirklich nicht nur die Generation Y, sondern die stellen sich Menschen in unterschiedlichsten Generationen, und das erleben auch wir: Wir haben Anmeldungen auf unserer Plattform von ganz jungen Studenten noch, die vielleicht neben dem Studium vielleicht im Jobsharing arbeiten wollen, bis hin zu Leuten, die in Altersteilzeit gehen wollen und quasi ihr Know-how an jüngere Mitarbeiter weiter geben wollen."
    Jobsharer sollten sich dabei die Vertretungsregelungen genau ansehen und mögliche Nachteile in der Altersabsicherung berücksichtigen. Manche Unternehmen gehen aber inzwischen dazu über, die Konditionen auch für Jobsharer arbeitnehmerfreundlich zu gestalten, denn auch die Arbeitgeber haben Interesse an talentierten Mitarbeitern.