
Am 19. Oktober 2017 ging für Susanne Pfalzner vom Forschungszentrum Jülich ein Traum in Erfüllung.
"Oumuamua ist eigentlich so, was man sich gewünscht hat, das heißt also, man hat, ich weiß nicht, 30 Jahre gehofft, ein solches Objekt zu sehen."
Oumuamua tat der Astrophysikern den Gefallen, sich als erstes interstellares Objekt dabei beobachten zu lassen, wie es unser Sonnensystem durchquert.
"Es ist wirklich so die Feuerwehr losgegangen, als man das Objekt gefunden hat. Viele, viele Teleskope haben dann danach Ausschau gehalte, aber es war wirklich ein sehr, sehr kurzer Zeitraum, weil das Objekt halt auch so klein ist. Es ist also 50 bis 100 Meter lang und wahrscheinlich nur 10 Meter breit."
Oumuamua torkelt durch’s All
Aus Helligkeitsschwankungen während des Beobachtungszeitraums haben die Wissenschaftler gefolgert, dass das rätselhafte Objekt rotieren muss. Oumuamua torkelt durch’s All: Der Himmelskörper dreht sich alle acht bis neun Stunden um die kürzere seiner beiden Achsen. Um sich einmal um seine Längsachse zu drehen, braucht er mehr als zwei Tage.
"Wahrscheinlich war Oumuamua ursprünglich Teil eines größeren Himmelskörpers, der durch die Anziehungskraft eines nahen Sterns oder eines massereichen Planeten in die Länge gezogen wurde. Als Teile von diesem größeren Objekt abbrachen, hatten die dann ebenfalls die langgestreckte Form des Mutterobjekts."
Auch der Astronom Matthew Knight von der University of Maryland gehört zu dem Forscherteam, das sich Oumuamua in den vergangenen Monaten näher angesehen hat. Mit Computersimulationen versuchten die Wissenschaftler, die Bahn des Objekts zu rekonstruieren. Von wo kam der interstellare Besucher?
"Bislang haben wir keinen Ursprungsstern finden können. Das Objekt fliegt wahrscheinlich seit Millionen oder gar Milliarden von Jahren durch’s All. Und womöglich kommt es von so weit her, dass sich sein Ursprungsstern heute an einer ganz anderen Stelle im Kosmos befindet und damit für uns unauffindbar ist."
Gasgeben durch Abnehmen
Auf seinem Weg durch das All ist Oumuamua genau einmal an der Sonne vorbeigeflogen – und wird das nie wieder tun. Auf seiner Bahn beschleunigt Oumuamua jedoch. Dafür gibt es normalerweise nur eine Erklärung: Das Objekt wird leichter – und damit schneller. Abhängig von seiner Masse und seiner Geschwindigkeit konnte das internationale Forscherteam berechnen, dass der Himmelskörper während des Beobachtungszeitraums etwa ein Zehntel seiner Masse verloren haben muss, um den Geschwindigkeitszuwachs zu erklären. Das entspricht etwa einem Kilogramm Staub oder Eis pro Sekunde, das in den Weltraum entweicht.
"Das ist eine sehr geringe Menge. Wir haben alles versucht, um diesen Masseverlust zu beobachten. Wir haben die Weltraumteleskope Hubble und Spitzer auf Oumuamua gerichtet, aber nichts entdecken können. Das Objekt bildet keinen Schweif, so wie ein Komet. Es scheint sich stattdessen um einen völlig inaktiven Asteroiden zu handeln, um einen simplen Felsbrocken, dessen Oberfläche kein Gas freisetzt."
Gewagte These
Woher kommt aber dann der Geschwindigkeitszuwachs, seit sich das Objekt von der Sonne entfernt? Denn allein durch die nachlassende Anziehungskraft der Sonne lässt er sich nicht erklären. Handelt es sich vielleicht also doch um ein außerirdisches Raumschiff? Im November 2018 formulierten zwei Harvard-Forscher im Fachmagazin "Astrophysical Journal Letters" die gewagte These, bei Oumuamua könne es sich um ein Stück außerirdischer Hochtechnologie handeln. Susanne Pfalzner findet die Indizien dafür nicht überzeugend.
"Wenn ich jetzt ein Außerirdischer wäre und würde mir die Erde angucken wollen, dann würde ich da auch drumherum kreisen und würde nicht einmal vorbeifliegen und dann wieder weg. Ich glaube, das wären keine sehr geschickten Aliens."