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Interview mit Prof. Stefan Hornbostel
"Exzellenzinitiative ist so nicht weiterführbar"

Stefan Hornborstel im Gespräch mit Kate Maleike | 22.09.2014
    Kate Maleike: Der Schweizer Professor Dieter Imboden leitet seit heute die Internationale Expertenkommission, die die Exzellenzinitiative zur Förderung der Deutschen Wissenschaft in ihrer Wirkung evaluieren soll. Bund und Länder wollen das unbedingt - sie wollen Klarheit. Denn immerhin wurden für diesen Wettbewerb seit 2005 insgesamt mehr als 4,6 Milliarden Euro ausgegeben, und man will sehen, wie es weitergehen soll. Professor Stefan Hornborstel leitet das Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung in Berlin, und dieses Institut informiert und analysiert Entwicklungen des deutschen Wissenschaftssystems im internationalen Kontext, und berät unter anderem auch die Politik. Und was für unser Gespräch nun besonders wichtig ist: Dieses Institut hat sich in den letzten Jahren auch mit dem Monitoring der Exzellenzinitiative beschäftigt. Guten Tag, Herr Hornborstel!
    Stefan Hornborstel: Schönen guten Tag, Frau Maleike!
    Maleike: Bund und Länder erhoffen sich ja jetzt von dieser Evaluierung der Exzellenzinitiative Handlungsempfehlungen, wie es weitergehen soll. Wie wichtig ist diese ganzheitliche Evaluierung aus Ihrer Sicht als Qualitätsforscher?
    Hornborstel: Ich glaube, die ist für uns sehr wichtig, weil wir in Deutschland so eine Art großes Feldexperiment gehabt haben. Wir haben die Universitäten mit einem neuartigen, sehr groß aufgelegten Wettbewerbssystem beglückt und auf der anderen Seite die außeruniversitären Forschungseinrichtungen - also die Max-Planck-Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft - mit einem Aufwuchs der Grundmittel zur gleichen Zeit. Das sind zwei sehr unterschiedliche Prinzipien der Forschungsförderung und jetzt wäre es natürlich wichtig, herauszubekommen, was hat denn eigentlich besser gewirkt.
    Fortschritte schwer zu bewerten
    Maleike: Und wie kann man das eigentlich genau messen, wie die Exzellenzinitiative gewirkt hat? Es gab ja in diesem Wettbewerb nicht nur verschiedene Durchläufe, sondern auch drei Förderlinien: die Exzellenzcluster, die Graduiertenschulen und die Zukunftskonzepte, die die Unis zu Exzellenzunis werden ließen. Wie kann man da eigentlich eine Durchsicht bekommen?
    Hornborstel: Das ist nicht ganz einfach. Am schwierigsten sind sicherlich die Graduiertenschulen zu bewerten, weil man da einfach abwarten muss, was aus den Doktoranden am Ende eigentlich wird, und ob diese besondere Förderung auch zu einer besonderen Karriere geführt hat. Bei den Exzellenzclustern wird man typischerweise danach gucken, was denn an Output entstanden sind, und das sind in der Wissenschaft zunächst einmal Publikationen und die Resonanz, die diese Publikationen in der wissenschaftlichen Gemeinschaft erzeugt haben. Und bei den Exzellenzuniversitäten wird man natürlich ein bisschen auf die Rankings gucken und gucken, ob die Universität insgesamt sich denn in den internationalen Rankings verbessert hat, denn internationale Sichtbarkeit war ein wichtiges Ziel der Exzellenzinitiative.
    Maleike: Sie sprechen es an und man hört es ja auch schon, so ein bisschen skeptisch formulieren - es ist nicht so wirklich viel passiert, wenn wir die Rankings mal als Maßstab nehmen. So viel Verbesserung hat sich durch die Exzellenzinitiative dann doch nicht messbar gezeigt, oder?
    Hornborstel: Das ist in der Tat so. Wenn man jetzt mal bei der ersten Fördertranche bleibt, denn man braucht natürlich ein bisschen Zeit, um sozusagen die Publikationen abzuwarten und auch zu sehen, wie stark die internationale Gemeinschaft reagiert. Aber wenn wir bei der ersten Runde mal bleiben, muss man sagen, die Resonanz in den Rankings ist nicht signifikant. Nun kann man sich darüber streiten, welche Qualität das hat, aber auch, wenn man genauer in die Publikationen hineinschaut, muss man sagen, es ist sehr schwierig, hier tatsächlich einen so großen Effekt zu erkennen, wie er in der Annoncierung der Exzellenzinitiative öffentlich vorgetragen worden ist.
    Wichtige Effekte lassen sich nicht unmittelbar messen
    Maleike: Was man aber sagen muss, ist doch, dass Bewegung in die Sache gekommen ist, weil man sich besser beäugt hat und weil man vielleicht zumindest das Antragswesen deutlich verbessert hat in Deutschland. Was ist für Sie unterm Strich positiv von der Exzellenzinitiative mitzunehmen?
    Hornborstel: Genau. Man muss ein bisschen differenzieren, was die Effekte angeht. Bei dem Output, also bei den wirklichen harten wissenschaftlichen Ergebnissen ist es sehr, sehr schwierig, wirklich kausal die Effekte der Exzellenzförderung zuzurechnen. Denn man muss sich vorstellen, die Mitgliedschaft in solchen Clustern variiert. Nicht alle Antragsteller sind aktiv noch am Ende, und umgekehrt kommen neue dazu. Viele Forscher finanzieren Projekte aus Mitteln der Exzellenzinitiative und weiteren Quellen. Es war ein wichtiges Ziel, zu kooperieren mit den Außeruniversitären. Das heißt, die Grenzen verschwimmen so ein bisschen, und es ist sehr, sehr schwer festzustellen, was denn nun unmittelbare Wirkung der Exzellenzinitiative ist. Und wenn man dann noch ein Stückchen weitergeht, muss man sagen, die Effekte, die man in den Publikationen natürlich nicht sieht, nämlich das Klima an den Hochschulen, Kooperationen über Fachbereichsgrenzen hinweg, das waren sicherlich ganz wichtige Effekte, die man so unmittelbar nicht messen kann, die man am ehesten wahrscheinlich mit Befragungen bei den Wissenschaftlern erheben kann.
    Maleike: Und was denken Sie, wie soll es denn jetzt weitergehen? Würden Sie mehr dafür plädieren, sozusagen die Exzellenzinitiative wie auch immer verbessert weiterzuführen, sprich wettbewerblich zu bleiben, oder würden Sie eher sagen, lieber mehr Geld in die Grundhaushalte.
    Hornborstel: Ich glaube, die Exzellenzinitiative in der jetzigen Form ist so nicht wirklich weiterführbar, denn der Aufwand für die Anträge ist immens groß und verschlingt so viele Ressourcen, Zeit und Geld, dass man das, glaube ich, nicht auf Dauer stellen kann. Hinzu kommt, dass irgendwann dann alle Universitäten mal gewinnen müssen, dann haben wir nur noch Exzellenzuniversitäten. Ich glaube, eine gute Mischung wäre wichtig, denn was wir daneben auch sehen, ist, dass das Begutachtungssystem ohnehin bis an die Grenzen strapaziert ist. Das heißt, eine noch weitere Ausdehnung des Wettbewerbs ist vielleicht nicht hilfreich. Auf der anderen Seite: Eine Rückkehr zu einer reinen Grundfinanzierung, wie wir sie vor 40 Jahren mal gehabt haben, ist sicherlich auch nicht der Weg. Das heißt, man wird einen Kompromiss suchen müssen, der nachhaltige Entwicklung ermöglicht, aber auch beim Scheitern sozusagen den Stopp eines Projektes möglich macht.
    Maleike: Was hat die deutsche Exzellenzinitiative gebracht? Das soll eine internationale Expertenkommission herausfinden, die heute in Berlin vorgestellt wurde. Und wir haben dazu in "Campus & Karriere" mit Professor Stefan Hornborstel gesprochen, dem Leiter des Institutes für Forschungsinformationen und Qualitätssicherung. Danke schön!
    Hornborstel: Bitte schön!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.