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Investitionen in Märkte von morgen
Deutsche Wirtschaft sollte in Afrika aktiver werden

Die deutsche Wirtschaft droht bei Investitionen in Afrika ins Hintertreffen zu geraten. Westafrika sei durchaus interessant für Firmen, sagt Klemens Kindermann aus der Dlf-Wirtschaftsredaktion. Theresa May sei schon vor Kanzlerin Angela Merkel auf Staatsbesuch in Afrika gewesen - und wolle Großbritannien als größten Afrika-Investor positionieren.

Klemens Kindermann im Gespräch mit Jörg Münchenberg | 30.08.2018
    April 2018: Großbritanniens Premierministerin Theresa May begrüßt Ghanas Präsidenten Nana Addo Dankwa Akufo-Addoin London.
    War schon vor Angela Merkel auf Wirtschaftsmission in Afrika: Großbritanniens Premierministerin Theresa May (picture alliance / NurPhoto / Dominika Zarzycka)
    Jörg Münchenberg: Seit gestern bereist Bundeskanzlerin Angela Merkel Westafrika. Da geht es natürlich um das Thema Migration. Aber die Kanzlerin hat auch eine Wirtschaftsdelegation mitgenommen. Frage an Klemens Kindermann aus der Wirtschaftsredaktion: Ist Westafrika interessant für die deutsche Wirtschaft?
    Klemens Kindermann: Ja, durchaus. weil es sich bei den drei Ländern, die Angela Merkel besucht, dem Senegal, Ghana und Nigeria, um Demokratien handelt, die mehr als andere Staaten Afrikas rechtsstaatliche Prinzipien einhalten. Rechtsunsicherheit und Korruption gehören ja gerade zu den wichtigsten Investitionshemmnissen, die deutsche Unternehmen bisher in manch anderem Land Afrikas zurückhalten.
    Senegal, Ghana – vielleicht die Märkte von morgen
    Und zusätzlich haben diese Länder zum Teil ganz erstaunliche Wachstumsraten, Senegal und Ghana etwa mehr als sieben und acht Prozent. Natürlich sind die Volkswirtschaften im absoluten Vergleich klein, aber es sind junge, sehr schnell wachsende Gesellschaften, möglicherweise auch für deutsche Firmen Märkte von morgen.
    Münchenberg: Heute kommt die Kanzlerin nach Ghana, an den Golf von Guinea. Das Land hat 29 Millionen Einwohner. Was könnten sich deutsche Unternehmen da erhoffen?
    Kindermann: Das habe ich den Delegierten der Deutschen Wirtschaft in Ghana, Maximilian Butek, jetzt unmittelbar vor dem Besuch der Kanzlerin gefragt. Er hat seinen Sitz in Accra. Und er beschreibt die Geschäftsfelder, auf die deutsche Firmen bisher in Ghana setzen, so:
    "Die deutschen Unternehmen sind bislang in der Bauindustrie engagiert, in der Fertigung von Baumaterialien, und sehr stark kommend und schon etabliert im Energiesektor. Wir haben im Bereich pharmazeutische Erzeugnisse Unternehmen sowie im Chemiebereich."
    Kindermann: Dazu muss man sagen: da ist noch viel Hoffnung und Erwartung im Spiel. Im Moment liegt das Pro-Kopf-Einkommen in Ghana noch bei gut 1.600 US-Dollar im Jahr. Da ist also – noch – nicht viel Kaufkraft vorhanden. Zum Vergleich: Das Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland liegt bei 44.500 Dollar – das ist 28-Mal so hoch.
    Andere Länder investieren dort längst
    Münchenberg: Der Senegal war eine französische Kolonie, Ghana eine britische – wie weit sind denn andere Länder bereits in der Region aktiv?
    Kindermann: Das ist vielleicht der wichtigste Grund, warum auch die deutsche Wirtschaft aktiv werden sollte. Denn: Dort und in vielen rohstoffreichen Regionen Afrikas fängt gerade das Wettrennen an um die besten Plätze für die Zukunft. Die britische Premierministerin Theresa May hat diese Woche angekündigt, dass ihr Land bis zum Jahr 2022 der größte Afrika-Investor der G7-Industriestaaten werden wolle und jetzt schon dafür vier Milliarden Pfund Investitionsmittel zur Verfügung stelle.
    Und auch der Delegierte der Deutschen Wirtschaft in Ghana, Maximilian Butek, warnt davor, dass Deutschland da ins Hintertreffen gerät:
    "De facto ist, dass wir merken, dass die anderen Länder, besonders die Franzosen, die Amerikaner, die Chinesen, die Brasilianer nicht mehr warten, sondern jetzt in den Markt reingehen."
    Kindermann: In 15 Jahren würden viele Branchen schon besetzt sein, sagt Butek in dem Gespräch. In voller Länge senden wir das in der Sendung "Wirtschaft am Mittag heute ab 13.35 Uhr.