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IOC-Präsident Thomas Bach
"Wir sind keine Weltregierung"

Warum Sportlerinnen und Sportler "auch mal ein bisschen das große Ganze sehen" sollten und das IOC "keine Weltregierung" ist: Thomas Bach, seit sechs Jahren Präsident des IOC, hat im Dlf-Sportgespräch Stellung bezogen. Seine wichtigsten Aussagen in der Zusammenfassung.

Von Marina Schweizer |
Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, posiert für ein Foto in Lausanne, Schweiz.
IOC-Präsident Thomas Bach (picture alliance / Kyodo)
Das Thema Athleten treibt Thomas Bach um. Gerade sie sollen im Mittelpunkt stehen bei seiner Reform-Agenda. Doch genau gegenläufig dazu hat sich eine Athleten-Bewegung formiert, die sich von den Strukturen des Olympischen Sports lossagen möchte. Und die mehr Gewicht - etwa bei Abstimmungen - verlangt. In der IOC-Exekutive haben alle Sportlerinnen und Sportler zusammen nur eine Stimme.
"Das ist schon eine ganze Menge", sagt Bach, "es haben auch 206 Nationale Olympische Komitees nur eine Stimme in einem 15-köpfigen Exekutiv-Komitee."
Eine Durchsetzungskraft haben die Athleten damit nicht, befindet der Verein Athleten Deutschland. Der forderte jüngst, einen Anteil an den IOC-Einnahmen für Sportlerinnen und Sportler direkt auszuzahlen. Den Vergleich, dass das IOC damit seine Arbeiter bezahlen würde, lässt Thomas Bach im Deutschlandfunk Sportgespräch nicht gelten: "Die Athleten sind keine Arbeiter und schon gar nicht Angestellte des IOC."
Keine direkte Auszahlung an Athleten
Einer Auszahlung erteilt Bach eine Absage. Wie zuvor verweist er im Deutschlandfunk auf das Geld, das das IOC an seine Nationalverbände ausschüttet. Laut Bach in diesem Olympiazyklus rund fünf Milliarden US-Dollar, die auch Athletinnen und Athleten zugute kommen sollen. Man biete ihnen mit Olympischen Spielen die Bühne ihres Lebens. Dafür würden sie von den Nationalen Olympischen Komitees unterstützt, so Bach. Mit Blick auf die Sportförderung in Deutschland sagte er:
"Nun sollten die Athleten dann auch mal ein bisschen das große Ganze sehen. Wenn ich das ein bisschen flapsig sagen kann: Vielleicht wird auf hohem Niveau geklagt. Wenn Sie das vergleichen mit Athleten in 200 anderen Nationalen Olympischen Komitees, mit Athleten aus Afrika, aus Südamerika, aus Fernost, dann gibt es dort nicht diese Möglichkeiten, wie es sie hierzulande gibt."
Politische Ambitionen, die dem IOC insbesondere im Umfeld der Winterspiele in Pyeongchang 2018 unterstellt wurden, wies Bach zurück. Auch nach Bachs damaligem Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim und dem gemeinsamen koreanischen Eishockeyteam, waren Fragen nach der politischen Rolle des IOC aufgekommen. "Die Verantwortung des IOC bezieht sich auf die Olympischen Spiele", so der IOC-Präsident, "wir sind keine Weltregierung, die dafür Sorge tragen kann, dass ein souveränes Land Gesetze verabschiedet, bestimmte Standards einhält."
Keine Einmischung in Menschenrechtsfragen
Eine Einmischung in Menschenrechtsfragen gehe über diese Verantwortung hinaus. Immer wieder monieren Kritiker, dass sich das IOC nicht laut gegen Menschenrechtsverletzungen in Ausrichterländern wie China ausspricht. Erst 2015 hatte das IOC erneut Spiele nach Peking vergeben.
Thomas Bach freut sich indes, dass in seinem Heimatland Deutschland wieder laut über die Ausrichtung Olympischer Spiele nachgedacht wird - in Berlin und der Region Rhein-Ruhr. Aus dem jüngsten Nein der Bevölkerung in Hamburg und Bayern leitet der IOC-Präsident keine generelle Olympiamüdigkeit ab: "Diese Referenden haben, glaube ich, insbesondere das in Hamburg, unter sehr spezifischen Umständen stattgefunden und sind nicht, glaube ich, eine Aussage wirklich der Deutschen über das Thema Olympische Spiele."
Er habe den Eindruck, das Interesse aus Deutschland sei auch Ausdruck der Anerkennung für die Reformen im Internationalen Olympischen Komitee, sagte Thomas Bach.