Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

Is was?! Die Aufreger der Woche
Politiker im Sommereinsatz

Bei YouTube ist gestern ein politisches Diskussionsformat gestartet. Es heißt Diskuthek und in der ersten Ausgabe waren Philipp Amthor und Kevin Kühnert zu Gast. Andreas Scheuer muss sich derweil mit österreichischen Blockabfertigern rumschlagen.

Von Philipp Walulis | 28.06.2019
Philipp Amthor hält eine Rede
Auf YouTube wie im Bundestag präsent: Philipp Amthor (imago stock&people (Florian Gaertner /photothek))
Kevin Kühnert gegen Philipp Amthor. Der Showdown auf YouTube. Wird der junge SPDler in Schröder-Manier "basta" rufen? Wird der Rezo-Geplagte CDUler zum Befreiungsschlag ansetzen?
"In der Realität sind ein paar grau Schattierungen" (Kevin Kühnert)
"Die Dinge sind nun manchmal kompliziert" (Philipp Amthor)
Huch. Eine gesittete Diskussion. Kein plumper Talkshow-Populismus, keine billigen Schaukämpfe wie wir sie aus dem Fernsehen kennen! Stichwort "Hart aber sehr". Ist YouTube etwa das bessere Fernsehen?!
Diskussion auf Profi-Politiker-Deutsch
Auch die Zuschauer: Nicht weinbrandschwanger im Fernsehsessel weggedöst, sondern wirklich interessiert. Die Meinung in den Kommentaren: Die Show sei zu kurz und nicht genug in die Tiefe gegangen. Ja, Generation Snapchat will mehr als nur ADHS-Schnipsel.
OK, man darf nicht verallgemeinern. YouTube steht so wenig für ‘alle Jungen’ wie der Musikantenstadl einen Alleinvertretungsanspruch für alle Granufink-Junkies hätte erheben können. Weiß auch Philipp Amthor und stellt sicherheitshalber nochmal klar: "Aber ich bin ja auch nicht Rezo"
Gut, der Verdacht hätte sich eh nicht aufgedrängt. Denn die beiden Diskutanten sprechen fließend Profi-Politiker-Deutsch: "Schwierigkeiten in der Durchlässigkeit im sozialen Aufstieg" (Philipp Amthor), "Leistungsgerechtigkeit" (Kevin Kühnert), "Daseinsvorsorge-Verantwortung" (Philipp Amthor)
Von solchen Phrasen ist es sicher nicht weit bis zu "Verantwortungsdiffusion", "Wahrheitsstau" und "Antworten, die Teile der Bevölkerung verunsichern würden".
"Die Dinge sind kompliziert"
Da sind die beiden auf dem besten Weg die Pfade einzuschlagen, die bereits von anderen Politikern zu Phrasenautobahnen ausgebaut wurden. Im Moment noch ohne Maut. Aber mental schon mal blockabgefertigt. Wie Andreas Scheuer. Der kämpft mit den Folgen des Maut-Debakels und zündet zur Verschleierung eine geistige Nebelkerze nach der anderen. Erst Motorradfahren für alle, jetzt Klage gegen Österreich, das den teutonischen Urlaubstransit trübt.
Hoffen wir, dass es nicht auch noch zu einem Untersuchungsausschuss gegen Scheuer kommt. Nicht auszudenken, welche Ablenkungsmanöver uns dann blühen würden: Führerschein zur Einschulung geschenkt, Richtgeschwindigkeit 210 auf Landstraßen und eScooter bis 80 km/h frei in Fußgängerzonen. Ohne Helm!
Ein populistischer Vorschlag nach dem anderen. Da freut man sich ja schon, dass kommende Politiker das etwas differenzierter sehen, denn "Die Dinge sind nun manchmal kompliziert", sagt Philipp Amthor.