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Isang Yun vor 100 Jahren geboren
Koreas Brückenbauer der Musik

Isang Yun hat sich in seinen Werken um eine Verbindung von asiatischen und europäischen Elementen bemüht. Viele Jahre verbrachte der 1917 in Südkorea geborene Komponist in Berlin. Bis zu seinem Tod 1995 litt er unter der Spaltung seines Heimatlandes, der er auch musikalisch entgegenzuwirken suchte.

Von Albrecht Dümling | 17.09.2017
    Porträtfoto von Isang Yun
    Der südkoreanische Komponist Isang Yun träumte bis zu seinem Tod 1995 von der Wiedervereinigung seines Heimatlandes (picture-alliance / dpa)
    Isang Yun verbindet in seiner Musik Klangelemente seiner koreanischen Heimat und Europas. Deutschland hat seine Entwicklung wesentlich geprägt. Im Alter von 40 Jahren kam er nach West-Berlin, wo er die Kompositionsklasse von Boris Blacher und Zwölftonkurse bei Josef Rufer besuchte. Das Orchesterstück "Bara" schrieb er nach Abschluss dieses Unterrichts.
    Yun war am 17. September 1917 im Süden Koreas als Sohn einer Bauerntochter und eines Dichters zur Welt gekommen. Starken Eindruck machten ihm die Gesänge der Fischer und die Auftritte von Wandermusikern.
    "Ich bin so glücklich, dass ich in einer ländlichen Umgebung mit alten Traditionen und mit der Natur, wunderbare Natur, aufgewachsen bin. Das ist alles in mir tief als musikalische Quelle geblieben."
    Korea war damals von den Japanern besetzt. Als diese die Bevölkerung immer grausamer behandelten, schloss sich Yun dem Widerstand an. 1945 endete für Korea die 35-jährige Besatzungszeit. Aber schon bald folgten die Teilung des Landes und der verlustreiche Korea-Krieg. Isang Yun hatte inzwischen geheiratet und einfache Lieder komponiert.
    1955 erhielt Yun für sein erstes Streichquartett einen Preis, der ihm ein Studium in Europa ermöglichte. Dort war der Komponist schon bei mehreren Avantgardefestivals erfolgreich, als er überraschend im Juni 1967 durch den südkoreanischen Geheimdienst nach Seoul verschleppt wurde. Der Yun-Experte Walter-Wolfgang Sparrer:
    "Isang Yun wurde entführt wegen seiner Kontakte zur nordkoreanischen Botschaft und des Besuches von Nordkorea 1963."
    "Ich möchte in Ruhe weiter komponieren können"
    Yun wurde in Seoul gefoltert und zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach internationalen Protesten durfte er 1969 wieder nach Deutschland zurückkehren. Damals erklärte er in einem Interview:
    "Ich möchte in Ruhe weiter komponieren können. Das ist alles, was ich hoffe: in Frieden zu leben und weiter immer gute Musik zu schreiben."
    Zwei Jahre später wurde Isang Yun deutscher Staatsbürger und bald darauf Kompositions-Professor an der Berliner Hochschule der Künste, an der er einst studiert hatte. Daneben setzte er sich weiter für die Wiedervereinigung Koreas ein. Er glaubte, mit Musik dazu beitragen zu können.
    Mit Musik gegen den Krieg
    1979 wurde in Südkorea der Diktator Park Chung Hee ermordet, worauf das Militär das Kriegsrecht verhängte. Einige Monate später kam es in Gwangju zu einem Volksaufstand, der blutig niedergeschlagen wurde. Isang Yun reagierte darauf mit seinem Orchesterwerk "Exemplum in memoriam Gwangju".
    Yuns Komposition wurde 1981 in Köln uraufgeführt. Bald erklang sie auch in Nordkorea, wo danach regelmäßig Yun-Festivals stattfanden. Trotz der politischen Spannungen träumte Yun von einem einigen Korea. Diesen Wunsch brachte er auch mit seinem Oratorium "Mein Land, mein Volk!" zum Ausdruck. Es endet mit dem Ruf "tong-il" – Wiedervereinigung.
    Die deutsche Wiedervereinigung hat Yun begeistert begrüßt. Umso mehr schmerzte es ihn, dass er in Südkorea als Persona non grata galt. Bis zu seinem Tod 1995 ist er nie wieder dorthin zurückgekehrt. Unter dem neuen Präsidenten Moon Jae-in zeichnet sich jetzt jedoch eine Wende ab, wie dessen Gattin zu erkennen gab.
    "Die Staatspräsidentin hat jetzt kürzlich erst das Grab Isang Yuns in Berlin-Spandau besucht und hat dort einen Baum gepflanzt und einen Gedenkstein niedergelegt, auf dem ihr Name und der Name ihres Mannes stehen. Das ist ein Zeichen für die politische Öffnung, dass Isang Yun sozusagen in Südkorea Persona grata ist."
    In diesem Jahr wird Isang Yuns Musik endlich wieder in beiden Teilen Koreas gespielt.