
In Deutschland könne man froh sein, dass die muslimischen Verbände in den Moscheen vor Ort die religiöse Erziehung übernähmen und jungen Menschen einen "Bildungsislam" vermittelten, sagte Cemille Giousouf, Integrationsbeauftragte der CDU, im DLF. Das würde verhindern, dass Extremisten junge Menschen für sich gewinnen könnten. Man müsse die Frage stellen: Wie wäre die Situation, wenn wir die muslimischen Verbände nicht hätten?
Weiter betonte sie jedoch, dass eine Emanzipation von den Herkunftsländern - etwa bei Verbänden wie der Türkisch-Islamischen Union (Ditib) - langfristig notwendig sei, damit Integration funktioniere. Man könne den Verbänden jedoch nicht vorwerfen, dass sie momentan noch in dieser Art organisiert seien.
Positiv sieht sie, dass zukünftig immer mehr Imame in Deutschland ausgebildet werden können. Gerade für junge Menschen sei das ein Gewinn, "weil diese Imame ihre Lebenswirklichkeit (in Deutschland) kennen".
Positiv sieht sie, dass zukünftig immer mehr Imame in Deutschland ausgebildet werden können. Gerade für junge Menschen sei das ein Gewinn, "weil diese Imame ihre Lebenswirklichkeit (in Deutschland) kennen".
Im Interview verteidigte Giousouf zudem ihre Kritik an einer Karikatur in einem deutschen Schulbuch, auf der der türkische Präsident Erdogan als Kettenhund abgebildet war.
Das Interview in voller Länge:
Thielko Grieß: Wir schalten sozusagen eine Telefonleitung weiter zu Cemille Giousouf. Sie ist Abgeordnete im Deutschen Bundestag der CDU, Integrationsbeauftragte der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag. Guten Morgen!
Cemille Giousouf: Guten Morgen.
Grieß: Ist diese Konstruktion der DITIB, die wir gerade zuletzt besprochen haben, ein Problem für die Integration und ein Problem für das Image, für das Bild des Islam?
Giousouf: Ich glaube, man muss die Frage anders stellen. Wie wäre die Situation und wie viele junge Menschen können Extremisten für sich gewinnen, wenn wir die muslimischen Verbände in Deutschland in der Breite nicht hätten?
Wenn Sie sich mit jungen Menschen unterhalten, woher sie ihren muslimischen Glauben lernen, woher sie überhaupt das Wissen darüber haben, was der Islam bedeutet und wie er zu leben ist und welche Botschaft er hat, dann werden Sie ganz schnell merken, dass eben die Erziehung in den muslimischen Verbänden, in den Moscheen vor Ort stattfindet. Und im Kontext, wenn wir über Extremismus sprechen, dann können wir nur froh sein, dass die muslimischen Verbände diesen Bildungsislam, so wie er dort gepredigt wird, an die jungen Menschen herangetragen hat.
Eine Verbindung in die Herkunftsländer finde ich langfristig absolut nicht integrationsfördernd. Über den Punkt kann man separiert sprechen.
Imam-Ausbildung in Deutschland ist für die jungen Menschen "ein großartiger Gewinn"
Grieß: Da würden Sie sagen, da muss man auch noch mal an den Staatsvertrag heran, der aus den 80er-Jahren stammt, zwischen Deutschland und der Türkei, worauf diese Zusammenarbeit mit DITIB ja zurückgeht?
Giousouf: Absolut. Das sehe ich auf jeden Fall. Eine Emanzipation von den Herkunftsländern ist für alle Migrantengruppen, die hier in Deutschland leben, langfristig natürlich notwendig. Aber man kann den Leuten jetzt nicht zum Vorwurf machen, als sie hier hergekommen sind, waren sie so strukturiert, wie sie waren. Herr Alboga hat ja auch dargestellt, aus welcher Notwendigkeit heraus diese Imamausbildung stattfindet.
Jetzt sind wir dabei, Gott sei Dank seit einigen Jahren, dass es islamische Theologie an Hochschulen in Deutschland gibt. Wir können jetzt umsteuern, die Imame werden in Deutschland ausgebildet. Das ist für die jungen Menschen natürlich ein großartiger Gewinn, weil diese Imame auch ihre Lebenswirklichkeit kennen.
"Eine Karikatur hat in einem Schulbuch, ohne dass sie aufgeklärt und erklärt wird, keinen Platz"
Grieß: Sprechen wir noch kurz, Frau Giousouf, über Karikaturen. Es gab vor einigen Wochen die Geschichte, dass in einem baden-württembergischen Schulbuch eine Karikatur abgedruckt werden sollte - übrigens auch von Greser und Lenz, die gerade schon eine Rolle gespielt haben. Erdogan, der Präsident der Türkei, wurde als Kettenhund dargestellt. Sie haben diese Karikatur abgelehnt. Hat Satire also Grenzen?
Giousouf: Nein, das muss man differenzierter sehen. Ich habe diese Karikatur nicht abgelehnt, weil ich Erdogan zur Seite springen wollte, sondern weil ich gesagt habe, eine Karikatur hat in einem Schulbuch, ohne dass sie aufgeklärt und erklärt wird, keinen Platz.
Grieß: Aber man wird ja wahrscheinlich als Schüler darüber sprechen mit Lehrern.
Giousouf: Wenn Sie sich das Schulbuch ansehen, dann sehen Sie, dass weder in dem Begleitheft, noch in dem Kapitel, wo es um diese Karikatur geht, dass es dort eine Erklärung oder eine Auseinandersetzung mit dieser Karikatur gab.
Es war sozusagen der Einleitungstext für das Thema Assimilation oder Integration in Deutschland. Aber Sie haben natürlich vollkommen Recht: Wie gehen wir mit Karikaturen um? Das ist eine wichtige Frage. Die Presse- und Meinungsfreiheit ist nicht anzufeinden.
Es war sozusagen der Einleitungstext für das Thema Assimilation oder Integration in Deutschland. Aber Sie haben natürlich vollkommen Recht: Wie gehen wir mit Karikaturen um? Das ist eine wichtige Frage. Die Presse- und Meinungsfreiheit ist nicht anzufeinden.
Grieß: Darauf jetzt bitte eine ganz kurze Antwort.
Giousouf: Genau. Ich denke, die Presse- und Meinungsfreiheit, auch die Kunstfreiheit sind ein hohes Gut. Sie sind von allen zu verteidigen. Wie wir damit in Schulbüchern umgehen, da sollten wir wirklich kritisch, kritischer sein. Das ist meine Position.
Grieß: Die Argumentation von Cemille Giousouf heute Morgen hier im Deutschlandfunk, die Integrationsbeauftragte der Unions-Fraktion. Danke für das Gespräch!
Giousouf: Sehr gerne.
Grieß: Und einen schönen Tag.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.