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Islamischer Fastenmonat Ramadan
Hungern und Lernen

Sollen muslimische Schüler im Ramadan fasten? Kinderärzte und Lehrer hatten kürzlich beklagt, fastende Schüler könnten sich im Unterricht nicht konzentrieren. Vor allem der Verzicht aufs Trinken sei problematisch. Jetzt hat sich dazu ein Islamgelehrter der ägyptischen Azhar-Universität geäußert.

von Björn Blaschke | 11.06.2018
    Menschen sitzen an langen Tischen, der Fokus liegt auf einem jungen Mann, der mit anderen spricht, Dampf aus einer Shisha steigt auf.
    Im Ramadan essen Muslime erst nach Sonnenuntergang (imago/biky)
    Der Generalsekretär des Fatwa-Rates, Scheich Khaled Omran, bietet seinen Gästen höflich Wasser an – obwohl er selbst nichts trinkt. Es ist Ramadan - islamischer Fastenmonat, in dem zumindest jeder Muslim ab der Pubertät - von der Morgendämmerung bis Sonnenuntergang - auf Essen und Trinken verzichten soll.
    In Deutschland hat diese Zeit erneut für Diskussionen gesorgt. Ein Streitpunkt: Sollen schulpflichtige Muslime fasten oder nicht? So sagte Familienministerin Franziska Giffey sinngemäß, für Jugendliche seien Schule und Gesundheit wichtiger als das Fasten.
    Fasten soll nicht krank machen
    Dazu nahm Scheich Khaled Omran jetzt in der ARD Stellung: "Zur Erklärung der Ministerin möchte ich sagen, dass es jedem Schüler überlassen sein sollte, zu entscheiden, ob er fastet oder nicht. Jeder Schüler oder Student ist anders als der andere", so Omran.
    "Wir haben deswegen Regeln aufgestellt, an denen Schüler und Studenten sich orientieren können. Jeder entscheidet, ob er gerade in einer wichtigen Phase steckt, ob er zum Beispiel eine Prüfung hat, die wichtig ist. Ein Schüler sollte durch das Fasten nicht krank werden. Oder seine Konzentration verlieren. Weil dadurch seine Aufnahme- und Begriffsfähigkeit beeinträchtigt wird."
    Schülerinnen und Schüler sitzen in einer Turnhalle an Einzeltischen und machen Abiturprüfungen. Vor ihnen liegen Englisch-Wörterbücher.
    Abiturprüfung mit Magenknurren? (Jens Wolf / dpa)
    In Ägypten wurde das schon vor einiger Zeit geklärt – eben durch eine Fatwa, ein religiöses Rechtsgutachten: "Ja, für ägyptische Schüler und Studenten, als wir zum Anlass des Zentralabiturs gefragt wurden. Einige Schüler empfanden das Fasten als echte Belastung.".
    Daher sei diese Fatwa, dieser religiöse Rechtsspruch, erlassen worden: "Mit der Einschränkung, dass der jeweilige Schüler die verpassten Fastentage nach dem Ramadan und nach Abschluss der Prüfungen nachholt."
    Verpasste Fastentage müssen nachgeholt werden
    Immer wieder sind aus deutschen Schulen Klagen darüber zu hören, dass muslimische Eltern Druck aufbauen. Sie wollen, dass Direktoren Prüfungen, die in diesem Monat anstehen, auf die Zeit nach dem Ramadan verschieben.
    Auch in diesem Punkt ist der ägyptische Religionsgelehrte Khaled Omran eindeutig: "Es ist grundsätzlich dem jeweiligen Schulsystem überlassen, wann und wie Prüfungen abgenommen werden. Wenn die Prüfungstermine nicht zu verschieben sind, dann rufen wir die Schüler dazu auf, die Prüfungen abzulegen und nicht zu fasten, wenn das Fasten eine Belastung ist. Die verpassten Tage müssen dann später nachgeholt werden. Ich hoffe doch, dass es im Verlauf eines Jahres Zeit gibt, in denen das möglich ist."
    Viele Muslime in Deutschland sind türkischstämmig. Für die Gläubigen unter ihnen ist, wie auch für die meisten Türken in der Türkei, das wichtig, was das Diyanet in Ankara sagt, die staatliche Einrichtung zur Verwaltung religiöser Angelegenheiten in der Türkei. Das Diyanet hat sich zu Problemen wie Fasten unter Jugendlichen, die zur Schule gehen müssen, bisher allerdings nicht geäußert.