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Israel
Haftstrafe für ehemaligen Regierungschef

Der ehemalige Regierungschef Israels, Ehud Olmert, tritt seine Haftstrafe an - die erste überhaupt für einen ehemaligen israelischen Ministerpräsident. Er soll unter anderem Dienstreisen doppelt abgerechnet und Schmiergelder angenommen haben. Olmert gilt in Deutschland als letzter Premier, der eine Zwei-Staaten-Lösung verfolgt hat. Sein Einzug ins Gefängnis ist der vorläufige Abschluss von mehrjährigen Ermittlungen.

Von Torsten Teichmann |
    Der frühere israelische Ministerpräsident Ehud Olmert erwartet im Obersten Gerichtshof in Jerusalem sein Urteil.
    Der frühere israelische Ministerpräsident Ehud Olmert erwartet im Obersten Gerichtshof in Jerusalem sein Urteil. (picture alliance / dpa - Gali Tibbon / Pool)
    Vier Unterhosen, vier Paar Socken und zwei Pullover ohne Kapuze und Innenfutter darf Ehud Olmert zum Haftantritt mitbringen. Sein Einzug ins Gefängnis ist der vorläufige Abschluss von acht Jahren Ermittlungen, Prozessen, Urteilen und Revisionen.
    Ursprünglich: Haftzeit verkürzt
    Zuletzt hatte das Oberste Gericht in Jerusalem für Israels ehemaligen Regierungschef die ursprüngliche Haftstrafe von sechs Jahren deutlich verkürzt:
    "Mir ist ein großer Stein vom Herzen gefallen, dass das oberste Gericht festgestellt hat, dass ich im zentralen Anklagepunkt, der Affäre um das Bauprojekt Holyland in Jerusalem, nicht schuldig bin", so Olmert im Dezember 2015.
    Tatsächlich kassierten die Richter einen wichtigen Punkt der Anklage. Aber Olmert bleibt verurteilt wegen der Annahme von 15.000 Euro Schmiergeld und Strafvereitelung. Und in zwei Verfahren stehen Revision und Befragung noch aus.
    Erste Gefängnisstrafe für einen ehemaliger Ministerpräsident
    Zum ersten Mal trete in Israel ein ehemaliger Ministerpräsident eine Haftstrafe an, erklärt der Jurist Moshe Neghbi im Radio:
    "Das ist natürlich auf der einen Seite sehr sehr traurig. Auf der anderen Seite können wir wirklich stolz darauf sein, dass bei uns die Gleichheit vor dem Gesetz gewährleistet, dass auch ein Mann mit der enormen Macht eines Ministerpräsidenten, vom Gericht wie jeder andere behandelt wird."
    Ausgerechnet Olmert. Als Abgeordneter beginnt seine Karriere in den 70er Jahren. Seine Themen: Kampf gegen Korruption und organisiertes Verbrechen. Er wird später Gesundheitsminister, Handelsminister, ab 1993 Bürgermeister von Jerusalem. Und nach dem Zusammenbruch von Ariel Sharon und der Parlamentswahl 2006 steigt er zum Ministerpräsidenten des Landes auf.
    Keine zwei Jahre später ermittelt die Polizei wegen des Verdachts der Korruption. Der Druck ist groß. Immer neue Vorwürfe tauchen auf. Koalitionspartner drohen mit dem Bruch. Olmert kündigt schließlich seinen Rücktritt an:
    "Ich werde mein Amt ehrenhaft und auf korrekte und verantwortungsvolle Weise abgeben, genauso wie ich während meiner Amtszeit gehandelt habe. Dann werde ich meine Unschuld beweisen."
    Dienstreisen, Schmiergeld, Bauprojekte
    Dem Regierungschef wird vorgeworfen, Dienstreisen doppelt abgerechnet zu haben. Schmiergeld soll geflossen sein, um das Bauprojekt Holyland, gigantische Wohntürme in Jerusalem überhaupt zu realisieren. Und Olmert habe von einem Geschäftsmann Briefumschläge voll Bargeld angenommen:
    "Es gab keine Bestechung! Es gab kein Geld, das eingesteckt wurde. Es gab keine Umschläge mit Geld. Es gab nichts von diesen Dingen, die man mir anhängen wollte."
    Vertraute des ehemaligen Ministerpräsidenten sprechen von Verleumdung. Sie machen damals die Opposition dafür verantwortlich.
    Aber warum setzt Olmert dann seine frühere Büroleiterin Shula Zacken unter Druck. Zacken schneidet mit, als Olmert sie vor einer einer Aussage warnt:
    "Wenn Du etwas angenommen hast, aber mir nichts davon erzählt hast - was hast Du dann verbrochen? Dann hast Du ja nichts gemacht. Aber in dem Moment, wo ich davon wusste - das ist genau das, was sie wollen."
    Zaken packt als Kronzeugin aus. Olmert bleibt deshalb einen zusätzlichen Monat wegen Strafvereitelung in Haft. Block zehn des Gefängnisses Massijahu ist für prominente Häftlinge reserviert. Olmert wird dort den früheren Israelischen Staatspräsidenten Moshe Katzav treffen. Katzav verbüßt eine Haftstrafe wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung.