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Italienischer Innenminister
Salvini Superstar

Matteo Salvini, Chef der nationalistischen Lega, hat seine Umfragewerte im letzten Jahr praktisch verdoppelt. Dass er Flüchtlingen die Einfahrt in italienische Häfen verweigert, ist in Italien mittlerweile mehrheitsfähig. Salvinis Geheimnis? Ein offenes Ohr für all jene, die sich abgehängt fühlen.

Von Tassilo Forchheimer | 04.05.2019
Italiens Innenminister Matteo Salvini in einer Fernsehdiskussion in Rom vor einem Bildschirm mit Schlauchboot und Flüchtingen, Juni 2018
Italiens Innenminister Matteo Salvini wird von seinen Anhängern "Il Capitano" - der Kapitän - genannt (imago / Samantha Zucchi)
Der Mann ist ein politisches Naturtalent – immer in der Lage, den Nerv der Menschen zu treffen. Mit einer ganz einfachen, aber äußerst wirkungsvollen Rhetorik. Sein Lieblings-Stilmittel sind schnelle Aufzählungen, die ihn entschlossen wirken lassen. Wie kleinen Hammerschlägen verstärken sie seine Botschaften. Dabei bleibt die Sprache immer simpel. Kurze Sätze, die sich leicht einprägen.
Aufzählung: "Mehrwertsteuerzahler, Handwerker, Händler, Freiberufler, Kleinunternehmer werden weniger Steuern zahlen."
Womit Matteo Salvini auch schon einen Großteil seiner Wählerschaft angesprochen hat. Italien ist das Land der kleinen Geschäftsleute, von denen sich viele abgehängt fühlen. Salvini gibt ihnen das Gefühl, wieder dazuzugehören.
Salvini - der Kumpel von nebenan
Salvini: "Zuerst die Italiener." Das erinnert an die USA. Salvini wirkt meist wie der Kumpel von nebenan. Einer, der ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Menschen hat. "Es ist meine Pflicht herzukommen und zuzuhören", sagt er. Wenn die anderen das nicht täten, sei das deren Problem.
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Matteo Salvini auf Instagram - Bei den meisten Italienern kommt der "Capitano" bestens an (Screenshot Instagram | @matteosalviniofficial)
"Wir und die anderen", das ist ein regelmäßig wiederkehrendes Motiv bei Matteo Salvini, der sich mehrfach am Tag umzieht. Sein kompakter Oberkörper dient oft als Dauerwerbefläche für politische Botschaften. Alternativ trägt er die Uniform der ihm unterstellten Polizei. Das ist so, wie wenn Horst Seehofer künftig als Bundespolizist herumlaufen würde. Bei Salvini ist das völlig normal – genauso wie seine Feindbilder.
Hass auf Brüssel und Macron
Besonders stark zu spüren bekommt das Frankreichs Präsident Macron, bei dem Salvini inzwischen auf jede diplomatische Zurückhaltung verzichtet. "Ich bin mit meinem ganzen Herzen beim französischen Volk, den Millionen Männern und Frauen, die in Frankreich mit einer furchtbaren Regierung leben, mit einem äußerst schlechten Staatspräsidenten."
Genauso abgrundtief scheint der Hass gegenüber der EU-Kommission zu sein. "Die Feinde Europas, des Glücks der Völker Europas, sind diese Junkers, diese Moscovicis, die Unsicherheit und Angst über Europa gebracht haben und sich weigern, ihre Sessel frei zu gebenl"
Der italienische Autor und Journalist Roberto Saviano im Sanita Theater in Neapel, Italien, 2016.
"Lasst uns Salvini, die Möglichkeit nehmen, weiter Hass und Verachtung zu säen" - Der italienische Autor und Journalist Roberto Saviano (ANSA / Cesare Abbate)
Von Europa drohe permanente Gefahr. "Wir müssen vorsichtig sein, wir müssen zusammenhalten, denn draußen warten die Aasgeier, die über Italien fliegen, um uns die gesunden Betriebe wegzunehmen, die uns geblieben sind."
Kritische Stimmen warnen vergebens
Verbrecher, Drogenhändler und Terroristen drohten Italien zu infiltrieren, warnt er immer wieder. Dass Salvini Rettungsschiffen mit Flüchtlingen an Bord die Einfahrt in italienische Häfen verweigert, ist in Italien inzwischen mehrheitsfähig.
Kritische Stimmen wie die von Schriftsteller Roberto Saviano bleiben bei den meisten ohne Wirkung. "Ich bitte Euch! Wollt ihr wirklich weiter eine Person unterstützen, die nur droht, Lügen verbreitet, mit allen Mitteln Hass und Verachtung schürt? So geht das nicht. Das ist nicht unsere Republik! Lasst uns Matteo Salvini, dem Innenminister der Unterwelt, die Möglichkeit nehmen, weiter Hass und Verachtung zu säen und immer wieder Lügen zu verbreiten."
Umfragewerte praktisch verdoppelt
Stattdessen eilt Salvini von einem Wahlerfolg zum nächsten, sicher auch weil er ständig den Eindruck vermittelt, da ist einer, der wirklich anpackt. "Leute ab morgen in den Büros an die Arbeit! Die Feuerwehrkaserne von L'Aquila, der Wiederaufbau nach dem Erdbeben, Schutzwälle für die Strände, die die ganze Küste entlang weggespült werden, Krankenhäuser öffnen, die andere geschlossen haben."
Seit der Wahl vor einem Jahr hat Salvini seine Umfragewerte praktisch verdoppelt.