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IW-Studie
Deutschland profitiert von Zuwanderung

Deutschland profitiert mehr von der Zuwanderung ausländischer Fachkräfte als bisher angenommen. Das geht aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft hervor. Demnach sind 29 Prozent der Einwanderer Akademiker. Besonders der Pflege- und Gesundheitsbereich wurde bisher erheblich entlastet.

Von Stefan Maas | 20.01.2014
    Die Diskussion um die Zuwanderung armer Menschen aus Bulgarien und Rumänien und eine befürchtete zusätzliche Belastung der Sozialsysteme geht für Michael Hüther, den Direktor des Institutes der deutschen Wirtschaft Köln, an der Realität vorbei. Unter dem Strich profitiere Deutschland von den Zuwanderern, erklärte Hüther am Morgen in Berlin.
    "Was wir festhalten können, ist, dass die Zuwanderer im Schnitt sehr viel höher qualifiziert sind als das früher der Fall war. Also die Ausgangssituation in der Struktur der Zuwanderung heute eine völlig andere ist als vor 15 Jahren."
    So habe knapp ein Viertel der erwachsenen Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien einen akademischen Abschluss. Unter den Zuwanderern insgesamt seien es 29 Prozent. Innerhalb der Gesamtbevölkerung in Deutschland nur 19 Prozent.
    Belegschaften werden internationaler
    Besonders positiv wirke sich aus, dass etwa jeder zehnte Zuwanderer über einen Hochschulabschluss in einem so genannten MINT-Fach verfüge. Also: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik. Unter den Rumänen und Bulgaren liege der Anteil bei gut acht Prozent. Und damit höher als in der Gesamtbevölkerung hierzulande.
    Hüther sagte, die Zahlen zeigten auch, dass die Belegschaften in Unternehmen in den vergangenen Jahren deutlich internationaler geworden seien:
    "Nehmen Sie nur den Fall, dass im Bereich der erwerbstätigen MINT-Akademiker heute 15 Prozent der Personen Migrationserfahrung haben. Das waren vor zehn Jahren unter 13 Prozent."
    Allerdings habe ein hoher Anteil der Zuwanderer auch keine abgeschlossene Berufsausbildung. Hier könne durch zielgruppenspezifische Bildungsangebote noch Fachkräfte-Potenzial erschlossen werden.
    Besonders aber der Gesundheits- und Pflegebereich habe schon von den Zuwanderern profitiert.
    42 Prozent sozialversicherungspflichtig
    Insgesamt gelte, dass die Zuwanderung sich positiv auf die deutsche Wirtschaft auswirke und damit auch auf die öffentlichen Haushalte.
    "Das gilt zunächst einmal für die Sozialversicherungszweige, denn die Zuwanderung erhöht die Zahl der Beitragszahler. Wir haben hier eine Altersstruktur, die, wenn Sie so wollen, förderlich ist für die Ausgabenstruktur der Sozialversicherung. Der Anteil der älteren Menschen ist deutlich geringer. Und der Anteil der Sozialversicherungspflichtigen liegt insgesamt höher als bei der Vergleichsgruppe der hier Lebenden. Bei den Zugewanderten insgesamt sind 42 Prozent sozialversicherungspflichtig beschäftigt, bei den zugewanderten Bulgaren und Rumänen 39,5 Prozent. Bei den hier Lebenden 35,5."
    Langfristig müsse man aber damit rechnen, dass die Zuwanderung wieder zurückgehen werde. Der Migrationsbericht 2012 der Bundesregierung zeige, dass viele Zuwanderer aus den ost- und südeuropäischen Staaten stammten.
    Für Zuwanderer aus Drittländern attraktiv werden
    "Mittel- bis langfristig müssen wir darauf achten, dass sich die Struktur der Zuwanderung ändern wird. Und das gibt auch politische Herausforderungen. Wir haben im Moment in erheblichem Maße Zuwanderung aus Osteuropa und aus Südeuropa. Mit unterschiedlichen Gründen. Wir können davon ausgehen, dass wenn die Krise in Südeuropa sukzessive überwunden wird, der Zustrom von dort eher geringer wird. Und wir können gleiches erwarten, wenn in Osteuropa die Wachstumsperspektiven sich verstetigen und das Pro-Kopf-Einkommen ansteigt. Und die Erfahrungen mit Polen und anderen Ländern zeigt ja, dass das schneller gehen kann als vorher erwartet."
    Deshalb müsse sich Deutschland vermehrt darauf einstellen, für Zuwanderer aus sogenannten Drittländern, also von außerhalb der EU attraktiv zu sein.