Merz: Guten Morgen, Herr Wiese.
Wiese: Herr Merz, wir brauchen ja gar nicht drum herum zu reden: Die ersten Reaktionen der Union auf die Kabinettsklausur waren durchweg negativ. Aber 25 Milliarden Euro Entlastung - das ist doch schon etwas. Was haben Sie denn daran auszusetzen?
Merz: Herr Wiese, niemand von uns ist gegen Steuerentlastung. Im Gegenteil: Wir hätten ja schon längst und früher Steuerentlastungen haben müssen, dann wäre uns in Deutschland manche Unternehmenspleite erspart geblieben, dann wäre mancher Arbeitsplatz zu retten gewesen, dann wäre die Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht so hoch. Das sind alles Dinge, die wir vor ziemlich genau drei Jahren mit der rot-grünen Bundesregierung streitig so ausgetauscht haben, als sie eine Steuerreform auf den Weg gebracht hat mit der sie zunächst einmal für die Kapitalgesellschaften die Steuern drastisch gesenkt, für Arbeitnehmerhaushalte, für Personengesellschaften, für kleine mittelständische Betriebe die Steuerbelastung aber drastisch erhöht hat, weil sie nämlich damals gesagt hat, wir machen jetzt Veränderungen an der Steuerbasis, damit wir 2005 die Steuern senken können. Jetzt haben wir eine völlig andere wirtschaftliche Situation. Sie haben das ja heute Morgen in Ihren Nachrichten auch selbst gesagt: Nicht die Union blockiert, sondern es sagen alle Bundesländer - unabhängig davon, ob sie von der Union oder der SPD regiert werden - dass der Weg in die höhere Verschuldung nicht mehr möglich ist. Das sagen wir in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, beide Parteivorsitzende, auch. Es geht nicht, dass wir mit noch höheren Schulden kreditfinanziert Steuersenkungen machen. Das war bis vor wenigen Wochen ja auch die Position des Bundesfinanzministers, der uns erklärt hat: Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Ich frage mich: Was hat sich daran eigentlich geändert?
Wiese: Sie sagen also - und das weiß man ja auch schon seit längerem, auch Sie, auch die Union ist für Steuerentlastung für die Bürger, aber nicht auf diesem Wege, wie die Regierung das jetzt durchziehen will, nämlich durch Neuverschuldung. Auf welchem Wege dann, Herr Merz? Wie sieht Ihr Konzept aus?
Merz: Wir haben immer gesagt, dass für uns die Strukturreform auf dem Arbeitsmarkt, die Einsparungen in den sozialen Transfersystemen, aber auch die Einsparungen in den sozialen Sicherungssystemen - also Transfersysteme: Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe; Sicherungssysteme: Rente, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung - dass diese Reformen Vorrang haben. Die Bundesregierung geht den umgekehrten Weg. Ich will es mal in einem ganz einfachen Bild sagen: Das ist so, als wenn ein Familienvater für den 01.01.2004 ein sehr teures neues Auto bestellt, die Bestellung abgibt, und jetzt in der Nachbarschaft herumfragt: Wie können wir das denn wohl bezahlen? So geht die Bundesregierung vor. Das ist vordergründig populär, vor allen Dingen, wenn eine große Boulevardzeitung in Deutschland seit Wochen trommelt und die Steuersenker auszeichnet und diejenigen, die etwas Bedenken äußern, an den Pranger stellt. Da entsteht ein Klima, da entsteht ein Umfeld, wo der Bundeskanzler - und das beherrscht er ja nun wirklich - wieder schöne Bilder gestellt hat. Aber von der Substanz der Finanzpolitik her ist das alles andere als seriös. Da müssen wir - und ich glaube, das ist eine ganz große Aufgabe der Opposition - sagen: Bundesregierung, also bitte, jetzt hätten wir gerne auch mal von der Bundesregierung konkret die Vorschläge, wie das denn zu finanzieren ist. Wir haben unsere Verhandlungsbereitschaft dazu immer erklärt. Niemand von uns blockiert, aber das werden sehr schwierige Verhandlungen zum Ende des Jahres. Ich bin auch sehr gespannt, ob etwa die Gemeinden in Deutschland - und von denen sind ja immer noch viele SPD-regiert - ich bin sehr gespannt, ob die Länder - davon sind immer noch viele SPD-regiert - diesen Weg in die Neuverschuldung mitgehen, diesen Weg, den die Bundesregierung da gestern vor wunderschöner Kulisse mit wunderschöner Verpackung aufgezeigt hat.
Wiese: Noch einmal die Nachfrage, Herr Merz, damit auch ich das verstehe und vielleicht viele andere auch: Wenn nicht über Neuverschuldung die Steuerentlastung, wie dann? Wie soll sie dann nach Ihrer Meinung finanziert werden?
Merz: Noch einmal, damit das ganz deutlich wird: Sie müssen Prioritäten setzen. Die aller erste Priorität ist, dass wir Reformen auf dem Arbeitsmarkt so machen, dass in Deutschland wieder mehr gearbeitet wird. Vor diesem Hintergrund teile ich übrigens die Auffassung, dass die Beendigung des Streiks gestern ökonomisch für Deutschland eine viel größere Bedeutung hatte als die Ankündigung einer auf Pump finanzierten Steuersenkung.
Wiese: Da gibt es ja aber auch viele Vorhaben in der Agenda 2010, die genau das auch eigentlich anstreben.
Merz: Deswegen haben wir ja auch gesagt, das ist durchaus der Weg in die richtige Richtung. Das geht uns nicht weit genug. Wir haben ja auch schon ganz konkret im Regierungsprogramm bei der Bundestagswahl 2002 gesagt, wie man etwa im Bereich der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe auch zu Einsparungen kommt. Wenn das alles auf den Weg gebracht ist, können wir uns auch über weitere Steuersenkungen unterhalten. Nur: Sie mit Steuererhöhungen an anderer Stelle zu finanzieren ist auch ein Weg, den wir für grundsätzlich falsch halten. Da verbirgt sich hinter dem Wort des "Subventionsabbaus" ja auch manche Steuererhöhung.
Wiese: Wo meinen Sie konkret?
Merz: Ich will Ihnen mal ein Beispiel nennen: Wenn die Bundesregierung sagt, dass die sogenannten Verlustbeiträge bei den Unternehmen, also die Verluste aus früheren Jahren, die ja auch in den Unternehmen häufig zu niedrigen Eigenkapitalausstattungen geführt haben, im Folgejahr, wenn Gewinne gemacht worden sind, gegen die Gewinne nicht mehr verrechnet werden dürfen und auf diese Gewinne dann gleich Steuern anfallen, dann ist das keine Subventionskürzung, sondern eine völlig unsystematische Steuererhöhung. Das ist ein Weg, den die Union nicht mitgeht. Das haben wir vorher gesagt, das haben wir jetzt gesagt, das werden wir auch am Ende des Jahres sagen. Wenn die Bundesregierung konkret sagt, wie sie etwa in der Sozialversicherung einsparen will, ist das ein Thema, wo wir reden können. Aber sehen Sie: Was ist denn da gestern eigentlich gemacht worden? Der Bundesfinanzminister hat schon letzten Donnerstag zwei Milliarden Einsparungen bei der Rente in seinen Etat eingeplant. Jetzt sind gestern noch mal Steuersenkungen beschlossen worden, aber über dieses Thema ist nichts entschieden worden. So kann man seriös Finanzpolitik nicht machen.
Wiese: Herr Merz, Schröder hat Ihnen ja irgendwie eine Falle gestellt. Wie kommen Sie da jetzt raus? Sie stehen ja zumindest in der Öffentlichkeit als Spielverderber da, wenn Sie den Bürgern Steuererleichterungen vermiesen und vorenthalten?
Merz: Aus dieser "Falle", wenn es denn überhaupt eine ist, Herr Wiese, kommen wir ganz leicht heraus, wenn wir den Bürgern genau dasselbe sagen, was die Bundesregierung die letzten vier Jahre gesagt hat: dass nämlich - ich wiederhole es ganz einfach noch mal - die Schulden von heute die Steuern unserer Kinder von morgen sind. Das werden die Bürger in Deutschland verstehen. Das werden sie vor allen Dingen dann verstehen, wenn alle Länder, wenn alle Kommunen, wenn alle vernünftigen Menschen in dieser Welt, die für Finanzpolitik und Haushalte Verantwortung tragen, dies der Bundesregierung sagen. Übrigens auch dem Bundesfinanzminister, der uns dies doch immer vorgehalten hat. Sehen Sie mal: angeblich waren wir noch nicht einmal in der Lage, in Deutschland sechs Milliarden Euro für die Finanzierung der Flut zu finanzieren im letzten Jahr. Dafür musste eine Steuersenkungsstufe auf den 01.01.2004 verschoben werden. Jetzt haben wir im Jahre 2003 mehr als das Doppelte der Neuverschuldung, die eigentlich geplant war. Jetzt werden Steuersenkungen in Aussicht gestellt, wieder auf Pump finanziert, etwas, was der Bundesfinanzminister für seine Amtszeit immer ausgeschlossen hat. Plötzlich ist das das Instrument, um die Konjunktur in Deutschland anzukurbeln. Da wird etwas gemacht, was wir in den 70er Jahren in Deutschland schon mal hatten: Kreditfinanzierte Konjunkturprogramme, an deren Abbezahlung wir dreißig Jahre später - heute am Tag - immer noch leiden, die wir immer noch als hohe Schulden unseres Staates in den Büchern stehen haben. Die Union wird hier solide bleiben. Sie wird finanzpolitisch keinen Kurs mitmachen, der auf den Weg höherer Neuverschuldung einschwenkt. Das wird uns am Ende des Jahres von der Mehrheit der Bürger auch honoriert. Da bin ich mir ganz, ganz sicher.
Wiese: Die Union wird solide bleiben, sagen Sie, indem sie dieses ganze Paket im Bundesrat mit Ihrer Mehrheit ablehnen wird?
Merz: Nein, Solidität erschöpft sich ja nicht darin, Herr Wiese, dass Sie eine Ankündigung, etwas abzulehnen, machen, bevor überhaupt etwas vorgeschlagen wird. Wir sind bereit zu Gesprächen, wir sind auch bereit zu Kürzungen. Wir sind bereit, auch Einschränkungen mitzutragen. Am Ende des Tages müssen die Dinge aber solide finanziert werden. Da schließe ich für uns aus, dass wir einen Weg mitgehen, der zu höherer Verschuldung führt beim Bund, bei den Ländern und auch bei den Gemeinen. Wenn die Bundesregierung mit uns zusammen andere Wege sieht, dann sind wir die allerletzten, die eine Verhandlung und Gespräche darüber verweigern.
Wiese: Vielen Dank. Das war in den Informationen am Morgen im Deutschlandfunk der stellvertretende Vorsitzende der CDU-CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz. Ich bedanke mich, Herr Merz. Auf Wiederhören.
Merz: Ich bedanke mich bei Ihnen.
Link: Interview als RealAudio
Wiese: Herr Merz, wir brauchen ja gar nicht drum herum zu reden: Die ersten Reaktionen der Union auf die Kabinettsklausur waren durchweg negativ. Aber 25 Milliarden Euro Entlastung - das ist doch schon etwas. Was haben Sie denn daran auszusetzen?
Merz: Herr Wiese, niemand von uns ist gegen Steuerentlastung. Im Gegenteil: Wir hätten ja schon längst und früher Steuerentlastungen haben müssen, dann wäre uns in Deutschland manche Unternehmenspleite erspart geblieben, dann wäre mancher Arbeitsplatz zu retten gewesen, dann wäre die Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht so hoch. Das sind alles Dinge, die wir vor ziemlich genau drei Jahren mit der rot-grünen Bundesregierung streitig so ausgetauscht haben, als sie eine Steuerreform auf den Weg gebracht hat mit der sie zunächst einmal für die Kapitalgesellschaften die Steuern drastisch gesenkt, für Arbeitnehmerhaushalte, für Personengesellschaften, für kleine mittelständische Betriebe die Steuerbelastung aber drastisch erhöht hat, weil sie nämlich damals gesagt hat, wir machen jetzt Veränderungen an der Steuerbasis, damit wir 2005 die Steuern senken können. Jetzt haben wir eine völlig andere wirtschaftliche Situation. Sie haben das ja heute Morgen in Ihren Nachrichten auch selbst gesagt: Nicht die Union blockiert, sondern es sagen alle Bundesländer - unabhängig davon, ob sie von der Union oder der SPD regiert werden - dass der Weg in die höhere Verschuldung nicht mehr möglich ist. Das sagen wir in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, beide Parteivorsitzende, auch. Es geht nicht, dass wir mit noch höheren Schulden kreditfinanziert Steuersenkungen machen. Das war bis vor wenigen Wochen ja auch die Position des Bundesfinanzministers, der uns erklärt hat: Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Ich frage mich: Was hat sich daran eigentlich geändert?
Wiese: Sie sagen also - und das weiß man ja auch schon seit längerem, auch Sie, auch die Union ist für Steuerentlastung für die Bürger, aber nicht auf diesem Wege, wie die Regierung das jetzt durchziehen will, nämlich durch Neuverschuldung. Auf welchem Wege dann, Herr Merz? Wie sieht Ihr Konzept aus?
Merz: Wir haben immer gesagt, dass für uns die Strukturreform auf dem Arbeitsmarkt, die Einsparungen in den sozialen Transfersystemen, aber auch die Einsparungen in den sozialen Sicherungssystemen - also Transfersysteme: Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe; Sicherungssysteme: Rente, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung - dass diese Reformen Vorrang haben. Die Bundesregierung geht den umgekehrten Weg. Ich will es mal in einem ganz einfachen Bild sagen: Das ist so, als wenn ein Familienvater für den 01.01.2004 ein sehr teures neues Auto bestellt, die Bestellung abgibt, und jetzt in der Nachbarschaft herumfragt: Wie können wir das denn wohl bezahlen? So geht die Bundesregierung vor. Das ist vordergründig populär, vor allen Dingen, wenn eine große Boulevardzeitung in Deutschland seit Wochen trommelt und die Steuersenker auszeichnet und diejenigen, die etwas Bedenken äußern, an den Pranger stellt. Da entsteht ein Klima, da entsteht ein Umfeld, wo der Bundeskanzler - und das beherrscht er ja nun wirklich - wieder schöne Bilder gestellt hat. Aber von der Substanz der Finanzpolitik her ist das alles andere als seriös. Da müssen wir - und ich glaube, das ist eine ganz große Aufgabe der Opposition - sagen: Bundesregierung, also bitte, jetzt hätten wir gerne auch mal von der Bundesregierung konkret die Vorschläge, wie das denn zu finanzieren ist. Wir haben unsere Verhandlungsbereitschaft dazu immer erklärt. Niemand von uns blockiert, aber das werden sehr schwierige Verhandlungen zum Ende des Jahres. Ich bin auch sehr gespannt, ob etwa die Gemeinden in Deutschland - und von denen sind ja immer noch viele SPD-regiert - ich bin sehr gespannt, ob die Länder - davon sind immer noch viele SPD-regiert - diesen Weg in die Neuverschuldung mitgehen, diesen Weg, den die Bundesregierung da gestern vor wunderschöner Kulisse mit wunderschöner Verpackung aufgezeigt hat.
Wiese: Noch einmal die Nachfrage, Herr Merz, damit auch ich das verstehe und vielleicht viele andere auch: Wenn nicht über Neuverschuldung die Steuerentlastung, wie dann? Wie soll sie dann nach Ihrer Meinung finanziert werden?
Merz: Noch einmal, damit das ganz deutlich wird: Sie müssen Prioritäten setzen. Die aller erste Priorität ist, dass wir Reformen auf dem Arbeitsmarkt so machen, dass in Deutschland wieder mehr gearbeitet wird. Vor diesem Hintergrund teile ich übrigens die Auffassung, dass die Beendigung des Streiks gestern ökonomisch für Deutschland eine viel größere Bedeutung hatte als die Ankündigung einer auf Pump finanzierten Steuersenkung.
Wiese: Da gibt es ja aber auch viele Vorhaben in der Agenda 2010, die genau das auch eigentlich anstreben.
Merz: Deswegen haben wir ja auch gesagt, das ist durchaus der Weg in die richtige Richtung. Das geht uns nicht weit genug. Wir haben ja auch schon ganz konkret im Regierungsprogramm bei der Bundestagswahl 2002 gesagt, wie man etwa im Bereich der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe auch zu Einsparungen kommt. Wenn das alles auf den Weg gebracht ist, können wir uns auch über weitere Steuersenkungen unterhalten. Nur: Sie mit Steuererhöhungen an anderer Stelle zu finanzieren ist auch ein Weg, den wir für grundsätzlich falsch halten. Da verbirgt sich hinter dem Wort des "Subventionsabbaus" ja auch manche Steuererhöhung.
Wiese: Wo meinen Sie konkret?
Merz: Ich will Ihnen mal ein Beispiel nennen: Wenn die Bundesregierung sagt, dass die sogenannten Verlustbeiträge bei den Unternehmen, also die Verluste aus früheren Jahren, die ja auch in den Unternehmen häufig zu niedrigen Eigenkapitalausstattungen geführt haben, im Folgejahr, wenn Gewinne gemacht worden sind, gegen die Gewinne nicht mehr verrechnet werden dürfen und auf diese Gewinne dann gleich Steuern anfallen, dann ist das keine Subventionskürzung, sondern eine völlig unsystematische Steuererhöhung. Das ist ein Weg, den die Union nicht mitgeht. Das haben wir vorher gesagt, das haben wir jetzt gesagt, das werden wir auch am Ende des Jahres sagen. Wenn die Bundesregierung konkret sagt, wie sie etwa in der Sozialversicherung einsparen will, ist das ein Thema, wo wir reden können. Aber sehen Sie: Was ist denn da gestern eigentlich gemacht worden? Der Bundesfinanzminister hat schon letzten Donnerstag zwei Milliarden Einsparungen bei der Rente in seinen Etat eingeplant. Jetzt sind gestern noch mal Steuersenkungen beschlossen worden, aber über dieses Thema ist nichts entschieden worden. So kann man seriös Finanzpolitik nicht machen.
Wiese: Herr Merz, Schröder hat Ihnen ja irgendwie eine Falle gestellt. Wie kommen Sie da jetzt raus? Sie stehen ja zumindest in der Öffentlichkeit als Spielverderber da, wenn Sie den Bürgern Steuererleichterungen vermiesen und vorenthalten?
Merz: Aus dieser "Falle", wenn es denn überhaupt eine ist, Herr Wiese, kommen wir ganz leicht heraus, wenn wir den Bürgern genau dasselbe sagen, was die Bundesregierung die letzten vier Jahre gesagt hat: dass nämlich - ich wiederhole es ganz einfach noch mal - die Schulden von heute die Steuern unserer Kinder von morgen sind. Das werden die Bürger in Deutschland verstehen. Das werden sie vor allen Dingen dann verstehen, wenn alle Länder, wenn alle Kommunen, wenn alle vernünftigen Menschen in dieser Welt, die für Finanzpolitik und Haushalte Verantwortung tragen, dies der Bundesregierung sagen. Übrigens auch dem Bundesfinanzminister, der uns dies doch immer vorgehalten hat. Sehen Sie mal: angeblich waren wir noch nicht einmal in der Lage, in Deutschland sechs Milliarden Euro für die Finanzierung der Flut zu finanzieren im letzten Jahr. Dafür musste eine Steuersenkungsstufe auf den 01.01.2004 verschoben werden. Jetzt haben wir im Jahre 2003 mehr als das Doppelte der Neuverschuldung, die eigentlich geplant war. Jetzt werden Steuersenkungen in Aussicht gestellt, wieder auf Pump finanziert, etwas, was der Bundesfinanzminister für seine Amtszeit immer ausgeschlossen hat. Plötzlich ist das das Instrument, um die Konjunktur in Deutschland anzukurbeln. Da wird etwas gemacht, was wir in den 70er Jahren in Deutschland schon mal hatten: Kreditfinanzierte Konjunkturprogramme, an deren Abbezahlung wir dreißig Jahre später - heute am Tag - immer noch leiden, die wir immer noch als hohe Schulden unseres Staates in den Büchern stehen haben. Die Union wird hier solide bleiben. Sie wird finanzpolitisch keinen Kurs mitmachen, der auf den Weg höherer Neuverschuldung einschwenkt. Das wird uns am Ende des Jahres von der Mehrheit der Bürger auch honoriert. Da bin ich mir ganz, ganz sicher.
Wiese: Die Union wird solide bleiben, sagen Sie, indem sie dieses ganze Paket im Bundesrat mit Ihrer Mehrheit ablehnen wird?
Merz: Nein, Solidität erschöpft sich ja nicht darin, Herr Wiese, dass Sie eine Ankündigung, etwas abzulehnen, machen, bevor überhaupt etwas vorgeschlagen wird. Wir sind bereit zu Gesprächen, wir sind auch bereit zu Kürzungen. Wir sind bereit, auch Einschränkungen mitzutragen. Am Ende des Tages müssen die Dinge aber solide finanziert werden. Da schließe ich für uns aus, dass wir einen Weg mitgehen, der zu höherer Verschuldung führt beim Bund, bei den Ländern und auch bei den Gemeinen. Wenn die Bundesregierung mit uns zusammen andere Wege sieht, dann sind wir die allerletzten, die eine Verhandlung und Gespräche darüber verweigern.
Wiese: Vielen Dank. Das war in den Informationen am Morgen im Deutschlandfunk der stellvertretende Vorsitzende der CDU-CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz. Ich bedanke mich, Herr Merz. Auf Wiederhören.
Merz: Ich bedanke mich bei Ihnen.
Link: Interview als RealAudio