Gerd Breker: Kommen wir zu einem Konflikt, der am Rande der öffentlichen Wahrnehmung auf Sri Lanka stattfindet. Dort haben die Regierungstruppen die tamilischen Rebellen eingekesselt und wollen sie endgültig besiegen.
Am Telefon bin ich nun verbunden mit Wolfgang Jamann. Er ist Hauptgeschäftsführer von CARE Deutschland. Guten Tag, Herr Jamann.
Wolfgang Jamann: Einen schönen guten Tag.
Breker: Herr Jamann, Sie haben örtliche lokale Mitarbeiter von CARE in Sri Lanka, auf Sri Lanka, und zwar Mitarbeiter, die in diesem Kessel drin sind, und Mitarbeiter, die draußen sind. Was wissen Sie über die Lage, was teilen Ihnen diese Mitarbeiter mit?
Jamann: Wir haben eigentlich gar keinen oder kaum direkten Kontakt zu den Menschen, die sich in dem Kessel befinden. CARE hat vor ein paar Wochen einen Mitarbeiter bereits verloren. Der ist bei einer Artilleriebeschießung ums Leben gekommen. Ansonsten haben wir etwa 50 Personen mit Familienangehörigen, die sich da versuchen, vor den Kriegshandlungen zu schützen. Denen gilt natürlich, was CARE angeht, unser erstes Augenmerk. Ansonsten versuchen wir derzeit vor den Grenzen dieses Kessels in Camps den Vertriebenen zu helfen, und da haben wir mittlerweile etwa 100.000 Menschen, die völlig verstört, verängstigt, bar jeglicher Unterstützung, ohne Nahrungsmittel, zum Teil ohne Kleidung dort angekommen sind und denen im Moment das Allerdringendste gegeben werden muss.
Breker: Um die Situation vielleicht unseren Hörern noch mal deutlich zu machen, Herr Jamann. Es ist also folgendermaßen: Die Regierungstruppen haben tamilische Rebellen eingekesselt, aber eben nicht nur die, sondern auch jede Menge Zivilisten. Wissen Sie, wie viele das sind?
Jamann: Gerade hat Ihre Reporterin ja von 10.000 Zivilisten gesprochen. Es können mehr sein. Ich habe gestern eine Zahl von 20.000 gehört. Die UN beziehungsweise das Rote Kreuz versuchen, da einen ein bisschen besseren Überblick zu bekommen. Wir wissen, dass eben über 100.000 Menschen in den letzten zwei Wochen aus diesem Kessel hinausgeflohen sind - zum Teil auf Booten, zum Teil kommen sie tatsächlich durch die Kampflinien, sie waten durchs Wasser, werden dann oft von der Regierung in Empfang genommen, in Busse verfrachtet, und das dauert zum Teil sehr, sehr lange, weil auch die Regierung da offensichtlich versucht, LTTE-Kämpfer auszusieben, und deswegen ist das alles sehr, sehr schwierig.
Breker: Auch das sollten wir noch mal betonen. Es gibt zum einen Vorwürfe an die Rebellentruppen, dass sie eben diese Zivilisten quasi als menschliche Schutzschilde nutzen, und es gibt Vorwürfe gegen die Regierungstruppen, dass sie die Rebellen beschießen, ohne Rücksicht auf die Zivilisten zu nehmen, und, weil sie eben halt Sorge haben, dass sich die Rebellen unter Zivilisten mischen, wenn sie das Land verlassen, sehr streng da nachschauen. Also zwei Seiten, die auf die Zivilisten schlechten Einfluss haben, um es vorsichtig zu sagen?
Jamann: Ja. Wir können eigentlich nur an beide Parteien, an beide Seiten appellieren, den Schutz der Zivilisten zu gewährleisten. Das ist ein Bürgerkrieg, der da im Gange ist. Zu den Ursachen und zu dem Verlauf des Bürgerkrieges können wir uns kompetent nicht äußern, aber die Zivilisten sind ja immer diejenigen, die dann am stärksten zu leiden haben. Wir müssen sicherstellen, dass die Zivilisten aus diesem Kampfgebiet herauskommen. Die sind da zum Teil schon seit drei Monaten in einem immer kleiner werdenden Streifen gefangen. Das muss man so sagen. Die haben sich zum Teil mit den nackten Händen Erdlöcher gegraben, um sich vor Artilleriebeschuss zu schützen, werden aber leider jetzt auch bei der Flucht selbst unter Feuer genommen, und zwar nicht nur von der Regierung, sondern auch von den Rebellen. Es gibt Selbstmordattentäter innerhalb von Flüchtlingsströmen - das ist eine ganz furchtbare Situation -, weil offensichtlich nicht akzeptiert wird, dass Zivilisten dieser Situation zu entkommen versuchen. Wir können nur appellieren: Lasst die Menschen da raus. Wir sind dann in der Lage, ihnen im Moment mehr schlecht, aber auf Dauer sicherlich dann auch besser wieder zu helfen.
Breker: Sie als Hilfsorganisation, sie können nur appellieren. Kann denn der Rest der Welt auch nur appellieren?
Jamann: Es gibt ja im Moment Diskussionen, dass sich der UN-Sicherheitsrat mit der Situation befassen soll. Wenn ich das richtig gelesen habe, setzt sich auch die Bundesregierung hierfür ein. Wir haben Anzeichen dafür, dass die humanitäre Notlage mittlerweile doch so ernst genommen wird von beiden Seiten, dass wir es hoffentlich in den nächsten Tagen schaffen, die meisten Menschen in Sicherheit zu bringen, und dann geht es tatsächlich darum, dass wir jetzt 100.- bis 150.000 in den Camps mit dem nötigsten versorgen. CARE baut Latrinen, wir sorgen für Wasser und Nahrungsmittel, im Prinzip all das, was in so vorübergehenden Unterkünften jetzt erst mal gebraucht wird, und dann hoffen wir, dass die Menschen über kurz oder lang zu ihren Familien zurückgeführt werden, dass es ihnen einfach besser geht.
Breker: Herr Jamann, die Menschen, die eingeschlossen sind, und die Flüchtlinge, das sind Tamilen. Werden eigentlich Ihre Mitarbeiter von CARE International, CARE Deutschland, die dort sind, von den Regierungstruppen, von der Regierung auf Sri Lanka in irgendeiner Weise behindert oder positiv unterstützt?
Jamann: CARE arbeitet ja bereits seit den 50er-Jahren in Sri Lanka, und zwar in der Regel in den meisten Zeiten auch auf beiden Seiten des Konfliktes. CARE sorgt dafür, dass unser humanitäres Mandat auf allen Seiten des Konfliktes - übrigens nicht nur die Tamilen; es gibt ja auch große muslimische Gruppen in Sri Lanka - ausüben können, auch dort respektiert wird, dass wir unparteiisch und unpolitisch arbeiten. Wir haben während der Tsunami-Katastrophe sehr viel tun können und da hat uns die Regierung sicherlich auch als sehr wertvolle Organisation erneut kennengelernt. Wir sind im Dialog tatsächlich mit der Regierung, wir stimmen uns ab, wir werden hier nicht behindert, sondern wir können tatsächlich in den Camps sehr viel leisten. Wir hoffen allerdings, dass unsere tamilischen Mitarbeiter gerade im Kessel eben auch diese furchtbare Situation unbeschadet überstehen.
Breker: Was würden Sie sich wünschen, ein international herbeigeführter, unterstützter Waffenstillstand, oder was wäre für eine Hilfsorganisation jetzt sinnvoll?
Jamann: Es wurde ja eine sogenannte "No-Fire-Zone", also eine Zone eingerichtet, in der nicht geschossen werden soll oder darf. Die wird im Moment leider dann doch beschossen. Es geht darum, einen humanitären Korridor zu schaffen, der die Zivilisten in Sicherheit bringt, oder zumindest Örtlichkeiten zu identifizieren - so was hat man auch in anderen kriegerischen Auseinandersetzungen zum Beispiel vor kurzem im Gaza-Streifen zumindest versucht -, damit die Kriegsparteien wissen, was sie auch vor dem Hintergrund von Völkerrecht, von Kriegsrecht und Völkerrecht tatsächlich berücksichtigen und respektieren müssen. Das wäre also wirklich ein Wunsch, die Zivilisten hier zu schützen vor diesen Auseinandersetzungen, und wir wünschen uns, dass dieser Konflikt schnell vorbei ist.
Breker: Der Konflikt auf Sri Lanka war Thema im Gespräch mit dem Hauptgeschäftsführer von CARE Deutschland, mit Wolfgang Jamann. Herr Jamann, danke für dieses Gespräch.
Jamann: Ich danke Ihnen.
Am Telefon bin ich nun verbunden mit Wolfgang Jamann. Er ist Hauptgeschäftsführer von CARE Deutschland. Guten Tag, Herr Jamann.
Wolfgang Jamann: Einen schönen guten Tag.
Breker: Herr Jamann, Sie haben örtliche lokale Mitarbeiter von CARE in Sri Lanka, auf Sri Lanka, und zwar Mitarbeiter, die in diesem Kessel drin sind, und Mitarbeiter, die draußen sind. Was wissen Sie über die Lage, was teilen Ihnen diese Mitarbeiter mit?
Jamann: Wir haben eigentlich gar keinen oder kaum direkten Kontakt zu den Menschen, die sich in dem Kessel befinden. CARE hat vor ein paar Wochen einen Mitarbeiter bereits verloren. Der ist bei einer Artilleriebeschießung ums Leben gekommen. Ansonsten haben wir etwa 50 Personen mit Familienangehörigen, die sich da versuchen, vor den Kriegshandlungen zu schützen. Denen gilt natürlich, was CARE angeht, unser erstes Augenmerk. Ansonsten versuchen wir derzeit vor den Grenzen dieses Kessels in Camps den Vertriebenen zu helfen, und da haben wir mittlerweile etwa 100.000 Menschen, die völlig verstört, verängstigt, bar jeglicher Unterstützung, ohne Nahrungsmittel, zum Teil ohne Kleidung dort angekommen sind und denen im Moment das Allerdringendste gegeben werden muss.
Breker: Um die Situation vielleicht unseren Hörern noch mal deutlich zu machen, Herr Jamann. Es ist also folgendermaßen: Die Regierungstruppen haben tamilische Rebellen eingekesselt, aber eben nicht nur die, sondern auch jede Menge Zivilisten. Wissen Sie, wie viele das sind?
Jamann: Gerade hat Ihre Reporterin ja von 10.000 Zivilisten gesprochen. Es können mehr sein. Ich habe gestern eine Zahl von 20.000 gehört. Die UN beziehungsweise das Rote Kreuz versuchen, da einen ein bisschen besseren Überblick zu bekommen. Wir wissen, dass eben über 100.000 Menschen in den letzten zwei Wochen aus diesem Kessel hinausgeflohen sind - zum Teil auf Booten, zum Teil kommen sie tatsächlich durch die Kampflinien, sie waten durchs Wasser, werden dann oft von der Regierung in Empfang genommen, in Busse verfrachtet, und das dauert zum Teil sehr, sehr lange, weil auch die Regierung da offensichtlich versucht, LTTE-Kämpfer auszusieben, und deswegen ist das alles sehr, sehr schwierig.
Breker: Auch das sollten wir noch mal betonen. Es gibt zum einen Vorwürfe an die Rebellentruppen, dass sie eben diese Zivilisten quasi als menschliche Schutzschilde nutzen, und es gibt Vorwürfe gegen die Regierungstruppen, dass sie die Rebellen beschießen, ohne Rücksicht auf die Zivilisten zu nehmen, und, weil sie eben halt Sorge haben, dass sich die Rebellen unter Zivilisten mischen, wenn sie das Land verlassen, sehr streng da nachschauen. Also zwei Seiten, die auf die Zivilisten schlechten Einfluss haben, um es vorsichtig zu sagen?
Jamann: Ja. Wir können eigentlich nur an beide Parteien, an beide Seiten appellieren, den Schutz der Zivilisten zu gewährleisten. Das ist ein Bürgerkrieg, der da im Gange ist. Zu den Ursachen und zu dem Verlauf des Bürgerkrieges können wir uns kompetent nicht äußern, aber die Zivilisten sind ja immer diejenigen, die dann am stärksten zu leiden haben. Wir müssen sicherstellen, dass die Zivilisten aus diesem Kampfgebiet herauskommen. Die sind da zum Teil schon seit drei Monaten in einem immer kleiner werdenden Streifen gefangen. Das muss man so sagen. Die haben sich zum Teil mit den nackten Händen Erdlöcher gegraben, um sich vor Artilleriebeschuss zu schützen, werden aber leider jetzt auch bei der Flucht selbst unter Feuer genommen, und zwar nicht nur von der Regierung, sondern auch von den Rebellen. Es gibt Selbstmordattentäter innerhalb von Flüchtlingsströmen - das ist eine ganz furchtbare Situation -, weil offensichtlich nicht akzeptiert wird, dass Zivilisten dieser Situation zu entkommen versuchen. Wir können nur appellieren: Lasst die Menschen da raus. Wir sind dann in der Lage, ihnen im Moment mehr schlecht, aber auf Dauer sicherlich dann auch besser wieder zu helfen.
Breker: Sie als Hilfsorganisation, sie können nur appellieren. Kann denn der Rest der Welt auch nur appellieren?
Jamann: Es gibt ja im Moment Diskussionen, dass sich der UN-Sicherheitsrat mit der Situation befassen soll. Wenn ich das richtig gelesen habe, setzt sich auch die Bundesregierung hierfür ein. Wir haben Anzeichen dafür, dass die humanitäre Notlage mittlerweile doch so ernst genommen wird von beiden Seiten, dass wir es hoffentlich in den nächsten Tagen schaffen, die meisten Menschen in Sicherheit zu bringen, und dann geht es tatsächlich darum, dass wir jetzt 100.- bis 150.000 in den Camps mit dem nötigsten versorgen. CARE baut Latrinen, wir sorgen für Wasser und Nahrungsmittel, im Prinzip all das, was in so vorübergehenden Unterkünften jetzt erst mal gebraucht wird, und dann hoffen wir, dass die Menschen über kurz oder lang zu ihren Familien zurückgeführt werden, dass es ihnen einfach besser geht.
Breker: Herr Jamann, die Menschen, die eingeschlossen sind, und die Flüchtlinge, das sind Tamilen. Werden eigentlich Ihre Mitarbeiter von CARE International, CARE Deutschland, die dort sind, von den Regierungstruppen, von der Regierung auf Sri Lanka in irgendeiner Weise behindert oder positiv unterstützt?
Jamann: CARE arbeitet ja bereits seit den 50er-Jahren in Sri Lanka, und zwar in der Regel in den meisten Zeiten auch auf beiden Seiten des Konfliktes. CARE sorgt dafür, dass unser humanitäres Mandat auf allen Seiten des Konfliktes - übrigens nicht nur die Tamilen; es gibt ja auch große muslimische Gruppen in Sri Lanka - ausüben können, auch dort respektiert wird, dass wir unparteiisch und unpolitisch arbeiten. Wir haben während der Tsunami-Katastrophe sehr viel tun können und da hat uns die Regierung sicherlich auch als sehr wertvolle Organisation erneut kennengelernt. Wir sind im Dialog tatsächlich mit der Regierung, wir stimmen uns ab, wir werden hier nicht behindert, sondern wir können tatsächlich in den Camps sehr viel leisten. Wir hoffen allerdings, dass unsere tamilischen Mitarbeiter gerade im Kessel eben auch diese furchtbare Situation unbeschadet überstehen.
Breker: Was würden Sie sich wünschen, ein international herbeigeführter, unterstützter Waffenstillstand, oder was wäre für eine Hilfsorganisation jetzt sinnvoll?
Jamann: Es wurde ja eine sogenannte "No-Fire-Zone", also eine Zone eingerichtet, in der nicht geschossen werden soll oder darf. Die wird im Moment leider dann doch beschossen. Es geht darum, einen humanitären Korridor zu schaffen, der die Zivilisten in Sicherheit bringt, oder zumindest Örtlichkeiten zu identifizieren - so was hat man auch in anderen kriegerischen Auseinandersetzungen zum Beispiel vor kurzem im Gaza-Streifen zumindest versucht -, damit die Kriegsparteien wissen, was sie auch vor dem Hintergrund von Völkerrecht, von Kriegsrecht und Völkerrecht tatsächlich berücksichtigen und respektieren müssen. Das wäre also wirklich ein Wunsch, die Zivilisten hier zu schützen vor diesen Auseinandersetzungen, und wir wünschen uns, dass dieser Konflikt schnell vorbei ist.
Breker: Der Konflikt auf Sri Lanka war Thema im Gespräch mit dem Hauptgeschäftsführer von CARE Deutschland, mit Wolfgang Jamann. Herr Jamann, danke für dieses Gespräch.
Jamann: Ich danke Ihnen.