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"Jeder weiß, was er für die Altersvorsorge auf die Seite legt"

Der CDU-Rentenexperte Peter Weiß hat Niedrigverdiener dazu aufgefordert, eine betriebliche Altersvorsorge oder eine Riester-Rente abzuschließen. Der Staat unterstütze eine solche Vorsorge. Beispielsweise würden die Förderbeiträge für die Riester-Rente im Jahr 2008 erhöht.

Moderation: Gerd Breker |
    Gerd Breker: Der Wirtschaftsaufschwung komme bei den Menschen an, hören wir von der Bundeskanzlerin. Vom Vorsitzenden des Sachverständigenrates der Bundesregierung Bert Rürup hören wir von seiner Befürchtung einer zunehmenden Altersarmut angesichts zunehmender Zahl von Geringverdienern. Die Rente könne für bestimmte Gruppen auf Sozialhilfe-Niveau sinken. Für diese Menschen lohne sich weder die Riester-Rente noch letztlich das Arbeiten, wenn 35 Jahre Arbeit nicht deutlich mehr wären als eben der Grundsicherungssatz von 660 Euro. Deshalb fordert Rürup eine Mindestrente. Die Politik müsse eingreifen. Am Telefon begrüße ich nun Peter Weiß, Mitglied im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales und Rentenexperte der Union. Guten Tag Herr Weiß!

    Peter Weiß: Guten Tag!

    Breker: Hat Bert Rürup im Grunde Recht? Ist nun die Politik gefordert? Muss etwas geschehen, damit das Problem Altersarmut in Zukunft nicht Überhand nimmt?

    Weiß: Heute können wir kaum von Altersarmut sprechen, weil nur zwei Prozent der Rentnerinnen und Rentner so wenig Rente bekommen, dass sie Grundsicherung beantragen müssen. Aber die von Professor Rürup und seiner Kommission vorgeschlagene und ja dann auch durchgeführte Rentenreform sorgt dafür, dass das Renten-Niveau für künftige Rentnerinnen und Rentner sinkt. Deshalb bin auch ich überzeugt, dass wir zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssen, damit auch künftige Rentnerinnen und Rentner zum Beispiel im Jahr 2030 mit ihrem Alterseinkommen leben können. Das wird nur gelingen, wenn möglichst alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer neben der gesetzlichen Rente eine zusätzliche Altersversorgung aufbauen: Sei es, dass sie einen Riester-Vertrag ansparen, oder dass sie eine betriebliche Altersvorsorge aufbauen können. Übrigens für beide Formen zusätzlicher Altersvorsorge haben wir jetzt im Jahr 2008 die Bedingungen und die Fördermöglichkeiten deutlich verbessert.

    Breker: Herr Weiß, Sie sagen, derzeit sind es etwa zwei Prozent der Rentner, die die Grundsicherung, die Sozialhilfe also beantragen. Ihr Kollege von der SPD Karl Lauterbach rechnet vor, dass in 25 Jahren jeder Dritte nur einen Rentenanspruch auf Sozialhilfe-Niveau besitzt. Sieht er das zu pessimistisch, oder kommt da wirklich ein Problem auf uns zu?

    Weiß: Ich weiß nicht, wo Herr Professor Lauterbach seine Zahlen hernimmt. Aus dem Altersvorsorge-Bericht seines eigenen sozialdemokratisch geführten Bundesarbeitsministeriums kann er diese Zahlen nicht haben. Stimmen würde die Rechnung von Professor Lauterbach, wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - vor allem die jüngeren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - nichts tun würden, außer in die gesetzliche Rente einzubezahlen. Alle und vor allen Dingen auch die Niedrigverdiener werden eine zusätzliche Altersversorgung benötigen, sprich entweder eine betriebliche Altersvorsorge und oder eine Riester-Rente. Wir haben ja als Staat finde ich auch die Pflicht, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu unterstützen, dass sie diese Möglichkeit nutzen können. Ich darf darauf hinweisen, dass wir die Beiträge, die Förderbeiträge für die Riester-Rente im Jahr 2008 erhöht haben. Vor allem zahlen wir jetzt für jedes ab dem Jahr 2008 geborene Kind 300 Euro jährlich an Zuschuss pro Kind in einen Riester-Vertrag. Und wir haben etwas getan, für was ich mich jetzt über mehrere Jahre sehr eingesetzt habe und engagiert habe. Wir haben die Möglichkeit der steuer- und sozialabgabenfreien Entgeltumwandlung zu Gunsten einer betrieblichen Altersvorsorge über das Jahr 2008 hinaus unbefristet verlängert. Auch da besteht jetzt Rechtssicherheit. Jeder weiß, was er für die Altersvorsorge auf die Seite legt. Darauf werden keine Steuern und werden keine Sozialabgaben erhoben. Deswegen glaube ich, dass auch die betriebliche Altersvorsorge in den nächsten Jahren einen deutlichen Aufschwung erleben wird.

    Breker: Herr Weiß, lerne ich daraus, dass die Riester-Rente und die Betriebsrenten, die ja nicht jeder hat, aber die für alle angestrebt werden, das Problem lösen werden, oder wird es in der Tat ein zunehmendes Problem werden, dass Renten auf dem Niveau der Sozialhilfe in 15, 20 Jahren häufiger stattfinden als die derzeitigen zwei Prozent?

    Weiß: Herr Professor Rürup hat mit seinem Vorschlag auf ein Problem hingewiesen, was in der Tat existiert und wo wir auch politisch herangehen müssen. Das ist, dass das, was ich in einer Riester-Rente angespart habe oder in einer betrieblichen Altersvorsorge, auf die Grundsicherung mit angerechnet wird, wenn ich eine zu niedrige Rente habe. Damit ist natürlich für jemanden, der weiß, dass er wegen eines niedrigen Einkommens oder wegen langer Zeiten der Arbeitslosigkeit ohnehin im Alter nicht mit mehr rechnen kann als mit der Grundsicherung, jeder Anreiz weg, zusätzlich etwas zur Altersvorsorge zu tun. Deswegen präferiere ich ein Modell, bei dem künftig das, was jemand in einer Riester-Rente angespart hat oder was jemand sich als Betriebsrente erworben hat, nicht mehr voll auf die Grundsicherung angerechnet wird. Dann wüsste jeder in Deutschland: sobald ich einen Euro zusätzlich für die Altersvorsorge auf die Seite lege, kann ich die Sicherheit haben, dass ich im Alter mehr zur Verfügung habe als nur die Grundsicherung. Dann glaube ich würde die zusätzliche Altersvorsorge bei Riester-Verträgen oder der betrieblichen Altersvorsorge einen deutlichen Aufschwung bekommen und dann würden wir vor allem den Niedrig- und Geringverdienern eine Perspektive geben. Sie wüssten: Ich kann durch mein eigenes Handeln es selbst beeinflussen, dass ich im Alter nicht nur auf die Grundsicherung angewiesen bin, sondern dass ich mehr zur Verfügung habe.

    Breker: Dann wäre ja die Grundsicherung eine Art Sockelrente?

    Weiß: Die Grundsicherung ist heute bereits eine sogenannte Sockelrente und das Problem des Rürup-Vorschlages ist, dass er zwei unterschiedliche Sockelrenten einführt. Ich glaube, dass es nicht das eigentliche Problem ist, denn niemand möchte im Alter gerne nur von Grundsicherung oder Sockelrente leben, sondern möchte gerne mehr haben. Dieses mehr könnten wir dadurch gewährleisten, dass wir durch eine entsprechende Gesetzesänderung sagen: Wer betrieblich oder privat Zusätzliches für die Altersvorsorge tut, hat auf jeden Fall mehr als nur diese Grundsicherung. Ich glaube, dass wir mit einem solchen ersten Vorschlag einmal die Motivation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zusätzlich etwas zu tun, deutlich steigern würden, und wir würden auf der anderen Seite mit einer Grundsicherung nicht die Meinung, die ja bei vielen vorherrscht, weiter bestärken, es ist egal was ich für meine Rente tue, wir landen ehe alle nachher bei der gleichen Mindestrente - ob sie nun Grundsicherung, Grundrente oder Sockelrente heißt oder wie auch immer.

    Breker: Herr Weiß, muss jetzt gehandelt werden, oder hat man damit ganz viel Zeit?

    Weiß: Man kann zumindest so viel sagen. Es ist jetzt nicht eine Problemstellung, wo wir unbedingt in den nächsten Wochen etwas entscheiden müssen, aber wir sollten uns auch nicht zu lange Zeit lassen, sondern wir sollten in den kommenden Jahren versuchen, einen vernünftigen Vorschlag zur Stärkung der Eigenvorsorge und zur Anerkennung der Eigenvorsorge auch für Bezieher niedriger Renten zu finden, den ins Gesetzbuch schreiben. Dann glaube ich werden die Rentnergenerationen, auf die das Problem dann zukommen wird, rechtzeitig auch vorgesorgt haben, weil wir sie dabei unterstützen und zusätzlich motivieren. Unser Rentensystem ist ein leistungsabhängiges Rentensystem und das sollte es auch in Zukunft bleiben. Der, der etwas leistet und eingebracht hat, der sollte davon auch etwas sehen. Darauf kommt es glaube ich an. Dann wird unser Rentensystem insgesamt auch wieder Akzeptanz finden.

    Breker: Im Deutschlandfunk war das Peter Weiß, der Rentenexperte der Union. Herr Weiß, danke für dieses Gespräch.