Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Jefta
Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU soll kommen

Mitten im Handelsstreit mit den USA will die Europäische Union Jefta unterzeichnen, ein weitreichendes Freihandelsabkommen mit Japan. Von einem neuen Zeitalter spricht so mancher gar euphorisch und die EU-Kommission rechnet vor, dass der Export von Waren und Dienstleistungen um 24 Prozent wachsen könnte.

Von Peter Kapern | 17.07.2018
    EU-Ratspräsident Donald Tusk, Japans Premier Shinzo Abe, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Juli 2017 bei der Ankündigung des geplanten Freihandelsabkommens Jefta.
    EU-Ratspräsident Donald Tusk, Japans Premier Shinzo Abe, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Juli 2017 (dpa/pa/MAXPPP)
    Wenn Cecilia Malmström, die Handelskommissarin der EU, über Jefta spricht, dann schwelgt sie regelmäßig in Superlativen. Der japanisch-europäische Vertrag sei das größte Freihandelsabkommen, das jemals ausgehandelt worden sei, sagt sie dann zum Beispiel.
    Die offenen Märkte böten beiden Seiten riesige Gelegenheiten, und die Zusammenarbeit werde in vielen Sektoren gestärkt. In der Tat: Im Bereich der Wirtschaftskooperation zwischen Japan und der EU dürfte mit diesem Vertrag ein neues Zeitalter beginnen. Die neue Freihandelszone wird mehr als 600 Millionen Konsumenten umfassen. Zölle zwischen Japan und der EU werden weitgehend abgeschafft, Europas Exporte werden damit um eine Milliarde Euro billiger – pro Jahr. Ein Beispiel: Für eine Milliarde Euro jährlich wird derzeit deutscher Wein nach Japan exportiert. Derzeit liegt der Zollsatz bei 15 Prozent, künftig bei null.
    Beträchtlicher Wachstumsschub erwartet
    Zudem werden mehr als 200 geschützte, europäische Herkunftsbezeichnungen zukünftig auch in Japan gelten. Parmaschinken, Feta-Käse oder Thüringer Leberwurst dürfen auch in Japan dann nur noch verkauft werden, wenn sie wirklich aus Parma, Griechenland oder Thüringen kommen. Für die europäische Wirtschaft erwartet die EU-Kommission einen beträchtlichen Wachstumsschub. Der Export von Waren und Dienstleistungen Richtung Japan kann ihren Berechnungen zufolge durch das Abkommen um 24 Prozent wachsen. Über die ökonomischen Vorteile hinaus setzen die EU und Japan mit diesem Abkommen auch ein klares Signal, sagt Bernd Lange von der SPD, der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament:
    "In einer Zeit der Unordnung und des Protektionismus setzt das EU-Japan-Handelsabkommen ein Zeichen für einen regelbasierten, fairen Handel."
    Der Vertrag ist also auch ein politisches Statement gegen US-Präsident Trump und dessen Handelskriegspolitik. Das Abkommen zieht allerdings auch viele Kritik auf sich. Die Umweltschutzorganisation BUND glaubt, dass das europäische Vorsorgeprinzip, durch das Produkte schon beim Verdacht, schädlich zu sein, vom Markt genommen werden können, unter die Räder kommen könnte. Stimmt nicht, sagt Daniel Caspary, der Chef der Unionsabgeordneten im Europaparlament:
    "Wir haben auch da über unsere Handelsabkommen eindeutig abgesichert, dass alle Maßnahmen, die wir ergreifen zur Gesundheitsvorsorge, zum Verbraucherschutz, zum Umweltschutz, dass wir die weiterhin wergreifen können."
    Zustimmung des EU-Parlaments erforderlich
    Globalisierungskritiker fürchten außerdem, dass die öffentliche Daseinsvorsorge in Europa mit dem Abkommen gefährdet werde. Sie glauben, dass private Investoren etwa kommunale Wasserwerke aufkaufen könnten. Auch das, so Bernd Lange von der SPD, sei ein unbegründeter Vorwurf:
    "Es ist völlig klar, dass Daseinsvorsorge durch die öffentliche Hand erbracht wird und japanische Anbieter nicht zugelassen werden."
    Demo gegen das Handelsabkommen JEFTA zwischen der EU und Japan. Symbolfiguren mit Stier (Europa) und einem Sumo-Ringer, vor der Vertretung der EU-Kommission. 
    Europäischer Stier mit Europa und ein japanischer Sumo-Ringer in Berlin: Protest von Demonstranten gegen das Handelsabkommen Jefta zwischen der EU und Japan. (imago/Rolf Zöllner)
    Nach der Unterzeichnung des Abkommens in Tokyo wird sich das Europaparlament mit Jefta beschäftigen. Ohne dessen Zustimmung kann es nicht in Kraft treten. Die Parlamente der Mitgliedstaaten hingegen sind – anders als beim kanadisch-europäischen Handelsabkommen Ceta außen vor. Denn Jefta beinhaltet keine Bestimmungen über den Investitionsschutz und ist damit ein reiner Handelsvertrag, der in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fällt. Die Vermischung von Investitions- und Handelsfragen bereitet bei der Umsetzung von Ceta übrigens neue Probleme. Die italienische Regierung will Ceta nicht ratifizieren. Weil dieser Vertrag nur 140 europäische Herkunftsbezeichnungen in Kanada schützt. Der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary:
    "Man kann darüber klagen, dass von unseren rund 1.400 Herkunftsbezeichnungen nur rund 140 in dem Abkommen geschützt sind. Nur, wer das EU-Kanada-Abkommen ablehnt, der hat überhaupt keine europäische Ursprungsbezeichnung geschützt!"
    Und damit den europäischen Produzenten einen Bärendienst erwiesen.