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"Jetzt gibt's Demokratie"

Die deutsche Universität in Kairo gilt als Privathochschule mit vorzüglichem Ruf. Doch Ende März gingen die Elite-Studenten auf die Barrikaden. Sie demonstrierten gegen den autoritären Führungsstil der Uni und verlangten Mitspracherechte. Die sollen sie nun bekommen.

Von Cornelia Wegerhoff | 18.04.2011
    Die Vorbereitungen laufen schon auf Hochtouren: An der GUC, der German University Cairo, wird heute und morgen eine Studentenvertretung gewählt.

    "Das hier sind die Kandidatenlisten. Wir bilden sechs Komitees, für jede Fakultät eins, erklärt Mohamed Hegazy, der als Wahlhelfer mitmacht. Jedes Studienjahr wählt jeweils seine eigene Repräsentanten und alle wählen ein Wissenschaftskomitee. Ich denke, das ist wirklich ein Muss an der GUC."

    Die ägyptischen Studierenden sind stolz und ein bisschen aufgeregt. Seit der Gründung der Uni vor acht Jahren ist es das erste Mal, dass sie Interessenvertreter wählen dürfen, die künftig im Namen aller Kommilitonen mit der Hochschulleitung und den Aufsichtsgremien sprechen können. Bislang gab es für die Studierenden an der GUC kaum Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen. Demokratische Mitspracherechte, so wie an den deutschen Partneruniversitäten in Stuttgart, Tübingen und Ulm und wie auch an den staatlichen ägyptischen Hochschulen üblich, gab es bislang nicht. Dabei orientiert sich die GUC ansonsten gern an deutschen Werten, rühmt sich für deutschen Bildungsstandard und deutsche Lehrpläne. Ein Widerspruch, den auch die Studierenden bemängeln.

    Das Verlangen seitens der Studierenden ist groß, meint Mohamed.

    "Die Studentenvertretung ist wirklich nötig. Jetzt haben wir Demokratie an der GUC. Vorher gab´s keine oder nur wenig. Das ist wie eine Geburt."

    Allerdings eine schwere Geburt: Denn erst vor wenigen Wochen standen Mohamed Hegazy und ein paar hundert seiner Kommilitonen noch auf dem Campus, um lautstark gegen die fehlende Mitsprache und andere Missstände zu demonstrieren.

    "Ich war auch bei den Leuten, die protestiert haben, berichtet diese Studentin. Ich bin jetzt im vierten Jahr an dieser Uni, das Prüfungssystem ist schlecht und die nehmen immer mehr Gebühren. Aber Aschraf Mansour, der Chef der Uni, hört uns einfach nicht zu.""

    Dr. Ashrad Mansour ist der Gründer der GUC und Vorsitzender des sogenannten "Board of Trustees”, dem Aufsichtsgremium der Universität. Besonders sein autoritärer Führungsstil hat die jungen Leute auf die Barrikaden gehen lassen.

    Rechtlich eine reine ägyptische Privathochschule wird die GUC hauptsächlich mit ägyptischen Geldern finanziert. Doch auch mit deutschen Steuergeldern wurde die Kairoer Uni unterstützt. Weshalb sich auch Dr. Michael Harms, Leiter der Kairoer Außenstelle des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, einschaltete, als sich Studentenschaft und Uni-Leitung in die Haare gerieten.

    "Es ein deutsches Prestigeprojekt, wenn Sie so wollen. Insgesamt haben wir in den vergangenen Jahren seit der Gründung das Projekt mit circa. 3,5 Millionen Euro unterstützt. Die Vorfälle sind uns bekannt. Wir gehen in der Gestalt damit um, dass wir in Gesprächen stehen, mit allen Verantwortlichen, und begrüßen auch ganz ausdrücklich, dass es mit der Einführung zweier Vizepräsidenten und mit der Einrichtung einer Studentenvertretung hier doch deutliche Fortschritte gegeben hat."

    Diplomatische Worte vom deutschen Partner, der betont, dass seit der Revolution in Ägypten an vielen Unis demonstriert werde. Doch hinter den Kulissen bemüht sich sogar der deutsche Botschafter um Klärung, während die neue, für Studentenbelange zuständige Vizepräsidentin Dr. Laila Mahran versucht, die Kritik herunterzuspielen:

    "Ich muss sagen, die Demokratie gab´s vom ersten Tag. Die Studenten, die friedlich ihre Probleme geäußert haben, das war sehr willkommen. Aber leider, dass 15 Studenten ein Problem hatten. Zum Beispiel die haben sich nicht friedlich geäußert. Die sind hochgelaufen an die Treppen in Gruppen und das war sehr gefährlich, die haben auch eine Nacht übernachtet hier und das ist auch gefährlich an der Universität!"

    Dass an der GUC in den nächsten zwei Tagen nun die Vertreter der sogenannten Studentenunion gewählt werden dürfen, habe aber nichts mit diesen Vorfällen zu tun, betont Laila Mahran. Diese Wahlen, erklärt sie, hätten auch ohne Demonstrationen stattgefunden:

    "Das war schon geplant vorher. Aber am Anfang war die Priorität für die Universität das Curriculum und so weiter und so fort. Wir sind die erste private Universität, die eine Union hat."