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Jetzt sind die Griechenland-Gläubiger gefragt

Die Zustimmung gestern im griechischen Parlament zum neuen Sparpaket der Regierung wurde heute von der EU-Kommission begrüßt. Doch noch ist die Hilfszahlung an Griechenland nicht unter Dach und Fach. Zuvor müssen noch die privaten Banken zustimmen, auf 70 Prozent ihrer Forderungen an Griechenland zu verzichten.

Von Michael Braun |
    Feuer in den Straßen von Athen, Redeschlachten im Parlament - dass der Weg schwer war zum Sparpaket, war klar. Die Märkte begrüßten das Ergebnis. In Athen stiegen die Aktienkurse großer Banken zweistellig. Anleihen aus Portugal, des Staates, der nach Griechenland der Insolvenz am nächsten stehen dürfte, Anleihen aus Portugal also gaben in der Rendite nach: Entspannung überall. Nur der deutsche Wirtschaftsminister ließ wissen, ein Parlamentsbeschluss sei nicht genug:

    "Es ist quasi eine notwendige Bedingung, einen Parlamentsbeschluss zu erhalten. Aber Implementierung dieser Maßnahmen - das ist sozusagen das Hinreichende. Darauf warten wird noch. Das hängt davon ab, was die Troika zu den Fortschritten in Griechenland selber sagt."

    So Philipp Rösler heute im ARD-"Morgenmagazin". Doch in den Morgenkommentaren der Banken an ihre Kunden hieß es, die Troika werde sich wohl nicht querlegen, die Finanzminister würden am Mittwoch wohl die erste Tranche des neuen, 130 Milliarden Euro schweren zweiten Hilfspakets für Griechenland bewilligen. Zuvor müssen noch die privaten Banken zustimmen, auf letztlich 70 Prozent ihrer Forderungen an Griechenland, rund hundert Milliarden Euro, zu verzichten. Es werde auch langsam Zeit, meint Ulrich Kater, der Chefvolkswirt der Deka Bank:

    "Denn die nächste Anleiheeinlösung liegt ja Mitte März. Und bis dahin müssen auch von der technischen Seite her die Bedingungen und das Angebot über den Umtausch auch über die Bühne gehen."

    Knapp 15 Milliarden Euro griechische Staatsanleihen laufen am 20. März aus und müssen irgendwie erneuert werden. Denn zurückzahlen kann Griechenland sie nicht. Offen ist noch, ob auch die Europäische Zentralbank mit ihren geschätzten 45 Milliarden Euro griechischen Staatsanleihen im Bestand am Schuldenschnitt teilnimmt. Die privaten Banken wollen nicht allein verzichten.

    Die EZB will aber um ihrer Unabhängigkeit willen keine Staatsfinanzierung betreiben. Und so sucht man einen Weg, die EZB-Anleihen etwa auf Rechnung des Rettungsfonds EFSF am Schuldenschnitt zu beteiligen. Auch dies am besten bis Mittwoch.

    Bei allem ist klar: Auch ein entschuldetes Griechenland kommt kaum auf die Beine. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank:

    "Sparpolitik ist für Länder mit Haushaltsproblemen ein notwendiges, ein bitteres Medikament. Allerdings hat Griechenland eine Überdosis davon bekommen. Unter dem wachsenden Druck sind beispielsweise viele Unternehmen ins Ausland abgewandert."

    Die dringenden Voraussetzungen dafür, dass Hilfe zur Selbsthilfe wirken kann: Ein einfaches Steuersystem mit möglichst nur einem, niedrigen Steuersatz. Ein Steuerabkommen mit Luxemburg und der Schweiz, um zumindest den Ertrag der geschätzten 200 Milliarden Euro griechischer Fluchtgelder ins Land zurückzuholen. Und ein Kataster, ein Grundstücksmanagement, das demjenigen, der eine Fabrik bauen will, zusichert, dass er das dazugehörige Grundstück rechtmäßig erwerben und besitzen darf. Trotz des akuten Termindrucks: Nach schneller Lösung riecht das nicht.