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Kaiserlicher Glanz Chinas

Die Ausstellung "Glanz der Kaiser von China" im Kölner Museum für Ostasiatische Kunst gewährt Einblick in Kunst und Leben in der Verbotenen Stadt. Feinstes Porzellan, Kultobjekte und Gemälde aus dem Palastmuseum bringen die Jahrtausende alte Tradition chinesischer Zivilisation näher.

Von Dörte Hinrichs | 18.10.2012
    Die Schätze werden sorgsam gehütet, bevor sie die Verbotene Stadt verlassen. Und das Ziel ihrer Reise wird genauso sorgsam ausgewählt. Denn das Palastmuseum in der Verbotenen Stadt, die zum Weltkulturerbe gehört, verleiht seine Exponate nur an Institutionen mit hoher wissenschaftlicher Kompetenz. Das Museum für Ostasiatische Kunst in Köln erfüllt dieses Kriterium. Und gleichzeitig ist die Ausstellung über den Glanz der Kaiser von China eine Art Krönung der 25-jährigen Städtepartnerschaft mit Peking:

    "Wir haben ja auch eine wichtige Mission in der Bundesrepublik, es gibt sonst ja ein Spezialmuseum dieser Art nicht mehr. Und es ist unser ganz großes Anliegen auch in der zeitgenössischen Diskussion von China etwas dazu beizutragen, dass die historische Bedingtheit auch besser verstanden wird. Ich denke, wir Deutschen sind uns dessen ja auch sehr bewusst. Die Gegenwart und auch die Zukunft wird immer auch mitgestaltet durch die Vergangenheit, von der wir kommen. Und wir haben in China eine ganz andere Tradition und ich glaube diese Ausstellung macht das sinnfällig."

    Dr. Adele Schlombs, Direktorin des Kölner Museums für Ostasiatische Kunst, ist eine der Kuratorinnen dieser außergewöhnlichen Ausstellung. Zu sehen sind filigrane Vasen, Porzellangeschirr und andere Objekte aus den Palastwerkstätten, die eindrucksvoll belegen, dass bei Hofe die besten Künstler und Handwerker im Dienste des Kaisers tätig waren. Dabei sind die Gegenstände nicht beliebig ausgewählt, sondern folgen einem Prinzip:

    "Wir haben uns jetzt fokussiert genau auf das 17. und 18. Jahrhundert, das ist die letzte große Blütezeit. Die chinesische Qing-Dynastie, die von denn Mandschuren 1644 ausgerufen wurde – das waren eigentlich Reiternomaden, die eben sozusagen 180 prozentig die chinesische Kultur auch übernehmen wollten, um ihre Legitimation als Träger des Mandats des Himmels auch unter Beweis zu stellen. Und wir haben uns eben auf die Hofmalerei, die Akademiemalerei und die Kunstobjekte, die in den Palastwerkstätten gefertigt worden sind, spezialisiert."

    Wichtig ist den Kuratoren, den universalen Herrschaftsanspruch des chinesischen Kaisers zu verdeutlichen, seine politische und religiöse Funktion:

    "Also wir haben Objekte, die nicht nur das Hofzeremoniell eben illustrieren, sondern auch ja diese Funktion, dass der Herrscher eigentlich für das Gleichgewicht zwischen Himmel und Erde zuständig ist. Und außerdem gibt es auch Tankas, wo die Herrscher als Buddhisvata, also als buddhistische Herrscher dargestellt sind, also als Gottheit, und wir denken, das ist auch ein wichtiger Beitrag, um ein tieferes Verständnis zu gewinnen, weil wir das in Europa so nicht gekannt haben. Wir haben zwar Herrscher von Gottes Gnaden gehabt, aber wir haben nicht Herrscher gehabt, die selbst auch den Status von Gottheiten hatten."

    Dieser Unterschied spiegelte sich auch im imposanten Thronensemble wider: Der Kaiser blickte auf dem Thron sitzend nach Süden, gut geschützt durch den fünfteiligen Stellschirm aus Email-Paneelen, auf denen Glück bringende Wolken und Fledermäuse auf nachtblauem Grund abgebildet sind. Doch der Stellschirm diente nicht nur der Dekoration und Erhöhung des Kaisers, er war gleichzeitig eine Art Schutzschirm:

    "Zu dem Thronensemble gehört natürlich ein Stellschirm, auch um die bösen Einflüsse vom Norden abzuwehren. Die wichtige Person sitzt immer vor einem Stellschirm geschützt und dann gehören dazu Kandelaber, Weihrauchbrenner usw. Und man muss es sich so vorstellen, dass der Herrscher sozusagen in Duft- und Rauchschwaden gehüllt ist und von den normal Sterblichen auch abgehoben ist dadurch. Dass der Herrscher praktisch entrückt ist und sein göttlicher Status dadurch auch betont ist."

    Neben dem Thronsessel mit Fußbank entwichen früher Duftschwaden aus den Mäulern von einhörnigen Fabelwesen, den Luduan, und aus Kranichschnäbeln. Luduan sind mythische Tiere, die angeblich fast 1000 km zurücklegen können und in der Lage sind, alle Sprachen zu verstehen und zu sprechen. Der Kranich dagegen ist ein Symbol der Unsterblichkeit und verheißt kosmische Harmonie.

    Ausdruck höchster künstlerischer Harmonie ist der knapp 1,70 Meter hohe vergoldete buddhistische Schrein, verziert mit kostbaren Rubinen, Türkisen und anderen Edelsteinen. Oder eine zarte rubinrote Vase mit Blütendekor. Es handelt sich dabei um eines der frühesten Porzellanstücke, das 1720 in den Palastwerkstätten hergestellt wurde, wobei die Künstler die Technik des Email-Dekors auf Metall erstmals auf Porzellan übertrugen. Ein einzigartiges Kunstwerk, so rar "wie Phönixfedern oder das Horn des Einhorns", heißt es in einem Text aus dem Palastmuseum. Doch nicht nur Zerbrechliches ist in den Ausstellungsvitrinen zu sehen:

    "Wir haben zum Beispiel auch so eine Ritualpeitsche. Wenn die Beamten sich versammeln mussten zur Audienz, das ging morgens, glaube ich, um vier Uhr mussten die sich versammeln, und dann wurden die reingelassen noch im Morgengrauen. Wir haben so eine Peitsche, sechs Meter lang, und durch das Schnalzen werden die Signale gegeben, also bitte alle hinknien, alle Kotau. Wir fanden es interessant das darzustellen, und wir glauben, dass das vielleicht auch interessant ist für die Diskussion um China, ein nützlicher Beitrag, weil unsere Unwissenheit ist ja oft das größte Hindernis im Verständnis."

    Die chinesischen Kaiser im 17. und 18. Jahrhundert waren sehr aufgeschlossen den westlichen Wissenschaften, der Technologie und der Kunst gegenüber. Unter dem Einfluss europäischer Jesuitenmaler hielt ein feinteiliger realistischer Malstil Einzug bei Hofe und es entstanden Porträts der Kaiser im Kreise ihrer Familien genauso wie als Gelehrte und Kunstsammler. Auch astronomische Messinstrumente der Jesuitenmissionare sind in der Ausstellung zu sehen, zum Beispiel von dem in Köln gebürtigen Hofastronomen Adam Schall von Bell. Bereits im 17. Jahrhundert herrschte am kaiserlichen Hof in der Verbotenen Stadt reges Interesse am geistigen und künstlerischen Austausch, auch wenn die Hauptintention der gelehrten Jesuitenmissionare eine andere war, so Adele Schlombs:

    "Die Jesuiten haben diese Auffassung vertreten, weil China war ja eine Hochkultur, Sprache erlernen, die Kultur studieren und sozusagen die Oberschicht gewinnen durch das Mittel der überlegenden westlichen Technologie und Wissenschaft. Und die sind natürlich nicht so gut zum Zuge gekommen was jetzt die Christianisierung anging. Aber das war ja der berühmte Ritenstreit, es ging darum, wie tolerant sind wir denn? Die Jesuiten haben den Konfuzianismus eben als Sozialethik verstanden und haben gesagt, es ist möglich, dass man dem Kaiser dient, also dem konfuzianischen Ideal entspricht, und zugleich getauft ist. Weil das wäre ja ein Riesenkonflikt sonst gewesen. Und wir wissen auch, dass der Streit darüber mit Rom letztendlich ja dann auch dazu geführt hat, dass die Mission nicht so fortgesetzt werden konnte."
    Auch wenn die religiöse Mission gescheitert ist, hat sich doch der geistige und künstlerische Horizont in der Zeit des 17. bis 18. Jahrhunderts sehr geweitet am kaiserlichen chinesischen Hof. Das zeigen eindrucksvoll die Exponate, die in der Ausstellung auf so vielfältige Weise die Kunst und das Leben in der Verbotenen Stadt für den Besucher veranschaulichen.

    Und die auch belegen, das deutsches Unternehmertum in China eine lange Tradition hat:

    "In China zum Beispiel gibt es dann eine Glashütte, die von dem böhmischen Missionar Kilian Stumpf eröffnet wurde im 17. Jahrhundert. und das hat enorme Konsequenzen gehabt auch für die Porzellanmalerei. Weil man ist auf die Idee gekommen dieses gemahlene Glas eben für Malerei auf Porzellan zu verwenden. Und eine riesige Palette von Farben standen zur Verfügung und wie wir alle wissen, waren wir ja weit, weit zurück, was das angeht. Oder die Emailmalerei, die ja im Grunde auch auf der Basis von Glas geschieht, dass die gesagt haben, wir probieren das jetzt mal aus auf Steinzeug, auf Porzellan, auf Glas. Das ist das Interessante, dass eigentlich in dieser Phase des Austausches so viele neue, überraschende Entwicklungen stattgefunden haben."