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Kaltes Büffet für Kegelrobben

Die an der Ostseeküste einst ausgerotteten Kegelrobben sind zurück und entfachen den alten Streit zwischen Fischern und Tierfreunden neu. Denn die Kolosse verspeisen drei bis vier Kilo Frischfisch am Tag, und der in den Netzen der Fischer zappelnde Fang kommt ihnen gerade recht.

Von Caroline Michel |
    "Naja, es sieht schon schlecht aus."

    Norbert Kahlfuss vom Verband der Küsten- und Kutterfischer Mecklenburg-Vorpommern verzieht das Gesicht. Zu Zeiten der Wende gab es hier noch 1500 kleine Fischer, heute nur noch 300. Jetzt senkt die EU die Fangquote beim Hering, dem Silber der Ostsee, erneut um fast ein Viertel.

    Und als sei das noch nicht genug, ist auch noch der neben dem Kormoran größte Erzfeind der Fischer in die Gegend rum um den Greifswalder Bodden, südlich der Insel Rügen, zurückkehrt. Das größte Raubtier Deutschlands: die Kegelrobbe.

    "Die Kegelrobben, die waren vor 100 Jahren mal ganz normal hier an der deutschen Ostseeküste, sie wurden aber ganz gezielt ausgerottet. Und zwar gab es damals eine Ausrottungskampagne seitens der Fischerei, denn die Fischer haben die Kegelrobbe für den Rückgang der Fischquoten verantwortlich gemacht. Und so wurde eine Fangprämie ausgesetzt – fünf Reichsmark wurde damals bezahlt für einen Kegelrobbenkopf oder eine Kegelrobbenschnauze und so wurden sie systematisch ausgerottet."

    Später erschwerten Umweltgifte wie PCB und DDT eine Erholung der Bestände, erklärt Lioba Schwarzer, Meeresbiologin und Referentin für Umweltbildung im WWF-Ostseebüro in Stralsund. Doch ganz, ganz langsam kehren die Kegelrobben zurück. Jeder der mittlerweile rund 30 200-Kilo-Kolosse verspeist im Schnitt drei bis vier Kilo Frischfisch pro Tag. Ein ausgelegtes Stellnetz gleicht einem kalten Buffet.

    "Wir haben Beispiele in diesem Jahr gehabt, wo eben ganze Netze mit 60, 80, 100 Kilo Fisch nicht mehr zu gebrauchen war, da hingen bloß noch die Köpfe drin."

    Was also, wenn aus 30 Robben im nächsten Jahr 100 werden? Im übernächsten vielleicht 300? Möglich wäre das, sagt Thomas Papke, der für das Biosphärenreservat Südostrügen das Monitoring vom Boot aus übernimmt. Allerdings sind vor allem die Jungtiere extrem empfindlich. Ein einziges gab es in diesem Jahr, das Foto hängt im Infozentrum.

    "Was man auf diesem Bild allerdings nicht sieht: Das war ganz stark abgemagert und hatte auch ganz starken Durchfall und zwei Tage später ist es dann tot aufgefunden worden."

    Ein Managementplan muss her.

    "Und hier, im Interesse der Kegelrobben und auch im Interesse der Fischer, eine Lösung hinzubekommen, das ist natürlich eine interessante und spannende Aufgabe, und dieser Aufgabe haben wir uns angenommen."

    "Wir", das sind neben dem Biosphärenreservat das Deutsche Meeresmuseum, das Bundesamt für Naturschutz und der WWF. Aber die Fischer haben zu jedem Vorschlag das passende Gegenargument. Fischfallen anstelle der bisher gebräuchlichen Stellnetze zum Beispiel könnten den Fang vor den Robben schützen. Und die Robben vor dem Verheddern im Netz. Aber: Alles schon ausprobiert.

    "Wir haben keine Kegelrobbe im Netz gehabt, aber auch keine Fische."

    Nächster Vorschlag: Schutzzonen.

    "Wenn keine Kegelrobben da sind, dann dürft ihr fischen, und sobald eine Kegelrobbe sich wieder meldet – wenn eben der Hering wieder in den Greifswalder Bodden reinströmt zum Laichen – dann habt ihr zu verschwinden. So ungefähr sehen Kompromisse aus."

    Auch der Hilfsfonds, den das Land Mecklenburg-Vorpommern angelegt hat, ist den Fischern keine Hilfe. Denn Ausgleichszahlungen gibt’s nur für Schäden, nicht für entgangene Gewinne.

    "So lange der im Wasser schwimmt, gehört der mir nicht, und demzufolge steht mir auch keine Entschädigung zu."

    Der einzige Hoffnungsschimmer für die gebeutelten Fischer: Eine wahre Plage werden die Kegelrobben im Gebiet südlich von Rügen wahrscheinlich nie werden. Dafür ist es ihnen bei uns einfach zu warm.

    "Kegelrobben fühlen sich am wohlsten da, wo Eis ist. Das heißt, sie gebären auch am liebsten da, wo Eis ist. Und das ist nun mal in den nördlichen Breitengraden und nicht bei uns."