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Kamal Mazlumi
Virtuose auf der Santur

Als der Schah 1979 sein Land verlassen musste und Khomeinis schiitischer Revolutionsrat das Kommando übernahm, wurde die Musik aus religiösen Gründen im Iran ins Abseits gedrängt. Viele mussten ihr Land verlassen und leben im Exil. So auch der Musiker Kamal Mazlumi. Er gehört der Bahá'í-Religion an - der größten religiösen Minderheit im Iran. Vor 42 Jahren kam er zum Studieren nach Deutschland und blieb.

Von Frank Aheimer | 17.07.2015
    Ein junger Straßenmusikant in Athen spielt Santur, ein persisches Musikinstrument
    Santur ist ein altes persisches Musikinstrument (imago / Wassilis Aswestopoulos)
    Kamal Mazlumi ist 1953 am kaspischen Meer geboren. Als Kind findet er auf dem Dachboden im Haus seiner Eltern eine alte Geige.
    "Diese Geige war sowas von kaputt, dass man in den Resonanzkasten reinschauen konnte. Es fehlte eine Wand. Das Instrument hatte keine Saiten, keinen Bogen."
    Das Instrument läßt ihn nicht los. Er nimmt Unterricht, bis er mit 20 Jahren nach Deutschland kommt, um in Bochum Bauingenieurwesen zu studieren. Im Gepäck: eine altpersische Santur. Ein trapezförmiges Holzinstrument mit 72 Saiten, das mit zwei Klöppeln aus Buchsbaum gespielt wird.
    "Die persische Version ist vom Tonumfang sehr groß, aber man hat nicht alle Halbtöne, sozusagen nicht die weißen und schwarzen Tasten vom Klavier. Man spielt immer in der Tonart, die man braucht."
    Damit ist das 3.000 Jahre alte Instrument im Grunde für die europäische Musik ungeeignet. Doch Kamal Mazlumi lässt sich davon nicht abbringen. Er bricht sein Studium ab und verschreibt sich ganz der Musik.
    "Nachdem ich festgestellt habe, dass ich auch die Zwischentöne brauche, habe ich angefangen erst auf zwei Santurs zu spielen: also, zwei nebeneinander getan und auf einer hatte ich sozusagen die weißen Tasten und auf der anderen schwarze Tasten."
    Mittlerweile spielt Kamal Mazlumi auf einer Santur, die er sich hat bauen lassen. Sie ist einmalig auf der Welt und er ist der Einzige, der sie spielen kann. Seine Santur ist etwa doppelt so groß wie eine herkömmliche und hat 136 Saiten. Damit geht er auf musikalische Weltreise.
    Diese Santur ist einmalig auf der Welt
    "Die musikalische Weltreise ergibt sich eigentlich daraus, dass ich nicht mehr in Iran bin. Deshalb habe ich versucht Musik zu spielen, aus anderen Ländern. Und es ist immer sehr schön zu erleben, wie die Menschen ihre eigene Musik auf diesem Instrument hören. Natürlich mit einem persischen Akzent, aber das bringt uns alle näher und so haben wir entdeckt, dass wir eben dadurch eine musikalische Brücke herstellen können zwischen den Herzen der Menschen."
    Zurück in sein Heimatland - den Iran - kann er nicht. 1985 wurde seine Familie dort verhaftet, allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Bahai-Religion.
    "Die wurden auch gefoltert und geschlagen und sie kamen nach fünfeinhalb Jahren wieder frei."
    Doch die Repressalien bleiben. Gespannt verfolgt Kamal Mazlumi die aktuellen Nachrichten aus seiner Heimat. Die Einigung im Atomkonflikt lässt auch ihn hoffen.
    "Ich liebe meine Heimat. Ich liebe mein Volk. Und ich wünsche dass endlich die Menschen ihre Meinung sagen können und in Freiheit ihre Talente ausüben können und so hoffen wir das die jetzt Zuständigen im Iran auch an die Lage der Bahai und anderer Minderheiten denken und ein bisschen ihre wahren Geist des Islam ausüben, nämlich Toleranz und Frieden."
    Kamal Mazlumi ist ein Virtuose auf dem traditionellen Instrument seiner persischen Heimat. Seine Liebe zur Musik lässt ihn immer wieder neue Wege auf seiner Santur beschreiten. Sein neustes Projekt: Klassik. Gespielt von Orchester und Santur.
    "Ich habe die europäische Klassik immer sehr gemocht vor allem die Barockmusik und ich denke das ich auf diesem Instrument wohl weitermachen werde in der Richtung Barockmusik. Das klingt so schön, dass ich einfach nicht aufhören kann zu üben."