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Nach Atom-Deal mit dem Iran
Wettlauf um lukrative Wirtschaftsprojekte

Der Iran hat zugestimmt, keine Atomwaffen produzieren zu wollen. Internationale Inspektoren sollen Zugang zu allen verdächtigen Anlagen bekommen. Im Gegenzug wird der Westen seine Wirtschaftssanktionen lockern. Auch die deutsche Wirtschaft freut sich darüber. Sie hofft auf viele lukrative Aufträge bei der Erneuerung der iranischen Wirtschaft. Der Wettlauf um die Filetstücke hat längst begonnen.

Von Michael Braun | 14.07.2015
    Nach der Atomeinigung: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und der iranische Außenminister Mohammed Sarif.
    Nach der Atomeinigung: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und der iranische Außenminister Mohammed Sarif. (AFP / Joe Klamar)
    Da war Dynamik im Geschäft: Zwischen 1999 und 2004 hat sich der deutsche Maschinenexport in den Iran vervierfacht. Und plötzlich brach es ab, seit 2007 die Sanktionen verhängt wurden. Immerhin, sagt Klaus Friedrich, der Iran-Experte des Maschinenbauverbandes VDMA, ganz abgerissen seien die Kontakte nie:
    "Die Kontakte waren immer da. Nur wir konnten natürlich wesentlich weniger in der Vergangenheit aus den Kontakten machen, als wir es in Zukunft machen werden. Da sehen wir keine Schwierigkeiten. Ressentiments gegen deutsche Firmen konnte ich in den letzten Jahren nicht feststellen."
    Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag berichtete heute, trotz aller Sanktionen seien derzeit 80 deutsche Unternehmen mit Niederlassungen ansässig, weitere tausend hätten Vertretungen. Nach langen Jahren mit Minusraten hatte sich schon voriges Jahr Entspannung im Wirtschaftsverkehr angedeutet. Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen ließ heute wissen, der deutsch-iranische Handel habe sich 2014 zum ersten Mal seit Langem erholt, habe um 27 Prozent zugelegt.
    Güter im Wert von 2,7 Milliarden Euro ausgetauscht
    Dabei seien Güter im Wert von 2,7 Milliarden Euro ausgetauscht worden - ein Klacks. Soviel führt Deutschland etwa nach Kroatien ein. Doch wenn jetzt die Sanktionen fallen, dürfte die deutsche Wirtschaft nicht nahtlos an die Zeit von davor anschließen. Es seien, so der Maschinenbauexperte Friedrich, schließlich neue Konkurrenten aufgetaucht:
    "Das ist ein bisschen schwierig. Der Anlagenbau war früher eine deutsche Domäne im Iran. Da hat Korea massiv aufgeholt. Und ich befürchte, dass uns auch die Chinesen hier einiges auf Dauer weggenommen haben."
    Der deutschen Wirtschaft helfen
    Auch müssten parallel mit den Warenströmen die Finanzströme wieder fließen können. Banken war ja verboten worden, Geschäfte mit dem Iran zu finanzieren. Taten sie es doch, wurden hohe Strafen verhängt. Selbst wenn die Erlaubnis nun schnell käme - bis iranische Unternehmen wieder Eigenkapital gebildet haben und ihnen dann im Westen wieder Kreditlinien eingeräumt werden - das dürfte dauern. Aber die Hoffnungen sind da. David Kohl, Chefvolkswirt der Bank Julius Bär:
    "Deutschland belegt jetzt schon als Händler, als Exporteur nach dem Iran Platz sechs - für den Iran selbst. Und das ist natürlich ausbaufähig. Wenn man sich die Historie anschaut, dann sind die Exporte knapp um die Hälfte eingebrochen seit 2008. Das heißt hier: Das Potenzial ist da, dass man diese Exporte in den Iran wieder deutlich steigern kann."
    Der Nah- und Mittelostverein der deutschen Wirtschaft appellierte heute über Nachrichtenagenturen an die Bundesregierung, möglichst schnell Minister in den Iran zu schicken. Das helfe der deutschen Wirtschaft. Unternehmen wie Linde, Siemens, Hochtief und Bauer könnten schnell profitieren, etwa wenn die lange brachliegende iranische Ölindustrie nun wieder aufgebaut werde. Bei der Europäischen Zentralbank wird man das eher fürchten: Steigendes Ölangebot bei etwa in China sinkender Nachfrage dürfte die Ölpreise drücken und die Deflationssorgen wieder treiben.