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Kampeter: Beim ausgeglichenen Haushalt 2014 Kurs halten

Wenn der Bundeshaushalt für 2014 ausgeglichen sein soll, dann würde sich eine Finanzierungslücke von sechs Milliarden Euro ergeben. Steffen Kampeter (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, hält dafür aber keine "riesigen Adjustierungen" für notwendig.

Steffen Kampeter im Gespräch mit Christiane Kaess | 31.01.2013
    Christiane Kaess: Am Telefon ist jetzt Steffen Kampeter von der CDU, er ist Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium. Guten Morgen!

    Steffen Kampeter: Guten Morgen, Frau Kaess.

    Kaess: Herr Kampeter, wie optimistisch sind Sie, dass heute ein Ressortvertreter sagt, wir geben freiwillig was ab?

    Kampeter: Ich glaube, es gibt ein Missverständnis, dass heute irgendwelche Entscheidungen getroffen werden. Richtig ist: Die Koalition hat eine erfolgreiche Konsolidierungspolitik geleistet. Wir haben seit Beginn der Regierung Merkel das strukturelle Defizit kontinuierlich zurückgefahren. Als wir die Regierung übernommen haben, oder als Angela Merkel die Regierung übernommen hat, war es sechsmal höher als heute. Das ist eine erfreuliche Botschaft. Und das Zweite ist: Wir haben seit Beginn der Legislaturperiode ein neues Verfahren, wo wir nicht warten auf die Anmeldungen der Ressorts, sondern wir geben vor durch Kabinettsbeschluss – und der wird im März, nicht heute getroffen -, wie sieht es aus, was sind an Einnahmen da, was ist an politischen notwendigen Ausgaben da, wie wollen wir die Verschuldung weiter steuern. Und da ist eine Festlegung getroffen wie in Ihrem Vorbeitrag: Wir wollen eine strukturelle Null. Jetzt müssen wir mal schauen, wie wir bis März die Diskussion darum führen. Heute wird überhaupt gar keine Entscheidung getroffen.

    Kaess: Wir haben es ja gerade in dem Beitrag schon gehört: Ende November wurde der ausgeglichene Haushalt von den Spitzen von Union und FDP im Koalitionsausschuss verbindlich verabredet. War es denn ein Fehler, das so früh zu tun?

    Kampeter: Nein, es war überhaupt gar kein Fehler, denn die Haushaltskonsolidierung und ausgeglichene Haushalte sind eine politisch notwendige Entscheidung, um die zukünftige Steuerungsfähigkeit von Politik zu erhalten. In der Vergangenheit haben wir immer gesagt, dies ist wichtig, jenes ist wichtig. Und als Ergebnis war dann eine zu hohe Verschuldung rausgekommen. Wir haben hier die europäische Einigung, dass wir nicht mehr Geld ausgeben wollen, als wir haben. Und vor diesem Hintergrund haben wir kontinuierlich, ohne dass das jetzt irgendwelche großen Einsparungen hat, die Ausgaben ein bisschen angepasst an die wirtschaftliche Entwicklung. Das ist, glaube ich, eine notwendige und richtige finanzpolitische Steuerung. Wolfgang Schäuble ist einer der erfolgreichsten Finanzminister der Nachkriegszeit.

    Kaess: Aber jetzt geraten Sie unter Druck und der Streit zwischen den Ressorts, der ist ja vorprogrammiert.

    Kampeter: Haushaltsberatungen waren noch nie Kaffee trinken und sich gegenseitig versichern, dass man sich mag, sondern waren immer harte Auseinandersetzungen. Es hat, glaube ich, noch nie einen Haushalt gegeben, wo die Fachminister gesagt haben, wir wollen jetzt mal dem Finanzminister helfen. Ich glaube, wer diesen Eindruck erweckt, der hat in den letzten 20, 30 Jahren überhaupt gar keine Haushaltsverhandlungen gemacht. Unser gemeinsames Ziel ist, dass wir der nächsten Generation nicht nur Schulden und Anpassungen aus Zinsen hinterlassen; unser Ziel ist, dass wir im Sinne von Generationengerechtigkeit einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorlegen, im Übrigen früher, als das Grundgesetz es von uns einfordert. Und das ist doch ein gutes Signal, darüber kann man sich freuen.

    Kaess: Das haben wir jetzt verstanden. Aber gehört zu diesen harten Auseinandersetzungen auch, dass über die Einsparungen im eigenen Ressort hinaus die Ressortvertreter auch Vorschläge machen, wo ein anderes Ministerium einsparen könnte, so wie das vor Kurzem die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hat?

    Kampeter: Diesen Unsinn habe ich in der "Süddeutschen Zeitung" auch gelesen. Es bleibt Unsinn. Tatsache ist: Man muss sich jetzt erst mal in einem transparenten Verfahren ein Bild über die Ausgangslage machen. Sie haben ja gerade über die erfreuliche Einnahmeentwicklung bei den Steuern durch die gute wirtschaftliche Lage in Deutschland berichtet. Man muss sich darüber verständigen, dass jetzt nicht große Abweichungen von den bisherigen finanziellen Planungen möglich sind. Und dann, glaube ich, wird man zu einem guten Ergebnis kommen. Norbert Barthle, der haushaltspolitische Sprecher der Union, hat gesagt, es geht um zwei Prozent. Also wir reden hier jetzt nicht um riesige Adjustierungen, sondern wir reden darum, dass wir Kurs halten und dass jetzt die Leute nicht in irgendeiner Art und Weise glauben, nur weil im September Bundestagswahl ist und Angela Merkel wiedergewählt wird, dass man diese Sache unterstützen muss auch mit Geld, sondern wir müssen Kurs halten in der Haushaltspolitik.

    Kaess: Die zwei Prozent, das sind die sechs Milliarden. Wie erklären Sie denn diese fehlenden Milliarden bei den enorm guten Steuereinnahmen, wie Sie gerade selbst schon gesagt haben?

    Kampeter: Es fehlen keine Milliarden, sondern die Koalition hat beschlossen, dass wir gegenüber der bisherigen Finanzplanung, die den Haushaltsausgleich einige Jahre später vorgesehen haben, rascher vorgehen wollen. Wir nutzen dabei die erfreulich stabile wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und wir unterlassen es, zusätzliche politische Projekte jetzt auf den Weg zu bringen, die uns von diesem Ziel abbringen. Das ist eigentlich die Gestaltungsaufgabe, nicht mehr und nicht weniger. Und im März, wenn das Bundeskabinett den sogenannten Eckwertebeschluss zum Bundeshaushalt verhandelt, werden wir auch diese Diskussion konsensual beenden.

    Kaess: Wenn wir auf die nötigen Kürzungen schauen, Herr Kampeter, müssen denn nicht zwangsläufig die großen Investitionen wie zum Beispiel der Straßenbau von Bundesverkehrsminister Ramsauer beschnitten werden, denn zum Beispiel im Etat von Ursula von der Leyen und dem Arbeitsministerium, da geht es ja vor allem um Rente und um Hartz IV. Und um hier zu kürzen, da müssten ja Gesetze geändert werden?

    Kampeter: Wolfgang Schäuble hat klar und deutlich gemacht, es geht hier um die Steuerung innerhalb des Haushalts, nicht um irgendeine gesetzliche Anpassung. Es darf jetzt nicht in irgendeiner Art und Weise eine Gesetzesflut kommen, die Mehrausgaben bedeutet, aber auch ein Haushaltsanpassungsgesetz wird es nicht geben, sondern wir werden die Steuerungsmöglichkeiten innerhalb des Haushalts nutzen. Wir haben etwa 300 Milliarden Ausgaben im Bundeshaushalt, da ist je nach politischer Lageeinschätzung an der einen oder anderen Stelle sicherlich, ohne dass es zu gesetzlichen Anpassungen kommt, noch Gestaltungsspielraum drin. Bisher haben wir alle unsere haushaltspolitischen Zusagen eingehalten, ja wir haben sie übererfüllt. Der Konsolidierungsprozess läuft besser als noch am Beginn der Legislaturperiode erwartet, wo wir 80, über 80 Milliarden Euro von Peer Steinbrück als Eröffnungsbilanz übernommen hatten. Jetzt ringen wir darum, dass wir die strukturelle Null und vielleicht etwas später dann auch die tatsächliche Null bekommen. Das ist doch ein Signal der Freude, das ist doch nichts, vor dem irgendjemand Sorge haben sollte.

    Kaess: Aber Herr Kampeter, das bestätigt ja genau das, was ich gesagt habe: Kürzungen sind eigentlich nur bei den großen Investitionen möglich. Also lieber weniger in Straßen und Infrastruktur investieren, als in das, was Kritiker als Herdprämie bezeichnen?

    Kampeter: Frau Kaess, das ist falsch, dass Sie mich so interpretieren. Richtig ist, dass wir in einem solchen Etat, der atmet, Möglichkeiten haben, politische Schwerpunkte festzulegen. Gleichzeitig müssen wir gucken – und diesem Zweck dient ja eine lange Diskussion -, ob die gute wirtschaftliche Entwicklung auf der Einnahmeseite uns hier auch Entlastungen bringt. Es geht hier nicht um Kürzungen, das ist eine Irreführung der Öffentlichkeit, sondern es geht darum, dass diejenigen, die erwarten, dass beispielsweise an dieser oder jener Stelle noch fünf oder zehn Milliarden Euro draufgelegt werden, erkennen, dass dies mit dem Konsolidierungsziel nicht vereinbar ist. Es geht mehr um Kurs halten und Transparenz im Verfahren, es geht hier nicht um irgendeine Art und Weise in der Debatte bis zum Kabinettsbeschluss im März, dass jemand sich Sorge machen will, weil eine bisher garantierte politische Zusage nicht eingehalten wird.

    Kaess: Aber wenn das Ganze so im Ungefähren bleibt, muss man dann tatsächlich die Bedenken der Opposition haben, dass es einfach nur zu einem Formelkompromiss kommt, oder so, wie die Opposition das formuliert, ein Wahlkampfhaushalt, der ja sowieso nicht real ist?

    Kampeter: Frau Kaess, die Opposition sollte vielleicht kleine Brötchen backen, denn sie hat in der Haushaltspolitik erheblich geringere Leistungen als diese Koalition zu bieten. Als wir den Haushalt übernommen haben, lag er sechsmal höher im strukturellen Defizit als heute. Wenn Peer Steinbrück heute solche Zahlen hätte, würde er wahrscheinlich die Kirchenglocken läuten lassen. Wir machen jetzt nicht einen Riesenbohei in dem Sinne, dass wir sagen, das sei nun eine großartige und historische Superleistung. Sie ist historisch in den Dimensionen, aber wir wollen jetzt einfach Kurs halten, um mehr geht es nicht. Kurs halten ist schon schwierig genug in einem Jahr, wo wichtige Wahlentscheidungen angehen. Der Bundesfinanzminister hat die breite Unterstützung der Koalition und auch der Bundeskanzlerin und wir werden das schon hinkriegen. Da braucht sich Deutschland keine Sorgen zu machen. Ausgeglichene Haushalte sind eine wichtige Zukunftsinvestition.

    Kaess: ..., sagt Steffen Kampeter von der CDU. Er ist Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium. Danke für das Gespräch, Herr Kampeter.

    Kampeter: Herzlich gerne, Frau Kaess!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

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