Sandra Schulz: Bis zum Ende der Woche wollen Union und FDP den Koalitionsvertrag schlüsselfertig haben, aber noch immer sind die größeren Baustellen nicht geschlossen. Das ist zum einen die Gesundheitspolitik, zum anderen der Streit um die Finanzpolitik. Wahlversprechen auf der einen, die Realität in Gestalt des rasant wachsenden Schuldenberges auf der anderen Seite haben die Gespräche jetzt nicht gerade vereinfacht. Für heftige Kritik haben die Pläne der künftigen Koalitionspartner aber schon jetzt gesorgt. Ein Teil der Schulden soll in einem Sozialversicherungs-Stabilisierungsfonds verschwinden. Von einem Schattenhaushalt sprechen die Kritiker, eine Vokabel, die Union und FDP zurückweisen, und darüber wollen wir in den kommenden Minuten sprechen: mit einem CDU-Mitglied der Arbeitsgruppe Steuern, Finanzen, Haushalt. Guten Morgen, Steffen Kampeter.
Steffen Kampeter: Guten Morgen, Frau Schulz.
Schulz: Lässt eine schwäbische Hausfrau ihre Schulden auch in einem Sonderfonds verschwinden?
Kampeter: Der Grundgedanke des Sozialversicherungs-Stabilisierungsfonds, über den allerdings noch nicht endgültig entschieden ist, ist eigentlich ein völlig anderer. Wir haben in der Finanzmarktkrise erhebliche Hilfen für die Banken und die Finanzinstitute mobilisiert im Finanzmarkt-Stabilisierungsfonds und wir stellen jetzt fest, dass aufgrund der Arbeitsmarktentwicklung und der Beschäftigtenentwicklung die Sozialversicherungen unter schwierige Situationen kommen. Beitragserhöhungen drohen, das wollen wir vermeiden. Deswegen finde ich ist eine gelebte soziale Marktwirtschaft, dass wir uns nicht nur die Finanzmarktstabilisierung, sondern auch die Sozialversicherungsstabilisierung auf das Schild schreiben.
Schulz: Also der Grundgedanke ist ein völlig anderer als einer, auf den eine schwäbische Hausfrau kommen würde? Habe ich das richtig verstanden?
Kampeter: Nein. Ich glaube, es hat ja auch beim Finanzmarkt-Stabilisierungsfonds niemand behauptet, wir würden dort Schulden verstecken, sondern im Gegenteil: Wir haben da gesagt und sagen jetzt beim Finanzmarkt-Stabilisierungsfonds, transparenter Ausweis in einer solchen Institution schafft Transparenz auch der Kosten. Und dass das erhebliche Kosten sind, die auch für die Sozialversicherung aus der Finanzkrise erwachsen, ist doch richtig. Und im Übrigen eines: Das Signal lautet, auch der Steuerzahler tritt für die Kosten ein und nicht der Beitragszahler. Wir haben im Zusammenhang mit der deutschen Einheit eine sehr streitige Diskussion gehabt, ob der Beitrags- oder der Steuerzahler die Sozialversicherung finanzieren soll. Wir haben uns damals anders entschieden. Heute meine ich, das war falsch. Bei dieser Finanzkrise handeln wir richtig, indem wir sagen, wir können die Kosten für die Sozialversicherung nicht allein dem Beitragszahler überlassen.
Schulz: Herr Kampeter, warum sagt denn dann Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer, man verstecke die Schulden vor sich selbst?
Kampeter: Ich bin nicht der Pressesprecher des Ministerpräsidenten. Ich kann nur sagen, welche Überlegungen wir vortragen, um zu gucken, dass wir Transparenz, Wahrheit und Klarheit in unserer Finanz- und Haushaltspolitik haben. Im Übrigen: Wenn man mal sieht, sind wir ja im internationalen Kontext als Bundesrepublik Deutschland diejenigen, die finanzpolitisch für Rationalität eintreten. Das wird auch durch den Finanzmarkt-Fonds oder den Sozialversicherungs-Fonds nicht anders bewertet. Wir wollen nach der Krise eine stärkere Ausgleichsfunktion in den Haushalten machen. Das ist doch richtig, das ist vernünftig. Aber jetzt geht es erst mal darum, dass die Beiträge nicht steigen. Das, finde ich, ist unterstützenswert.
Schulz: Wenn das aber alles so transparent ist, dann verstehe ich nicht, wozu Sie den Sonderfonds überhaupt brauchen.
Kampeter: Weil ich glaube, dass wir keine Sozialversicherungsstützung nach Kassenlage machen sollten, sondern wir sollten jetzt verlässlich klar und deutlich machen, in den sozialen Sicherungssystemen, insbesondere in der Arbeitslosenversicherung stellen wir einen notwendigen Ausgleichsbetrag bereit. Der soll ja auch nicht sofort ausgezahlt werden, der soll nach Bedarf abgerufen werden und damit machen wir eine erhebliche Stabilisierungsfunktion.
Schulz: Warum machen Sie das nicht, um auf meine Frage zurückzukommen, Herr Kampeter, über den normalen Haushalt? Das war ja meine Frage?
Kampeter: Der normale Haushalt ist abhängig vom Jährlichkeitsprinzip und wir wollen für die Legislaturperiode eine Sicherungsfunktion insbesondere für die Arbeitslosenversicherung machen. Es soll jetzt für die gesamte Legislaturperiode ein deutliches Signal sein: Wir wollen die erkämpften Steuersenkungen, die es ja geben wird, nicht durch vom Jährlichkeitsprinzip des Haushalts dann gegebenenfalls infrage gestellte Stabilisierungsmaßnahmen und dann folgende Beitragsanpassungen wieder auffressen lassen. Wer mehr Netto vom Brutto will, der muss jetzt für die Stabilisierung der Sozialversicherung eintreten.
Schulz: Warum haben Sie die Schuldenbremse denn eigentlich überhaupt verabredet, wenn die jetzt umgangen wird?
Kampeter: Sie wird nicht umgangen, denn mit der Einrichtung des Fonds schaffen wir keine zusätzlichen Verschuldungsmöglichkeiten. Das wird von vielen Kritikern offensichtlich nicht verstanden, denn die Konstrukteure der Schuldenbremse haben ganz klar gesagt, solche Fonds werden bei der Berechnung der Grenze mit berücksichtigt. Man kann vielleicht an der einen oder anderen Stelle noch was drehen, aber das ist nicht unser Anliegen, hier die Schuldenbremse zu umgehen, zumal ja auch die FDP und die Union zu den Unterstützern derselben zählten.
Schulz: Und warum machen Sie es dann nicht über den normalen Haushalt, sondern über den Sonderfonds?
Kampeter: Im Haushalt würden sie die Kosten der Sozialversicherungsstabilisierung nicht mehr erkennen und es würde jährlich eine Debatte darüber entbrennen, ob und wie viel Geld dort zugeschossen werden muss, und schließlich glaube ich, dass wir den normalen Haushalt befreien sollten von einer Debatte, die da lautet, wir können dieses oder jenes nicht machen, weil wir die Kosten der Krise für die Sozialversicherung tragen müssen. Da muss dann eine ehrliche Debatte über Prioritäten im Haushalt erfolgen und ich möchte die Erblast der Sozialversicherungsstabilisierung aus dem Haushalt heraus haben, genauso wie wir die Erblast der deutschen Einheit ja auch in einer ähnlichen Konstruktion aus dem Haushalt herausgenommen haben, und dann war nicht jede Maßnahme zu sagen, wir machen dieses nicht, bloß weil die deutsche Einheit vorhanden ist.
Schulz: Wie viele Milliarden sollen denn jetzt in diesem Sonderfonds verbucht werden?
Kampeter: Das hängt von der politischen Entscheidung der nächsten Nacht ab. Die Arbeitsgruppe Haushalt und Finanzen hat lediglich hier grundsätzliche Möglichkeiten aufgezeigt. Ich empfehle, dass wir im Kern die Kosten für die Arbeitslosenversicherung hier hineintun. Wir sollten uns auch nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Die Konstruktion, wie wir sie vorgeschlagen haben, macht auch zu einem späteren Zeitpunkt, also in den nächsten vier Wochen, Sinn.
Schulz: Ihr Vorschlag liefe heraus auf 50 Milliarden Euro?
Kampeter: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Bandbreite des Zuschussbedarfes bei pessimistischen Annahmen eher 50 und bei optimistischen Annahmen eher 40 Milliarden, aber da muss bei der Einrichtung eines solchen Fonds, wenn die Grundsatzentscheidung getroffen ist, noch mal gerechnet werden.
Schulz: Steffen Kampeter, für die CDU in der Arbeitsgruppe Steuern, Finanzen und Haushalt, heute Morgen im Deutschlandfunk. Haben Sie vielen Dank.
Kampeter: Bitte! Gerne.
Steffen Kampeter: Guten Morgen, Frau Schulz.
Schulz: Lässt eine schwäbische Hausfrau ihre Schulden auch in einem Sonderfonds verschwinden?
Kampeter: Der Grundgedanke des Sozialversicherungs-Stabilisierungsfonds, über den allerdings noch nicht endgültig entschieden ist, ist eigentlich ein völlig anderer. Wir haben in der Finanzmarktkrise erhebliche Hilfen für die Banken und die Finanzinstitute mobilisiert im Finanzmarkt-Stabilisierungsfonds und wir stellen jetzt fest, dass aufgrund der Arbeitsmarktentwicklung und der Beschäftigtenentwicklung die Sozialversicherungen unter schwierige Situationen kommen. Beitragserhöhungen drohen, das wollen wir vermeiden. Deswegen finde ich ist eine gelebte soziale Marktwirtschaft, dass wir uns nicht nur die Finanzmarktstabilisierung, sondern auch die Sozialversicherungsstabilisierung auf das Schild schreiben.
Schulz: Also der Grundgedanke ist ein völlig anderer als einer, auf den eine schwäbische Hausfrau kommen würde? Habe ich das richtig verstanden?
Kampeter: Nein. Ich glaube, es hat ja auch beim Finanzmarkt-Stabilisierungsfonds niemand behauptet, wir würden dort Schulden verstecken, sondern im Gegenteil: Wir haben da gesagt und sagen jetzt beim Finanzmarkt-Stabilisierungsfonds, transparenter Ausweis in einer solchen Institution schafft Transparenz auch der Kosten. Und dass das erhebliche Kosten sind, die auch für die Sozialversicherung aus der Finanzkrise erwachsen, ist doch richtig. Und im Übrigen eines: Das Signal lautet, auch der Steuerzahler tritt für die Kosten ein und nicht der Beitragszahler. Wir haben im Zusammenhang mit der deutschen Einheit eine sehr streitige Diskussion gehabt, ob der Beitrags- oder der Steuerzahler die Sozialversicherung finanzieren soll. Wir haben uns damals anders entschieden. Heute meine ich, das war falsch. Bei dieser Finanzkrise handeln wir richtig, indem wir sagen, wir können die Kosten für die Sozialversicherung nicht allein dem Beitragszahler überlassen.
Schulz: Herr Kampeter, warum sagt denn dann Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer, man verstecke die Schulden vor sich selbst?
Kampeter: Ich bin nicht der Pressesprecher des Ministerpräsidenten. Ich kann nur sagen, welche Überlegungen wir vortragen, um zu gucken, dass wir Transparenz, Wahrheit und Klarheit in unserer Finanz- und Haushaltspolitik haben. Im Übrigen: Wenn man mal sieht, sind wir ja im internationalen Kontext als Bundesrepublik Deutschland diejenigen, die finanzpolitisch für Rationalität eintreten. Das wird auch durch den Finanzmarkt-Fonds oder den Sozialversicherungs-Fonds nicht anders bewertet. Wir wollen nach der Krise eine stärkere Ausgleichsfunktion in den Haushalten machen. Das ist doch richtig, das ist vernünftig. Aber jetzt geht es erst mal darum, dass die Beiträge nicht steigen. Das, finde ich, ist unterstützenswert.
Schulz: Wenn das aber alles so transparent ist, dann verstehe ich nicht, wozu Sie den Sonderfonds überhaupt brauchen.
Kampeter: Weil ich glaube, dass wir keine Sozialversicherungsstützung nach Kassenlage machen sollten, sondern wir sollten jetzt verlässlich klar und deutlich machen, in den sozialen Sicherungssystemen, insbesondere in der Arbeitslosenversicherung stellen wir einen notwendigen Ausgleichsbetrag bereit. Der soll ja auch nicht sofort ausgezahlt werden, der soll nach Bedarf abgerufen werden und damit machen wir eine erhebliche Stabilisierungsfunktion.
Schulz: Warum machen Sie das nicht, um auf meine Frage zurückzukommen, Herr Kampeter, über den normalen Haushalt? Das war ja meine Frage?
Kampeter: Der normale Haushalt ist abhängig vom Jährlichkeitsprinzip und wir wollen für die Legislaturperiode eine Sicherungsfunktion insbesondere für die Arbeitslosenversicherung machen. Es soll jetzt für die gesamte Legislaturperiode ein deutliches Signal sein: Wir wollen die erkämpften Steuersenkungen, die es ja geben wird, nicht durch vom Jährlichkeitsprinzip des Haushalts dann gegebenenfalls infrage gestellte Stabilisierungsmaßnahmen und dann folgende Beitragsanpassungen wieder auffressen lassen. Wer mehr Netto vom Brutto will, der muss jetzt für die Stabilisierung der Sozialversicherung eintreten.
Schulz: Warum haben Sie die Schuldenbremse denn eigentlich überhaupt verabredet, wenn die jetzt umgangen wird?
Kampeter: Sie wird nicht umgangen, denn mit der Einrichtung des Fonds schaffen wir keine zusätzlichen Verschuldungsmöglichkeiten. Das wird von vielen Kritikern offensichtlich nicht verstanden, denn die Konstrukteure der Schuldenbremse haben ganz klar gesagt, solche Fonds werden bei der Berechnung der Grenze mit berücksichtigt. Man kann vielleicht an der einen oder anderen Stelle noch was drehen, aber das ist nicht unser Anliegen, hier die Schuldenbremse zu umgehen, zumal ja auch die FDP und die Union zu den Unterstützern derselben zählten.
Schulz: Und warum machen Sie es dann nicht über den normalen Haushalt, sondern über den Sonderfonds?
Kampeter: Im Haushalt würden sie die Kosten der Sozialversicherungsstabilisierung nicht mehr erkennen und es würde jährlich eine Debatte darüber entbrennen, ob und wie viel Geld dort zugeschossen werden muss, und schließlich glaube ich, dass wir den normalen Haushalt befreien sollten von einer Debatte, die da lautet, wir können dieses oder jenes nicht machen, weil wir die Kosten der Krise für die Sozialversicherung tragen müssen. Da muss dann eine ehrliche Debatte über Prioritäten im Haushalt erfolgen und ich möchte die Erblast der Sozialversicherungsstabilisierung aus dem Haushalt heraus haben, genauso wie wir die Erblast der deutschen Einheit ja auch in einer ähnlichen Konstruktion aus dem Haushalt herausgenommen haben, und dann war nicht jede Maßnahme zu sagen, wir machen dieses nicht, bloß weil die deutsche Einheit vorhanden ist.
Schulz: Wie viele Milliarden sollen denn jetzt in diesem Sonderfonds verbucht werden?
Kampeter: Das hängt von der politischen Entscheidung der nächsten Nacht ab. Die Arbeitsgruppe Haushalt und Finanzen hat lediglich hier grundsätzliche Möglichkeiten aufgezeigt. Ich empfehle, dass wir im Kern die Kosten für die Arbeitslosenversicherung hier hineintun. Wir sollten uns auch nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Die Konstruktion, wie wir sie vorgeschlagen haben, macht auch zu einem späteren Zeitpunkt, also in den nächsten vier Wochen, Sinn.
Schulz: Ihr Vorschlag liefe heraus auf 50 Milliarden Euro?
Kampeter: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Bandbreite des Zuschussbedarfes bei pessimistischen Annahmen eher 50 und bei optimistischen Annahmen eher 40 Milliarden, aber da muss bei der Einrichtung eines solchen Fonds, wenn die Grundsatzentscheidung getroffen ist, noch mal gerechnet werden.
Schulz: Steffen Kampeter, für die CDU in der Arbeitsgruppe Steuern, Finanzen und Haushalt, heute Morgen im Deutschlandfunk. Haben Sie vielen Dank.
Kampeter: Bitte! Gerne.