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Kanzlerkandidatur
Merkel will sich erklären

Angela Merkel ist und bleibt das Zugpferd der Union. Für heute Abend hat sie eine Erklärung angekündigt - und alle erwarten, dass sie ihre Kandidatur für eine vierte Amtszeit als Kanzlerin bekannt gibt. Laut einer Umfrage wünscht sich das auch die Mehrheit der Deutschen.

Von Theo Geers | 20.11.2016
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) (picture alliance / dpa / Bernd von Jutrczenka)
    Machtverzicht oder erneute Kandidatur– schon diese Gegenüberstellung zeigt, was unwahrscheinlich und was wahrscheinlich ist, wenn Angela Merkel um 19 Uhr ihre angekündigte Erklärung abgibt. In der Union wie in allen anderen Parteien erwartet jeder, dass Merkel heute ihre Kandidatur für eine vierte Amtszeit bekannt geben wird.
    Amtsmüdigkeit hat die 62-Jährige bislang nicht erkennen lassen. Alternativen zu ihr in der Union gibt es auch nicht, obwohl Merkels Flüchtlingspolitik die CDU, vor allem aber die Union mit der CSU, in dieser Wahlperiode vor eine Zerreißprobe gestellt hat. Dennoch ist Merkel, die seit dem Jahr 2000 die CDU führt und seit November 2005 Kanzlerin ist, nach wie vor das Zugpferd für CDU und CSU. Das zeigt die neueste Umfrage der "Bild am Sonntag": Danach wünscht sich eine Mehrheit der Deutschen – 55 Prozent - eine erneute Kanzlerschaft Merkels. 39 Prozent sind dagegen.
    Stimmung hat sich gedreht
    Damit hat sich die Stimmung gegenüber Angela Merkel deutlich gedreht. Im August waren noch 50 Prozent gegen eine weitere Amtszeit Merkels und nur 42 Prozent dafür. Doch nach dem Brexit, vor allem aber nach dem Wahlsieg Donald Trumps, gilt Merkel als Garant für Stabilität und Verlässlichkeit in turbulenten Zeiten, so die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner heute in der "Welt am Sonntag".
    Das zeigt sich auch am persönlichen Rückhalt, den Merkel wieder genießt. Bei den Anhängern der Union ist dieser mit 92 Prozent immer noch besonders hoch, aber auch 54 Prozent der SPD-Wähler wollen, dass Merkel weiter regiert. Ob es so kommt, dürften die Mitglieder des CDU-Präsidiums und des CDU-Bundesvorstands als erste erfahren. Beide Gremien tagen ab dem frühen Nachmittag, um den Bundesparteitag Anfang Dezember in Essen vorzubereiten.
    Leitantrag des CDU-Vorstands
    Auf dem Tisch liegt der Entwurf für einen Leitantrag des Parteivorstandes, wonach die CDU "Orientierung in schwierigen Zeiten" geben will, so der Titel des Papiers. Einfache Lösungen, so heißt es darin, gebe es nicht. Populismus, Abschottung nach außen, Protektionismus und die Spaltung der eigenen Gesellschaft seien aber keine Antworten auf die drängenden Probleme von Gegenwart und Zukunft. Deutlich wird bei der Lektüre aber auch: Die Gräben zwischen CDU und CSU in der Flüchtlingspolitik sind nicht zugeschüttet. Eine "Obergrenze" für Flüchtlinge, die die CSU festlegen will, taucht in dem Antragspapier der CDU nicht einmal als Wort auf. Das dürfte es im kommenden Jahr schwierig machen, vor allem in Bayern die CSU-Basis für einen Pro-Merkel-Wahlkampf zu mobilisieren.
    Die CDU will verlorene Wähler mit Steuerentlastungen zurückgewinnen, profitieren sollen Familien und Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Hierfür will die CDU ein Drittel der Finanzspielräume einsetzen, die sich durch Steuermehreinnahmen und niedrige Zinsen ergeben. Die beiden anderen Drittel sind für Investitionen in die Infrastruktur und für absehbare Mehrausgaben in der Außen- und Sicherheitspolitik reserviert. Konkrete Zahlen nennt das Papier nicht, für Steuerentlastungen hat die Union vor einigen Wochen ein Entlastungsvolumen von 15 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.