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Kartellamt zu Facebook
Absage an unbegrenztes Datensammeln

Für Facebook gehört es zum Geschäft, möglichst viele Nutzerdaten zu sammeln und miteinander zu verknüpfen. Doch für diese Praxis braucht das Unternehmen in Zukunft das ausdrückliche Einverständnis der Nutzer, so das Bundeskartellamt. Es sieht eine marktbeherrschende Stellung und pocht auf Einschränkungen.

Von Christoph Sterz | 07.02.2019
    ILLUSTRATION - Ein nach oben zeigender Daumen ("gefällt mir") spiegelt sich am 28.06.2013 in Münster (Nordrhein-Westfalen) im Auge des Betrachters
    Beim Datensammeln wird Facebook in Zukunft durch das Bundeskartellamt eingeschränkt. (dpa / Friso Gentsch)
    Wer bei Facebook aktiv ist, muss dafür bezahlen. Zwar nicht mit Geld, aber mit Daten. Davon sammelt Facebook eine ganze Menge – und zwar nicht nur auf der eigenen Seite und in der Facebook-App. Facebook greift zum Beispiel auch Daten ab über "Gefällt-mir-Buttons" auf fremden Webseiten, egal ob man darauf klickt oder nicht. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts.
    "Facebook sammelt auch dann ihre Daten, wenn Sie gar nichts von Facebook sehen. Nämlich über Facebook Analytics werden Ihre Bewegungen auf den meisten Websites, sehr vielen Websites festgehalten. Und am Ende werden alle diese Daten, die Facebook über uns, über Sie gesammelt hat, über Ihre sogenannte Facebook-ID in einem Punkt zusammengeführt. Die Nutzer haben keine Wahl, ob sie dem zustimmen oder nicht zustimmen."
    Datensammeln grundsätzlich erlaubt
    Genau dieses ungefragte Daten-Sammeln ist nach Ansicht des Bundeskartellamts nicht hinzunehmen. Facebook dürfe zwar grundsätzlich weiter Daten sammeln, auch weil genau dies das Geschäftsmodell des Unternehmens sei. Aber, so Andreas Mundt, "sie dürfen in Zukunft all diese Daten nur noch zusammenführen unter der Bedingung, dass der Nutzer in diese Zusammenführung wirklich einwilligt. Und der Kern des Verfahrens ist am Ende, dass der Nutzer dieser Zusammenführung widersprechen kann und Facebook darf ihn eben nicht mehr von der Nutzung der Facebook-Dienste und von Facebook selbst ausschließen".
    Das US-Unternehmen darf also nicht mehr ohne explizite Erlaubnis Daten verarbeiten, die Auskunft darüber geben, dass sich ein bestimmter Facebook-Nutzer regelmäßig im Netz über Basketball informiert oder sich auf der Internetseite einer Musikerin Konzerttermine anschaut.
    Aber nur mit Erlaubnis der Nutzer
    Und es wäre nach Ansicht des Kartellamtes auch nicht zulässig, dass Facebook Daten miteinander verschmilzt, die über seine unterschiedlichen Dienste zusammenkommen; wenn also jemand nicht nur Facebook nutzt, sondern auch Nachrichten über WhatsApp schreibt oder beim Foto-Netzwerk Instagram aktiv ist. Beide gehören zu Facebook und Medienberichten zufolge plant das Unternehmen genau so eine Verknüpfung.
    Das Bundeskartellamt unterstellt Facebook, mit über 30 Millionen Nutzern den Markt der sozialen Netzwerke in Deutschland zu beherrschen. Facebook-Nutzer hätten praktisch keine Wahl, auf andere Angebote auszuweichen. Als marktbeherrschendes Unternehmen unterliege Facebook deshalb besonderen kartellrechtlichen Pflichten.
    Facebook wies die Äußerungen des Kartellamts zurück. Das Unternehmen teilte schriftlich mit, es sehe sich nicht als marktbeherrschendes Unternehmen: "Wir haben in Deutschland einen harten Wettbewerb mit anderen Diensten, doch das Bundeskartellamt hält es für irrelevant, dass unsere Apps mit YouTube, Snapchat, Twitter und vielen anderen Wettbewerbern um die Aufmerksamkeit der Nutzer konkurrieren."
    Strafen in Millionenhöhe
    Facebook hat deshalb angekündigt, Beschwerde beim zuständigen Düsseldorfer Oberlandesgericht einzulegen.
    Das Bundeskartellamt verlangt von Facebook, seine Methoden innerhalb eines Jahres zu verändern. Andernfalls drohen Strafen von einer bis zehn Millionen Euro. Egal, wie es nun genau weitergeht: Die heutige Entscheidung ist spektakulär, findet der Kartellrechtler Rupprecht Podszun von der Universität Düsseldorf – auch wenn Facebook ein Unternehmen sei, das seine eigenen Dienste oft verändere und dem Politik und Behörden regelmäßig hinterherliefen.
    "Es gibt da durchaus eine Gefahr, dass diese Entscheidung vielleicht schon wieder ein bisschen zu spät kommt oder dass es zumindest Facebook gelingt, die Sache jetzt erstmal aufzuhalten. Das Signal ist trotzdem wichtig, dass man sich überhaupt traut als nationale Behörde, gegen so einen Silicon-Valley-Giganten vorzugehen."
    Und auch wenn das Bundeskartellamt erstmal nur in Sachen Facebook entschieden hat: Es könnte noch weitere Verfahren gegen andere Datensammler geben. Und auch die Kartellbehörden anderer Länder könnten sich orientieren an ihren Kollegen aus Deutschland.