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Kassenpatienten warten länger

Angesichts der unterschiedlichen Wartezeiten von Kassen- und Privatpatienten bei Fachärzten beklagt der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, eine Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland. Dies gelte nicht hinsichtlich der Qualität der Behandlung. Markus Luengen, Leiter des Instituts für Gesundheitsökonomie an der Universität Köln, machte die Budgetierung dafür verantwortlich.

Moderation: Dirk Müller |
    Dirk Müller: Wir haben es schon immer irgendwie gewusst oder immer geahnt, immer gefühlt, oft auch erlebt. Kassenpatienten werden schneller behandelt als privat versicherte; das wäre vielleicht so in der Politik beabsichtigt. Aber es ist genau umgekehrt! Dies die These, die Wahrnehmung. "Das ist doch absurd!" war daraufhin immer die Antwort der Ärzte. Nun hat das Kölner Institut für Gesundheitsökonomie in einer Studie herausgefunden: das vermeintliche Vorurteil stimmt laut Untersuchung. Ärzte lassen Kassenpatienten länger warten.

    Bei einem Termin für Magenspiegelungen beispielsweise müssen demnach Privatpatienten rund 12 Tage auf einen Termin warten, Kassenangehörige dagegen 36 Tage. Darüber wollen wir nun diskutieren: einerseits mit Markus Luengen, Leiter des Instituts für Gesundheitsökonomie an der Universität Köln. Und der Präsident der Bundesärztekammer Jörg-Dietrich Hoppe ist am Telefon. Guten Morgen!

    Jörg-Dietrich Hoppe: Guten Morgen!

    Markus Luengen: Guten Morgen Herr Müller!

    Müller: Herr Luengen, an Sie die erste Frage. Gibt es jetzt keinen Zweifel mehr?

    Luengen: Wir haben das ja recht plastisch aufgebaut. Wir haben angerufen und haben uns dann einmal vorgestellt als Privatpatient oder einmal als Kassenpatient, haben das auch zufallsgesteuert gemacht. Wir haben das natürlich nur bei Arztpraxen gemacht im Raum Köln, Bonn, Leverkusen. Ich denke die Ergebnisse sind auf andere große Städte übertragbar. Im ländlichen Bereich kann das natürlich anders aussehen.

    Müller: Es ging ja um Fachärzte, aber Sie sagen schon man kann das allgemein formulieren?

    Luengen: Wir haben jetzt nur Eingriffe genommen, die planbar waren und die auf Überweisung wahrgenommen werden. Wir haben keine Hausärzte angerufen oder Termine genommen wo man sagt, dann setz dich ins Wartezimmer. Die Wartezeit im Wartezimmer haben wir nicht untersucht. Ich denke aber die Ergebnisse sind schon aussagekräftig für die typischen Überweisungen, die jeder von uns ja schon erlebt hat.

    Müller: Und das waren Ergebnisse, die Sie gar nicht überrascht haben?

    Luengen: Nein, überrascht haben sie mich nicht. Wir haben das erwartet, weil wie Ihre Reportage ja auch schon zeigte die Wahrnehmung eigentlich auch so ist. Was mich überrascht hat ist, dass das so konstant ist. Wirklich über alle Facharztgruppen hinweg war das ungefähr der Faktor drei. Man wartet als gesetzlich versicherter immer dreimal länger als wenn man privat versichert ist.

    Müller: Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, akzeptieren Sie diese Untersuchung als Faktum?

    Hoppe: Diese Untersuchung hätte es eigentlich nicht gebraucht, weil wir das ja wissen und das ist auch schon länger so. Es hat sich sogar immer mehr verschlimmert. Wir haben das schon mal im November 2005 sogar öffentlich diskutiert und es ist nichts geschehen seit dieser Zeit. Der Grund ist vielschichtig. Einer der interviewten hat ja berichtet, dass er Techniker-Krankenkassen - also eine Krankenkasse, die zum gesetzlichen Krankenversicherungsbereich gehört - erlebt und Privatpatienten. Diese Techniker-Krankenkasse hat in Köln im Mediapark einen Vertragspartner und die Techniker-Krankenkassen-Patienten sind früher besser behandelt worden als die Privatpatienten, weil sie diesen Sondervertrag hatten, bis die Privatpatienten sich beschwert haben und dann wenigstens genauso gestellt wurden wie diese. Also es gibt da eine sehr schillernde Situation, aber grundsätzlich ist das richtig.

    Der Grund dafür liegt darin, dass Privatpatienten nicht durch Budgets oder so etwas eingeschränkt sind, was bei Kassenpatienten der Fall ist. Planbare Eingriffe, für die ein begrenztes Budget im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung steht, müssen im Laufe eines Quartals so verteilt werden, dass alle gesetzlich krankenversicherten dran kommen, und wenn sich zu viele anmelden, die eine solche Untersuchung bekommen wollen oder eine Therapie, dann müssen sie, sofern das kein Notfall ist - das ist ja immer ausgenommen -, in das nächste Quartal weitergeschoben werden, denn sie passen dann in das Budget des Quartals nicht mehr hinein. Wegen dieser Budget-Frage herrscht eine völlig andere Situation, als das der Fall ist bei selbst zahlenden Patienten.

    Uns tut das sehr leid. Wir finden das nicht schön. Wir prangern das auch immer wieder an. Es gibt einige, die das bestreiten. Das ist aber falsch, das zu bestreiten. Das ist so und das ist meines Erachtens ein Zustand, den wir unbedingt abschaffen müssen. Das geht aber nur, indem man die Situation der gesetzlich krankenversicherten verbessert, und nicht etwa so, dass man die der privat versicherten verschlechtert.

    Müller: Einige mögen jetzt überrascht sein ob Ihrer Ausführungen, Herr Hoppe. Viele Ärzte sagen ja auf Nachfrage hin - das berichten ja auch immer wieder Patienten -, dass das natürlich nicht der Fall ist. Das heißt diejenigen die sagen, alle sind gleichberechtigt, sagen nicht die Wahrheit?

    Hoppe: Man muss das unterscheiden. Was die Wartezeit angeht gibt es meines Erachtens keine Diskussion darüber. Das sollte man nicht leugnen. Wenn es aber um die Qualität der Eingriffe selber geht, dann gibt es keinen Unterschied. Ob eine Magenspiegelung, die Sie eben genannt haben, bei einem gesetzlich krankenversicherten oder bei einem selbst zahlenden Patienten durchgeführt wird, das ist kein Unterschied. Die Qualität ist völlig identisch und insofern besteht kein Unterschied. Ich glaube das meinen diese Kollegen und da haben die wieder Recht.

    Müller: Herr Luengen, wenn wir der Argumentation von Dietrich Hoppe folgen, dann ist das Hauptproblem die Budgetierung. Nun sagen ja viele, das Problem hat es schon immer gegeben. Wie weit wir auch immer jetzt zurückgehen mögen - 15 Jahre, 20 Jahre -, da hat es noch keine Budgetierung gegeben. Liegt das tatsächlich daran?

    Luengen: Zum Teil liegt es natürlich an der Budgetierung; das stimmt. Es liegt auch daran, dass man für den Eingriff - egal wann er im Quartal gemacht wird - für einen privat Versicherten mehr abrechnen kann als für einen gesetzlich Versicherten. Das heißt der Arzt hat natürlich auch einen Anreiz, den privat versicherten schnell zu versorgen, damit der nicht abwandert zu einer Nachbarpraxis.

    Unsere Studie wurde ja durchgeführt im April/Mai. Das ist jetzt der Beginn des Quartals. Wenn es stimmt, dass man am Anfang des Quartals zumindest noch genug Geld da hat, dann dürften dort eigentlich keine Unterschiede sein. Das heißt die Ärzte müssten eigentlich dem gesetzlich versicherten genauso einen Termin anbieten können wie dem privat versicherten.

    Hoppe: Nein, das ist nicht ganz richtig, denn erstens muss der Arzt aufpassen, dass er sein Geld im Quartal verteilt, dass er also auch noch am Ende des zweiten Monats was übrig hat. Insofern kann er nicht einfach alles schon am Anfang verbrauchen. Und das zweite ist: Wir haben eine Bugwelle aus dem davorliegenden Quartal, dem ersten Quartal, wenn wir diese Ordnung jetzt nehmen, die überschwappt in das zweite Quartal. Das heißt also Menschen, die sich im ersten Quartal angemeldet haben, kommen im zweiten Quartal dann am Anfang erst einmal dran, und diejenigen, die sich am Anfang melden, kommen eben später im zweiten Quartal dran. Die letzten werden dann wieder ins nächste weitergeschoben und das wird ja immer mehr. Das ist das schlimme. Das wird immer häufiger. Deswegen wenn Sie die Studie vor fünf Jahren gemacht hätten, dann hätten Sie vielleicht zwei Mal so lange Wartezeiten ermittelt. Jetzt sind es drei Mal so lange und wenn Sie es nächstes oder übernächstes Jahr machen und die Verhältnisse ändern sich nicht, dann wird es vier Mal so lange sein. Das ist einfach ein Gesetz, das sich daraus ergibt und dem wir auch nicht ausweichen können, auch wenn wir das möchten.

    Müller: Um das vielleicht noch einmal zusammenfassend auf den Punkt zu bringen - zugegeben etwas reduziert. Herr Hoppe sagt, das System ist Schuld, die Politik, das Gesetz ist Schuld. Können Sie da zustimmen, Markus Luengen?

    Luengen: Dass es eine Budgetierung gibt ist klar. Dass die auch einen Einfluss hat, das glaube ich auch. Ich glaube aber auch, dass das Kernproblem darin liegt, dass der Arzt einen Anreiz hat, die Patienten nicht nach der Notwendigkeit oder nach der Krankheit zu behandeln, sondern auch nach seinem Einkommen, weil die Entgelte für gesetzlich versicherte eben so niedrig sind, dass er oft keine Kostendeckung erzielt. Das heißt er muss auch privat Versicherte behandeln.

    Müller: Privat Versicherte bringen mehr Geld?

    Luengen: Ja, das stimmt. Das führt automatisch dazu, dass auch die Termine anders vergeben werden. Man kann ja die Studie gerne noch mal machen. Das werden wir nicht machen, aber wenn das jemand möchte, der kann sie am Anfang und Ende des Quartals machen oder die Ärzte auch befragen, warum ist denn der Termin später vergeben worden. Das ist jetzt aber eigentlich auch nicht der Kern der Sache. Der Kern der Sache ist ja, dass es zwei Arten von Patienten gibt aus Sicht des Arztes, wo der Arzt nichts für kann, aber was einfach Fakt ist.

    Das heißt die Lösung wäre ja im Prinzip, dass der Arzt die Patienten alle gleich betrachtet. Das heißt es gäbe auch nur ein System der Krankenversicherung. Das kann nicht sein, dass es nur die GKV ist oder nur die PKV, aber man muss eben eine Lösung finden, wo der Arzt gut mit leben kann. Das heißt er muss natürlich auch seine Kosten decken können mit der Behandlung. Es kann aber nicht so sein, dass er darauf angewiesen ist, nur privat Versicherte vorzuziehen, wo er die Patienten ja noch gar nicht kennt. Er weiß ja nicht, ob diese Magenspiegelung bei dem privaten wirklich wichtiger ist als bei dem gesetzlich Versicherten. Wenn ich vier Wochen darauf warten muss als gesetzlich versicherter, dann ist das ja nicht sehr angenehm, egal ob der Befund dann hinterher positiv ist oder negativ.

    Müller: Herr Hoppe, Sie sagen eben die Gleichheit der Qualität, die ist gewährleistet. Aber wie ist das in diesem Fall? Der eine wartet 12, der andere 36 Tage. Das kann doch medizinisch relevant sein?

    Hoppe: Das ist deswegen wohl nicht so bedeutsam, weil Herr Luengen ja auch sagte, dass es sich um Überweisungsfälle gehandelt hat. Diese Überweisungsfälle sind ja vorher schon mal von anderen Ärzten gesehen worden und gescreent worden, wie man sagt, und dabei ist festgestellt worden, wie notwendig das ist. Wenn es sich um einen wirklich notwendigen Eingriff handelt und eine Abklärung, dann wird auch bei einem gesetzlich krankenversicherten die Wartezeit überhaupt nicht nennenswert anders sein als bei Privatpatienten.

    Müller: Also gibt es auch nicht notwendige Überprüfungen?

    Hoppe: Der Ausdruck "notwendig" ist im Gesetz definiert. Notwendig ist ja fast alles, was gemacht wird, aber sagen wir mal jetzt akut notwendig, damit kein Schaden für den Patienten entsteht, das ist der wichtige Punkt. Deswegen müssen Ärzte - das muss man vielleicht auch noch ergänzen - immer aufpassen, wenn sie ihr Budget verteilen, das sie aus der GKV bekommen, dass immer noch etwas übrig bleibt, um für diese echten Notfälle, wo es hoch relevant ist für die Patienten, aus dem gesetzlichen Krankenversicherungsbereich auch noch einen schnellen Termin zur Verfügung zu haben.

    Vielleicht sollte man die Studie mal machen in den Ländern, wo nur ganz wenig privat Versicherte vorhanden sind, die also gar nicht nennenswert zum Gesamteinkommen der Ärzte beitragen können, weil es sie einfach nicht gibt. In den neuen Bundesländern zum Beispiel ist dasselbe Phänomen zu betrachten, dass nämlich die gesetzlich Krankenversicherten wegen der Budgets in das nächste Quartal verschoben werden müssen. Dieses ist vielleicht nicht ganz so gravierend, aber im Prinzip dasselbe. Insofern müsste diese Studie erheblich ausgeweitet werden, um nicht nur festzustellen was ist, sondern warum das so ist, und dann vielleicht politische Konsequenzen daraus gezogen werden können. Uns Ärzten wäre das sehr, sehr lieb, wenn man das täte.

    Müller: Herr Hoppe, man könnte es aber so zusammenfassen, wenn wir Sie richtig verstanden haben: Sie würden diese These unterschreiben, die Politik und die aktuellen Gesetze zementieren eine Zwei-Klassen-Medizin.

    Hoppe: Ja, mindestens eine Zwei-Klassen-Medizin. Ich habe 1996 schon in Gegenwart des damaligen Bundesgesundheitsministers Seehofer bei der Eröffnung des Ärztetages gesagt, wir haben eine Viel-Klassen-Medizin. Wenn man es jetzt sehr grob nimmt, dann haben wir zwei Klassen, aber nicht in der Qualität der Behandlung, sondern was den Komfort angeht. Das muss man gleich sagen. Und natürlich was den Leistungskatalog angeht. Die GKV, die gesetzliche Krankenversicherung hat einen eingeschränkteren Leistungskatalog als der bei Selbstzahlern vorhanden ist, weil dort es keine Einschränkungen gibt - höchstens wenn im Vertrag zwischen dem Versicherten und der Versicherung Leistungen ausgeschlossen worden wären.

    Müller: Eingeschränkter Leistungskatalog sagen Sie. Die Frage an Markus Luengen: Heißt das auch, dass es natürlich dann auch ein Problem der qualitativen oder flächendeckenden Versorgung gibt?

    Luengen: Die Qualität der Versorgung haben wir ja nicht untersucht. Die Frage geht jetzt über die Studie hinaus. Aber trotzdem ist das natürlich eine interessante Frage, die damit zusammenhängt, sollten wir GKV und PKV aufrecht erhalten. Wir haben in der GKV ja ein recht umfangreiches System der Qualitätssicherung. Das heißt wenn eine Leistung erbracht wird, dann wird auch geschaut: Wurde sie gut erbracht? Und wir haben ein recht umfangreiches System, wo geprüft wird, ob neue Leistungen oder bestehende Leistungen überhaupt sinnvoll sind. Da sitzen ja auch die Krankenkassen drin, da sitzen die Ärzte mit drin und es wird ja dort auf der Basis von wissenschaftlichen Studien geprüft: Ist das sinnvoll, dass diese Leistung auf Kosten der Allgemeinheit angeboten wird? Wenn es sinnvoll ist, dann bezahlt die GKV das auch. Das ist kein einfaches System. Da kann man bestimmt auch Verbesserungen machen. Aber zumindest gibt es so ein System.

    Wenn jetzt gesagt wird, diese Leistung ist nicht notwendig, dann kann der Arzt sie natürlich auf eigene Rechnung anbieten und der Patient muss das dann natürlich auch selbst bezahlen. Das kennt man ja; das sind diese so genannten Igel-Leistungen, wo dem Patienten dann angeboten wird, ich kann das bei ihnen machen, sie müssen das leider selbst bezahlen, die GKV bezahlt das nicht. Dass das in der Qualität der Versorgung einen Unterschied macht, das glaube ich nicht, weil sonst müsste die GKV diese Leistung auch übernehmen.

    Müller: Vielleicht die Frage noch mal an Herrn Hoppe weitergegeben. Es ist ja aus der Laiensicht sehr schwer nachvollziehbar. Wenn es weniger Leistung gibt, wenn es weniger Optionen gibt, wenn es weniger Möglichkeiten gibt, warum ist das keine Einschränkung der Qualität?

    Hoppe: Das ist eine Einschränkung der Qualität, was den Leistungsumfang angeht. Ich habe jetzt nur die einzelne Leistung gemeint. Ich habe gesagt, wenn eine Leistung bei einem gesetzlich Krankenversicherten erbracht wird, wird sie in derselben Qualität erbracht wie bei einem selbst zahlenden Patienten. Dass es Leistungen gibt, die im GKV-System nicht vergütet werden - aus welchen Gründen auch immer -, dann hat der privat versicherte einen Vorteil, weil seine Krankenkasse diese Leistung erstattet, während der gesetzlich Krankenversicherte das aus seiner eigenen Tasche bezahlen muss, oder er muss sich eine Zusatzversicherung leisten, die das dann übernimmt. Da gibt es schon einen Unterschied. Wenn man das als Qualitätsunterschied betrachten will, kann man das so sagen. Ich lege aber großen Wert darauf, dass die Behandlungen, die stattfinden, bei privat Versicherten und bei gesetzlich Krankenversicherten in der absolut gleichen Qualität stattfinden. Dafür sind wir als Kammern auch zuständig, das zu kontrollieren und das zu überwachen. Da haben wir bisher noch keine Beschwerden bekommen und auch noch keine Ermittlungen gehabt, dass es dort Unterschiede gibt.

    Müller: Herr Hoppe, jetzt habe ich doch noch ein Fragezeichen. Da muss ich noch mal nachfragen. Sie haben ja eben gesagt, schneller geben Sie zu, gar keine Frage. Der zweite Punkt: Qualität. Darüber haben wir jetzt gesprochen. Wenn Sie sagen, dass bestimmte Leistungen ja nicht im Leistungskatalog stehen, das heißt wenn bestimmte Leistungen für den Kassenpatienten nicht übernommen werden können, dann wird der doch auch unter dem Strich schlechter behandelt.

    Hoppe: Ja, das ist zweifellos der Fall. Ich könnte Ihnen jetzt einige Beispiele nennen, bei denen das so ist, wo wir meinen, dass die Behandlung, die teurer ist, die aber von der GKV nicht bezahlt wird, auch die bessere ist, aber sie wird halt nicht bezahlt und deswegen ist sie einem GKV-Versicherten vorenthalten. Das ist ein Qualitätsunterschied. Den haben wir aber als Ärzte nicht zu verantworten. Das ist eine politische Entscheidung, die stattgefunden hat, und das habe ich schon bei x Anlässen als so genannte heimliche Rationierung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung bezeichnet und auch angeprangert. Das ist aber ein ganz anderes Thema als das, was Herr Luengen untersucht hat, denn hier handelt es sich tatsächlich um eine politische Entwicklung, die wir haben, seit Beginn der 90er Jahre schon. Das ist nicht etwas, was in diesem Jahrtausend erst begonnen hat: ein sukzessiver Abbau der Leistungen im GKV-Sektor. Und es ist nicht alles wissenschaftlich eindeutig erwiesen nicht sinnvoll, was dort denen vorenthalten wird, sondern da spielen auch die Finanzierungsmöglichkeiten eine Rolle, denn ich sage jetzt mal ein bisschen platt: Wir machen ja seit fast 30 Jahren keine echte Gesundheitspolitik, sondern eine Beitragssatzstabilisierungspolitik. Das kann irgendwann nicht mehr gut gehen und hier ist ein typisches Symptom dafür, dass das nicht gut ist.

    Müller: Unsere Diskussion heute Morgen in den "Informationen am Morgen" im Deutschlandfunk. Privatpatienten kontra Kassenpatienten. Vielen Dank an unsere Gesprächspartner: Markus Luengen, Leiter des Instituts für Gesundheitsökonomie an der Universität Köln, und vielen Dank an Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer. Auf Wiederhören!

    Luengen: Vielen Dank. Auf Wiederhören!

    Hoppe: Auf Wiederhören!