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Katalonien
Die Konfrontation setzt sich fort

Spaniens Verfassung verbrieft zwar das Recht der Regionen auf Autonomie, spricht aber auch von einem unteilbaren Spanien. Das spanische Parlament hat deshalb Anfang April ein katalanisches Unabhängigkeitsreferendum abgelehnt. Doch Kataloniens Regierungschef Artur Mas beharrt auf dem Vorhaben.

Von Hans-Günter Kellner | 24.04.2014
    Ein Felsen im Meer vor der Küste Kataloniens, auf der eine katalanische Flagge im Wind weht.
    Das spanische Parlament lehnt ein katalanisches Unabhängigkeitsreferendum ab. (picture alliance / dpa / Alexei Danichev)
    Längst sind die Rosen, die sich die Katalanen zum Tag des Buches schenken, auch ein Beweis politischer Überzeugung. Sie sind eingewickellt in eine Folie, die entweder mit den gelb-roten Farben der katalanischen Fahne bedruckt ist - oder mit einem zusätzlichen Stern, der für die Forderung nach Unabhängigkeit steht. Auch dieser junge Rosenverkäufer auf der Plaza de Catalunya in Barcelona hat sie im Angebot:
    "Am 9. November dürfen die Katalanen ja wahrscheinlich darüber abstimmen, ob sie die Unabhängigkeit wollen oder nicht. Denn wir leben in einem demokratischen Land. Die Leute haben große Hoffnungen. Aber an große Veränderugen glaube ich nicht. Wir wissen ja, wie die Wirtschaft funktioniert."
    Doch es ist zweifelhaft, ob tatsächlich abgesgtimmt wird. Spaniens Verfassung verbrieft zwar das Recht der Regionen auf Autonomie, spricht aber auch von einem unteilbaren Spanien. Das spanische Parlament hat darum erst Anfang des Monats ein katalanisches Unabhängigkeitsreferendum abgelehnt. Trotzdem hält Kataloniens Regierungschef Artur Mas an seinem Vorhaben fest:
    "Ich werde die Volksbefragung am 9. November auf der Grundlage eines katalanischen Gesetzes abhalten. Wir sprechen von einer Befragung, die rechtlich nicht bindend wäre. Aber natürlich wäre das Ergebnis einer solchen Befragung ein politisches Mandat für Verhandlungen."
    Würde sich also eine große Mehrheit der Katalanen für die Unabhängigkeit aussprechen, sollte Spanien wenigstens über diese Frage verhandeln, so der Vorschlag Mas. Auch die Europäische Union soll dann eine Rolle spielen:
    "Die Hilfe, auf die wir in diesem Fall hoffen, ist eine Vermittlung zwischen Spanien und Katalonien, um eine gute Lösung für alle zu erreichen, gut für Katalonien, gut für Spanien und auch gut für Europa. Wir müssen akzeptieren, dass sich die Wirklichkeit verändert hat. Und um herauszufinden, wie stark sie sich verändert hat, müss man die Leute befragen. Wir sollten darum auch nicht über die Ergebnisse spekulieren."
    80 Prozent der Bevölkerung ist für eine Volksbefragung
    Mas gab diese Erklärungen bei einem Treffen mit internationalen Medienvertretern in Barcelona ab. Die katalanische Presse sah darin einen Versuch, den Konflikt mit Madrid auf eine internationale Bühne zu heben. Für die meisten EU-Staaten handelt es sich eher um ein innerspanisches Problem. Doch während Spaniens Regierungschef Rajoy fordert, Mas solle vor Verhandlungen auf sein Referendum verzichten, ist der Katalane gerade dazu nicht bereit:
    "Die katalanischen Institutionen wollen verhandeln. Aber sie sind nicht dazu bereit, auf alles zu verzichten, wie Spanien es fordert. 80 Prozent der Bevölkerung velangt von uns diese Volksbefragung. Wir haben ein klares, demokratisches Mandat, das katalanische Volk nach seiner Meinung über seine politische Zukunft zu befragen. Wir können nicht auf alles verzichten, wie es Spanien verlangt."
    Doch nicht jeder in Katalonien mag dem nationalistischen Kurs folgen. Zum Tag des Buchs firmieren Autoren an jeder Ecke bei Verlagsständen ihre Bücher. Das neueste Werk des katalanischen Philosophieprofessors Manuel Cruz über seine Landsleute heißt: "Eine in sich gekehrte Gemeinschaft":
    "Hier dreht sich alles nun schon sehr langer Zeit um die gleiche Frage. Und die Leute sind überzeugt, dass sich die gesamte Menschheit für uns interessiert. Die katalanische Regierung hat ja allen europäischen Regierungen Briefe geschickt. Kaum eine hat geantwortet. Aber wer das regionale Fernsehen schaut, gewinnt den Eindruck, die ganze Welt würde auf uns blicken. Wir schauen uns immer nur selbstzufrieden an und sind immun für jede Kritik."